Schrei in Flammen
Adoptiveltern eingetragen.«
»Die ihm vermutlich ihren Nachnamen gegeben haben. Unter
Solhøj
wird er also sicher nirgendwo auftauchen. Und die Tochter hieß Jensen, nach ihrer Mutter.«
»Eine logische Schlussfolgerung.«
»Warum hat er seinen Sohn zur Adoption freigegeben?«
»Weil er meinte, dass er genug Schaden im Leben des Jungen angerichtet hatte. Ein gewisser Grad von Selbsterkenntnis.«
»Aber es gibt viele Eltern, die im Leben ihrer Kinder großen Schaden anrichten …«
»Er hat bereut, was er getan hat. Und er fühlte sich nicht in der Lage, Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, überhaupt den Kontakt aus dem Gefängnis aufrechtzuerhalten und so weiter.«
»War er gewalttätig dem Sohn gegenüber?«
»Soviel wir wussten nicht, aber es gab ja niemanden, der uns darüber Auskunft erteilen konnte, die Mutter war schließlich tot.«
»Und der Junge wies keine Spuren von Gewalt auf.«
»Nein, ich meine nicht. Darüber stand nichts in den Gutachten. Aber deshalb kann es ja vorher trotzdem vorgekommen sein, das wissen wir nicht.«
»Haben Sie den Jungen untersucht?«
»Nein, das hat das Sozialamt übernommen. Ich kann mir eigentlich nur einen Ort vorstellen, wo er hingekommen ist: ins Kinderheim Skodsborg.«
Katrine nickte. Das war naheliegend. »Können Sie sich an den Namen des Jungen erinnern?«
Adam dachte nach und schüttelte dann den Kopf. »Vielleicht kommt das noch wieder, aber im Moment ist es weg. Tut mir leid.«
»Und der Vater wurde als schuldfähig eingestuft und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt?«
»So ist es, ja.« Adam legte die Fingerkuppen aneinander und hielt sie vor den Mund. Sie konnte ihn sich wunderbar im Gespräch mit seinen Patienten vorstellen. »Und Sie sagen, er hat später noch eine Tochter bekommen?«
»Ja.« Katrine schilderte kurz die Zusammenhänge. »Ich nehme an, er hat die Frau im Gefängnis kennengelernt.«
»Es gibt erstaunlich viele Frauen, die einen Briefwechsel mit Männern im Gefängnis haben.«
»Um sie ›zu retten‹?«
»Ja, so ist es. Um ihrem Leben einen Inhalt zu geben und ihr Selbstwertgefühl zu heben; viele von ihnen sind davon überzeugt, der einzige Mensch zu sein, der ihn wirklich versteht. Sie erleben ein Gefühl von Spannung, aber vor allen Dingen bekommen sie eine Geschichte. Häufig handelt es sich um Frauen, die selber für fünf Pfennig Selbstbewusstsein haben und sich leer und unwichtig vorkommen. Und wie ist es Solhøj und der Frau ergangen?«
»Die Frau ist vor etlichen Jahren an einer Krankheit gestorben. Und Jørn Solhøj ist vor etwa einem halben Jahr einem Krebsleiden erlegen.«
»Die gemeinsame Tochter der beiden hat also auch einiges durchgemacht? Ein Vater mit so einer Geschichte, früh die Mutter verloren …«
»Ja, das kann man wohl sagen«, sagte Katrine nachdenklich. »Und dann ihr früher Tod.«
»Ich habe darüber gelesen. Brutal, jemandem im Auto verbrennen zu lassen.«
Katrine nickte. »Sehr. Ich denke, dass die Motivation des Mörders entweder extrem kalkuliert war, dass er alle Spuren auslöschen wollte, DNA und so weiter, oder dass er einfach nur sein Bedürfnis ausdrücken wollte, sie auszulöschen.«
»Sehr interessant«, sagte Adam mit wachen Augen und sah aus, als würde er am liebsten selbst das Rätsel lösen. »Sehr interessant. Ich stimme Ihrer Analyse voll und ganz zu. Und haben Sie den richtigen Mann?«
Katrine zögerte etwas, ehe sie antwortete. »Das glaube ich leider nicht.«
»Hm«, sagte Adam langsam. »Sie haben also noch eine Menge Arbeit vor sich.«
»Ja«, sagte sie und erhob sich. »Meinen Sie, es macht Sinn, wenn ich mich direkt an Skodsborg wende, um den Sohn ausfindig zu machen?«
»Ganz sicher. Karin Hansson arbeitet immer noch dort. Sie ist Psychologin mit dem Spezialgebiet Kleinkinder. Grüßen Sie sie von mir, wir kennen uns schon eine kleine Ewigkeit. Eine großartige Frau. Sie hat fast ihr ganzes Leben an der Entwicklung spezieller neuer Methoden für die ganz Kleinen, ganz früh im Leben Geschädigten gearbeitet. Und Skodsborg selber ist schon einen Besuch wert: ein riesiges Anwesen, direkt am Øresund gelegen.«
Adam Havaleschka begleitete sie zur Tür. Sie dankte ihm für seine Auskunftsbereitschaft und fuhr direkt nach Hause, um das Kinderheim im Internet zu suchen. Dort konnte sie etwas über Karin Hanssons Auffassung über die Aufgabe der Einrichtung lesen: den Kindern, die dort wohnten, ein echtes Zuhause zu bieten. Es versetzte Katrine einen Stich,
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