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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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improvisiert ab. Der Platzmangel an der Zinnowitzer Straße war evident, also wurde jeder Raum, den die Handwerker an der Sonnenburger Straße fertig bekamen, sofort am nächsten Tag von den Mitarbeitern bezogen. Spätestens. Nebenan gingen die Arbeiteten mit Lärm, Erschütterungen und Gerüchen selbstverständlich weiter. Selten dokumentierte sich auch nach außen so deutlich wie jetzt, dass das Unternehmen Zalando eine ewige Baustelle war.
    »Als wir zum ehemaligen Umspannwerk in der Sonnenburger Straße kamen, dachten wir noch: Das ist ja viel zu groß für uns«, erinnert sich Geschäftsführer Schneider – und mietete erst einmal nur einen Teil des Gebäudes. »Wir waren ganz stolz auf unseren Mietvertrag, in den wir Erweiterungsoptionen eingebaut hatten, schrittweise über die nächsten zwei bis drei Jahre. Wir dachten, das hätten wir clever und vorausschauend gemacht. Aber nach sechs Monaten hatte wir alle Optionen gezogen und belegten sämtliche Flächen.« Einschließlich des sozialistischen Plattenbaus auf dem Gelände.
    Was in anderen Konzernzentralen eine dieser immer gleich aussehenden Kantinen ist, wurde in der Sonnenburger Straße eine große, hohe Industriehalle. Der Lastkran hängt noch unter der Decke, Hinweise auf die maximale Belastbarkeit des längst nicht mehr belasteten Gerätes befinden sich an den Wänden. Dazu diese gelb-schwarzen Warnbalken, die verhindern sollen, dass man gegen Ecken und Kanten läuft. Stellte man große Maschinen hinein, würde die Zalando-Mittagslounge sofort wieder nach Produktionsbetrieb aussehen. Wenn es heller wäre, jedenfalls.
    Jetzt aber liegt alter Teppichboden drin. Darauf stehen Biertisch-Garnituren auf der einen Seite und auf der anderen die Reste von Omas – oder vielleicht sogar Uromas – Wohnzimmer: alte Ohrensessel, die den Sitzenden gefühlt einen Meter tief einsinken lassen, weil die Federn vermutlich schon seit Jahrzehnten keinerlei Widerstand mehr leisten. Daneben stehen die passenden Nachkriegs-Stehlampen und Beistelltischchen vom Flohmarkt. Ein Barista bietet in seiner fahrbaren Kaffeeküche alles, was es bei Starbucks auch gibt. Eine Berlinerin jenseits des klassischen Zalando-Kunden-Klischees verkauft Selbstgekochtes zum Mittag: etwa Spaghetti mit Wurstsoße für 4,50 Euro. Dazu wummern im Hintergrund coole Lounge-Klänge aus einer Musikanlage, die klingt, als habe sie viel Geld gekostet. Wie im Club vor oder nach dem großen Gäste-Ansturm. Es ist alles ganz anders als in den Verköstigungs-Ressorts der Zentralen von Otto, C&A, Gerry Weber oder Hugo Boss. Die meisten Mitarbeiter gehen mittags in die zahlreichen Restaurants, Bistros und Cafes hier unweit der U-Bahn-Station Schönhauser Allee. Aber wer wenig Zeit hat, bleibt halt hier und isst in der Zalando-Oma-Club-Lounge.
    Ein paar Kilometer entfernt im brandenburgischen Großbeeren war im Herbst 2010 der erste große Logistikstandort des Couch Commerce-Überfliegers in Betrieb gegangen. Der niederländische Dienstleister Docdata – spezialisiert auf Logistik für Online-Händler – baute eine Belegschaft von 1 000 Mitarbeitern auf, die in drei Schichten Pakete packen und in die DHL-Lastwagen schieben. Begonnen hatte es mit 10 000 Quadratmetern Fläche, als Zalando noch einer der kleinsten Kunden von Docdata war. Bald wurde der Standort auf 25 000 Quadratmeter erweitert – und Zalando gehörte zu den größten Kunden von Docdata.
    2011 beschleunigte sich das dramatische Wachstum weiter: Eine halbe Milliarde Euro Umsatz standen schließlich in der Bilanz des Schuh- und Modehändlers. Die Bestellungen kamen jetzt aus Deutschland, Österreich, Holland, Frankreich, Italien und der Schweiz. Zalando war also inzwischen ein europäisches Unternehmen, auch wenn die Auslandsgesellschaften weitgehend von Berlin aus gesteuert wurden und werden.
    Die härteste Nuss, die das Management dabei knacken musste, war die Schweiz. Die Dreisprachigkeit bildete noch das geringste Problem: Werbung macht Zalando inzwischen sowohl auf Deutsch, Französisch als auch Schweizerdeutsch. Die Homepage gibt es in einer deutsch- und in einer französischsprachigen Version.
    Als größte Hürden erwiesen sich die Besonderheiten, die daraus resultieren, dass die Schweiz nicht Mitglied der Europäischen Union ist. Man zahlt dort bekanntlich mit Franken, und wer etwas einführen will, bekommt die eidgenössischen Zollschranken zu spüren. Jeder Empfänger muss für sein Paket etwa aus Deutschland den Zoll zahlen, entweder

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