Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
jetzt ist also Teilen angesagt, kündigt Oliver Samwer an. Um die Zukunft zu gewinnen, brauche er mehr Brüder – »wenn man die Welt so gleichmäßig sieht wie wir.«
Denn die Samwers haben sich längst vom kerneuropäischen Blickwinkel gelöst. Firmenideen aus den USA zunächst auf den deutschsprachigen Raum und dann noch auf ein paar Nachbarländer zu übertragen, das reicht nicht mehr. Längst schauen sie auf die ganze Welt, installieren ihre Klon-Companys in konkurrenzloser Geschwindigkeit vor allem in den riesigen Wachstumsmärkten in Asien und Südamerika, auch auf Afrika. Dort sehen sie die Zukunft. Die Nachfrage einer Zuhörerin nach den Gründen für die Krise des Gutscheinportals Groupon tut Oliver Samwer denn auch leicht genervt ab. Als sei es eine fast schon vergessene Fingerübung gewesen, die auch deshalb nicht so toll geklappt hat, weil die Firmenidee von Gründer Andrew Mason halt nicht so weit getragen habe.
Er versucht gar nicht erst, das Urheberrecht für die zahlreichen Geschäftsideen für sich zu reklamieren, mit denen er Millionen macht. Ideen gebe es ja viele auf der Welt, allerdings sei die Umsetzung der Idee das Entscheidende: »Wir haben nur gemacht, was der Aldi schon gemacht hat, wir haben das Konzept in die ganze Welt gebracht. Das passt ja auch gut für Deutschland: Wir sind detailorientiert und mit Blick auf die Gewinnmargen.« Die Copycat-Kampagne können sie kaum noch hören bei Rocket und Zalando: Wenn VW ein neues Automodell herausbringt, sage ja auch keiner, das sei ein Klon des ersten Automobils, das Mercedes einst auf die Straße gebracht hatte.
Aber er macht den Zuhörern, vielleicht sind ja künftige Investoren darunter, klar, dass Expansionstempo in möglichst vielen neuen Märkten für ihn wichtig ist. Auch dann, wenn es nach herkömmlichen Maßstäben noch viel zu früh für den Schritt über weitere Grenzen ist. Diese ungewöhnlich hohe Geschwindigkeit beim Claimabstecken ist eines der wesentlichen Elemente Samwerscher Expansionsstrategien. Und die sonst so vorsichtige Familie Haub trage diesen Hochgeschwindigkeitsausbau der Geschäfte mit. Das hat sie durch ihre Investments in Zalando und Zalora tatsächlich bewiesen.
Warum Samwer den Fuß stets auf dem Gaspedal hat? »Der Vorteil des Ersten am Markt, die First Mover Advantage, ist im Onlinehandel extrem wichtig. In Ländern, in denen Zalando zuerst ist, kann es die Bedeutung Amazons einnehmen«, sagt er. Oft ist er dank seiner Gründungsroutine und seiner fliegenden Spezialteams als Erster in den jungen Märkten. Mehrfach schon hat er so das sehr viele größere Amazon düpiert, das selbst Oliver Samwer für die Benchmark des Onlinehandels hält. Und wer weiß: Vielleicht hätte es Zalando, zumindest als Nummer eins, nie gegeben, wenn Zappos früh nach Europa gegangen wäre und hier den Markt für den Online-Schuhhandel besetzt hätte.
Und dann berichtet er, wie es war, als er die Investoren früh auf die ganz große Expansionsvision für Zalando einschwor: »2009 hat Haub investiert, 2010 saßen wir wieder da. Damals war der Trustlevel der Familie Haub noch nicht so da.« Was wohl bedeuten soll: Die Haubs waren noch nicht restlos überzeugt. »Da haben wir gesagt: Zalando funktioniert – lass uns das doch noch in mehr Länder bringen. Wir haben eine schlichte Google-Research gemacht und gesehen: Der nächste Markt könnte Lateinamerika sein, die BRIC-Staaten.« Das offenbar überzeugte Haub, jetzt stand er hinter der aggressiven Internationalisierung des Konzeptes. BRIC, das sind die stark wachsenden Märkte Brasilien, Russland, Indien und China.
Auf einer Ausnahme bei dieser Länderauswahl bestand Samwer allerdings: »China machen wir nie«, sagt Samwer. Denn 95 Prozent des weltweiten Internetkapitals flössen in zwei Länder der Welt: nach China, wegen der Größe des Marktes, und in die USA, wegen des Silicon Valley. Da sei das Gedränge dann zu groß. Dabei war Rocket Internet schon mal in China, bis ihnen die Regierung die Seite dichtmachte. Die hatte Rocket nämlich laut Manager Magazin gestartet, bevor die erforderlichen Genehmigungen vorlagen. Welche Folgen so etwas in China hat, ist recht absehbar. Von diesem Reinfall allerdings sagte Samwer beim e-day nichts. Hier ließ er es stattdessen so aussehen, als sei der Verzicht auf China eine grundsätzliche strategische Entscheidung aus Gründen der Ressourcenschonung gewesen.
China und die USA sind als Märkte also uninteressant. »Aber was ist mit den
Weitere Kostenlose Bücher