Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
professionell«, »gut« oder »an der Sache orientiert« sind. Kann man mit Freundlichkeit und Fairness tatsächlich so schnell und so stark wachsen?
»Ich höre nichts Negatives«, sagt der Chef einer großen, auch über Zalando vertriebenen Modemarke, der sich auf Bitten des Autors in seinem Unternehmen dazu umgehört hat. »Es gibt eine hochprofessionelle Zusammenarbeit. Die Zalando-Leute sind rational und legen keinen Größenwahn an den Tag. Selbstverständlich haben sie sehr klare Vorstellungen vom passenden Sortiment und von den Preisen, die sie dafür zu zahlen bereit sind. Aber das ist alles noch im grünen Bereich.« Ähnliches ist auch anderswo zu hören:
»Wenn sie etwas von einem wollen, können sie sogar sehr nett sein«, sagt ein Geschäftspartner, ohne das näher auszuführen.
Das alles überrascht in einer Branche, in der fürchterliche Geschichten insbesondere über das Verhalten und Benehmen von Einkäufern der großen Handelsketten kursieren. Verbürgt sind Preisverhandlungen etwa bei Lebensmittel-Discountern, bei denen Brüllereien, Einschüchterungen und Psychoterror an der Tagesordnung sind – mit dem Ziel, den Hersteller zur Senkung seiner Preise zu zwingen. Gern wird auch gedroht, die Produkte ab sofort nicht mehr zu verkaufen, was für den Hersteller die Existenz gefährden kann, wenn der Händler einer seiner größten Kunden ist.
Gibt es dagegen bei Zalando nur nette Leute? Die Geschäftsführer und Personalverantwortlichen schauen sehr überrascht, wenn man sie fragt, ob es bei ihnen eine Art Benimm- oder Freundlichkeitserlass gibt. »Nicht dass ich wüsste«, lacht Rubin Ritter – und der müsste es eigentlich wissen. Er sagt stattdessen etwas von »langfristigen Lieferantenbeziehungen«, die man aufbauen wolle. »Ich glaube, wir leben das vor. Ein Beispiel: Manchmal ist David Schneider bei den Einkaufsgesprächen mit dabei. Und er lebt selbstverständlich vor, dass es auch ohne Trickserei und Brüllen geht. Wenn das auf der Geschäftsführerebene so läuft, überträgt sich das natürlich auf die gesamte Organisation und prägt vielleicht ein bisschen die Kultur bei Zalando«, sagt Ritter. Nach ein paar Sekunden der Überlegung ergänzt er: »Wahrscheinlich stellen sich bei uns auch solche Leute gar nicht vor, die übermäßigen Druck benutzen. Wir schauen generell bei neuen Mitarbeitern weniger darauf, was sie vorher gemacht haben, sondern mehr auf das Potenzial, das wir in ihnen zukünftig sehen.«
Trotz aller Freundlichkeit: »Ich muss als Hersteller wissen, mit wem ich mich da einlasse«, sagt die Mitarbeiterin einer kleineren Modemarke, die mit Zalando zusammenarbeitet: »Das sind ausgebuffte Jungs und Mädels, die sehr genau wissen, was gut ist für ihr Unternehmen.«
Jobs bei Zalando: Sandra Schaarschmidt
Die Frau, die Uni-Absolventen zu Zalando-Mitarbeiter machen soll
30, Interne Kommunikation/Personalwesen
Eigentlich ist Sandra Schaarschmidt so eine Art Kulturbotschafterin bei Zalando. Und ein wenig Eventmanagerin auch noch. Offiziell lautet ihr Titel »Senior Manager Internal Communications«. Danach ist sie also eine Frau, die in der internen Kommunikation etwas zu sagen hat. Doch das trifft es nur zum Teil. Denn ihre Abteilung ist dem Personalressort angegliedert – es geht also um mehr als um Inhalte für das Intranet oder einen Mitarbeiter-Newsletter.
»Wir wollen nicht nur die Kunden, sondern auch die Mitarbeiter für Zalando begeistern.« Wenn Sandra Schaarschmidt das sagt, klingt es ein wenig nach Hochglanzprospekt. Es ist aber wichtig in dieser Branche. Denn wenn die Mitarbeiter sich nicht wohlfühlen, sind sie ganz schnell wieder weg. In Berlin gibt es schließlich Hunderte spannender Start-ups, die ständig gute Leute suchen.
Im Februar 2011 kam Schaarschmidt (30) zu Zalando, nach ihrem Politikstudium in Dresden und ein paar Jahren Berufserfahrung in der Public Relations (PR). »Ich wollte immer interne Kommunikation machen«. Bei Zalando konnte sie das jetzt tun und noch eine ganze Menge mehr. Mit einer Einschränkung: Sie musste die Abteilung erst noch aufbauen. Wie für so viele Mitarbeiter, die ins damals allenfalls halbfertige Unternehmen kamen, galt es für sie, Pionierarbeit zu leisten. Ein wenig PR gab es schon, aber jene Mitarbeiter beschäftigten sich vor allem damit, den Shop von Zalando bekannt zu machen – nicht aber das Unternehmen.
Genau diese Aufgabe wurde jedoch immer wichtiger. Denn Zalando brauchte nicht nur Kunden, sondern auch
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