Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
Slogan »Schrei vor Glück oder schick’s zurück«. Vom Zurückschicken ist schon längst nicht mehr die Rede, sondern nur noch vom Glück.
Indes ist auch der Retourenwert von 50 Prozent noch sehr hoch und eines der Hauptargumente der Skeptiker für ihre Behauptung, dass dieses Unternehmen niemals große Gewinne einfahren werde. Die Kostenbelastung sei einfach zu hoch. Wie hoch? Das wissen wohl nur die Geschäftsführer und vielleicht noch die Investoren von Zalando.
Man kann sich an die Summe allenfalls herantasten: Logistiker wie DHL – Tochter der Deutschen Post und Zalandos Haus- und Hof-Lieferant – erwägen, ab 2014 das Recht in Anspruch zu nehmen, einem Onlinehändler pro Sendung vier Euro in Rechnung zu stellen, wenn ein Paket wegen fehlerhafter Adressangaben dem Endkunden nicht zugestellt werden und somit zum Händler zurücktransportiert werden muss. Mal angenommen, dabei handelt es sich um die korrekten Kosten, die dem Logistiker durch den doppelten Transport des fertig gepackten Paketes entstehen, dann kommen noch die Kosten dazu, die bei Zalando anfallen. Dafür, dass die Lager-Mitarbeiter die bestellten Artikel zunächst aus den riesigen Regalen holen, zu einem Paket verpacken und dieses in eine der DHL-Container fahren. Kommt das Paket als Retoure zurück, fallen abermals Kosten mindestens in derselben Höhe an. Denn eine Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter muss die Sendung auspacken, muss vergleichen, ob auch tatsächlich das auf dem Retourenschein vermerkte Produkt drin ist und muss es auf Beschädigungen kontrollieren. Ist der Artikel – und das ist der günstigste Fall – in Ordnung, muss er abermals etwa in einen Schuhkarton oder in eine Folie verpackt und neu eingelagert werden. Um später erneut als Bestellung zu einem anderen Kunden geschickt zu werden. Eine ganze Menge Aufwand also.
Ist der Schuh oder die Hose jedoch nicht mehr in Ordnung, wird es noch viel teurer: Denn der Artikel muss zumindest gereinigt oder gar repariert werden, oftmals ist er nicht mehr zum vollen Preis zu verkaufen, schlimmstenfalls überhaupt nicht mehr und muss abgeschrieben werden. Wie viele Retourenstücke in der Mülltonne landen oder beim Verwerter und wie viele immerhin noch mit hohem Abschlag im Zalando-Outlet abgesetzt werden können, ist ebenso unklar wie die Gesamtkosten für dieses Retourenmanagement. Knapp zehn Euro koste es pro Stück, war im Rahmen der Recherche zu diesem Buch bei einem Modeunternehmen zu hören, das sowohl Online wie offline aktiv ist. »Zehn Euro? Nein, diese Summe ist definitiv zu hoch für uns«, entgegnet ein Mitglied der Zalando-Belegschaft, das nicht genannt werden möchte. Sicher ist nur eins: Die Retouren sind sehr, sehr teuer für Zalando. Und jeder Prozentpunkt weniger von diesen Rückläufern bringt das Unternehmen einen großen Schritt näher an die Gewinnzone.
Die Retoure allerdings ist eines der wesentlichen Erfolgselemente des Onlinehandels. Die Möglichkeit, alles wieder zurückzuschicken, dieses Unverbindliche trägt für viele Kunden wesentlich zum Reiz des Sofa-Shoppens bei. Denn anders als beim Umtausch im Laden muss man sich nicht den bösen Blicken oder bohrenden Fragen einer Verkäuferin oder Kassiererin aussetzen. Man muss noch nicht einmal etwas begründen, sondern das Stück nur wieder einpacken, den Retourenschein in den Karton legen, ihn zur Post bringen und die Sache ist erledigt. Der bereits vom Konto abgezogene Rechnungsbetrag für die Retoure nach ein paar Tagen automatisch ebenfalls retour. Auch wenn sich immer mal wieder Kunden beschweren, die Rückabwicklung auf dem Konto dauere zu lange, bequemer geht es eigentlich nicht. Wer sich für den Kauf per Rechnung entscheidet, überweist gar nicht erst etwas für den unerwünschten Artikel. Mancher geht gar so weit zu sagen, dass die Möglichkeit des exzessiven Retournierens sehr gut zur Unverbindlichkeit der Generation Facebook passe: nur nicht festlegen!
Wenn sich Kunden von Zalando, Amazon, Otto, Asos oder anderen Versendern, was nicht selten vorkommt, ein und denselben Pullover in drei Farben schicken lassen, lässt sich unschwer vorhersagen, dass diese Sendung wohl eine Retourenquote von mindestens 66 Prozent haben wird. Denn mutmaßlich schickt die Kundin zwei der Pullover gleich wieder zurück und behält denjenigen, der ihr bei der Auswahl vor dem heimischen Spiegel am besten gefallen hat. Falls sie nicht gleich alle drei zurückschickt. Was noch harmlos ist gegenüber den sogenannten Fashion
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