Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
Vom Netzwerk:
gerichtet aus. Es geht um die Sache. Dagegen gibt es sehr wenig Politik.« Was als Hinweis gemeint ist auf die Energie- und Ressourcenverschwendung in älteren und größeren Unternehmen für die Verteidigung von Zuständigkeiten und Pfründen. Aber droht sich bei Zalando nicht Ähnliches zu entwickeln, wenn das Unternehmen noch größer wird und deshalb noch mehr Strukturen einziehen muss? »Das wird eine der großen Herausforderungen für die Zukunft. Es wäre sehr wichtig, dass die Schnelligkeit, die eigenen Ideen, die Ausrichtung auf Lösungen bleiben.«
    Der Schrei vor Glück
    Auch die Entstehungsgeschichte des Zalando-Werbespots war viel stärker vom Zufall bestimmt, als viele ahnen dürften. Wer der größte Onlineschuhhändler werden wollte, brauchte einen professionellen Werbespot. Das war den beiden Gründern spätestens klar, nachdem sie es zunächst mit selbst gemachter Reklame versucht hatten: mit eigenem Skript, eigenem Dreh unter der Leitung eines wohl eher auf anderen Gebieten bewanderten Freundes als Regisseur – auf Details wollen die beiden lieber nicht mehr eingehen. Schneider: »Zum Glück hat es dieser Versuch nie bis zu YouTube geschafft.«
    Detailliert will sich heute kaum noch einer der Mitwirkenden – und angeblich haben so ziemlich alle damaligen Zalando-Mitarbeiter daran mitgewirkt – an den Spot erinnern. Was nicht gerade für dessen Qualität sprechen dürfte. Irgendwas mit tanzenden Leuten mit Zalando-Paketen unter dem Arm und einem Schuh als Telefonersatz soll es gewesen sein. Man ordnet es heute wohl eher in die Kategorie »Jugendsünden« ein.
    Der geheimnisvolle Spot lief seltsamerweise nicht bei Pro Sieben oder einem anderen Sender mit einem modeaffinen, jungen Publikum – sondern auf dem Wirtschaftskanal ntv, meist zu den billigeren Tagesrand-Zeiten. Das Ganze war eigentlich langfristig gedacht: Der Schuhverkauf über das Internet im Allgemeinen und die Marke Zalando im Speziellen mussten in Deutschland erst einmal bekannt gemacht werden, dachten sie beim Unternehmen. Doch mit ihrer Langfriststrategie hatten sich die Macher gründlich verrechnet. Technik-Chef Christoph Lange, der damals schon dabei war, erinnert sich an die Ausstrahlung des ersten Spots: »Es dauerte nach der ersten Ausstrahlung genau 30 Sekunden, bis die Server begannen, in die Knie zu gehen.« So viele Kunden wollten sofort bei diesem neuen Online-Schuhhändler bestellen. Dann ging erst einmal gar nichts mehr auf der Seite. Eine frühere Mitarbeiterin: »Nach diesen Erlebnissen wurden wir immer vorgewarnt: ›In fünf Minuten kommt wieder unser Spot. Bitte alle Leitungen frei halten.‹«
    Für die nächste Werbe-Runde – nun aber mit professionellen Spots – hatten die Chefs dann mehrere Werbeagenturen angesprochen. Jung von Matt schien ihnen am hoffnungsvollsten. Zur Präsentation der ersten Ideen mit Agenturchef Jean Remy von Matt allerdings gab es mal wieder Terminprobleme bei den Jungunternehmern. Eigentlich waren alle Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt ausgebucht und unabkömmlich. So machte sich dann Robert Gentz – nach eigener Aussage nicht gerade ein Werbefachmann – alleine auf zur Präsentation der vier Konzepte durch die Werbeagentur. Die Ideen mit dem jungen Mann im Kleiderschrank, der vor der Bestellung bei Zalando warnt (»Bitte, lasst niemals eure Frau oder Freundin bei diesem Onlineshop bestellen. Überall nur Schuhe, Schuhe, Schuhe …«), gefiel ihm am besten – wohl nicht zuletzt deshalb, weil er so anders war als die Durchschnittsreklame. »Als ich den anderen davon erzählte, habe ich wohl nicht die ganz richtigen Worte gefunden«, gibt Gentz zu. Schneider erinnert sich noch amüsiert an Begriffe wie »verängstigter Typ im dunklen Schrank«, »Paranoia« oder »Blairwitch Project« (US-Horrorfilm-Klassiker) – und an Reaktionen von Kollegen, in denen Formulierungen wie »nicht ganz bei Trost« und Heftigeres vorkamen. Aber Gentz beharrte auf seiner Ansicht, dass das genau der richtige Spot für Zalando sei. Der Ansicht waren die anderen schließlich auch, allerdings erst nach einer weiteren Präsentation durch Jung v. Matt.
    Der Postbote, der das Paket zur Kundin und diese zum »Schrei vor Glück« bringt – heute das Kernelement fast jedes Zalando-Fernsehspots –, war als zentrale Figur gar nicht geplant. Beim Dreh wurde als eine Version von vielen auch eine mit dem Postboten ausprobiert. Und beim Zusammenschnitt des Materials gefiel diese Version den Verantwortlichen am

Weitere Kostenlose Bücher