Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Erfolgszahlen steuern, hätte ich
weiterhin Tausende Shirts mit den Logos großer Marken auf der Brust eingekauft
– und wäre letztendlich wahrscheinlich darauf sitzen geblieben. Der Trend
flaute nämlich ab. So etwas sollte man möglicht früh spüren.« Immer nur sichere
Ware anzubieten, die bisher gut gelaufen ist, das werde auf Dauer im durch
Saisons geprägten Modegeschäft keinen Erfolg bringen. Und man müsse auch mal
was riskieren. 30 Prozent Umsatzanteil der Onlinehändler im Fashion-Gesamtmarkt
hält sie bis 2015 oder 2016 schon für möglich, Zalando werde sich einen
bedeutenden Teil davon holen.
Das Typische am Arbeiten bei Zalando? »Hier werden
Entscheidungen sehr viel schneller gefällt als anderswo. Eigene Ideen oder
Änderungen kann man sofort umsetzen. Beschlüsse fallen sehr pragmatisch, also
auf die Lösung eines Problems gerichtet aus. Es geht um die Sache. Dagegen gibt
es sehr wenig Politik.« Was als Hinweis gemeint ist auf die Energie- und
Ressourcenverschwendung in älteren und größeren Unternehmen für die
Verteidigung von Zuständigkeiten und Pfründen. Aber droht sich bei Zalando
nicht Ähnliches zu entwickeln, wenn das Unternehmen noch größer wird und
deshalb noch mehr Strukturen einziehen muss? »Das wird eine der großen
Herausforderungen für die Zukunft. Es wäre sehr wichtig, dass die
Schnelligkeit, die eigenen Ideen, die Ausrichtung auf Lösungen bleiben.«
Der Schrei vor Glück
Auch die Entstehungsgeschichte des Zalando-Werbespots war
viel stärker vom Zufall bestimmt, als viele ahnen dürften. Wer der größte
Onlineschuhhändler werden wollte, brauchte einen professionellen Werbespot. Das
war den beiden Gründern spätestens klar, nachdem sie es zunächst mit selbst
gemachter Reklame versucht hatten: mit eigenem Skript, eigenem Dreh unter der
Leitung eines wohl eher auf anderen Gebieten bewanderten Freundes als Regisseur
– auf Details wollen die beiden lieber nicht mehr eingehen. Schneider: »Zum
Glück hat es dieser Versuch nie bis zu YouTube geschafft.«
Detailliert will sich heute kaum noch einer der Mitwirkenden –
und angeblich haben so ziemlich alle damaligen Zalando-Mitarbeiter daran
mitgewirkt – an den Spot erinnern. Was nicht gerade für dessen Qualität
sprechen dürfte. Irgendwas mit tanzenden Leuten mit Zalando-Paketen unter dem
Arm und einem Schuh als Telefonersatz soll es gewesen sein. Man ordnet es heute
wohl eher in die Kategorie »Jugendsünden« ein.
Der geheimnisvolle Spot lief seltsamerweise nicht bei Pro
Sieben oder einem anderen Sender mit einem modeaffinen, jungen Publikum –
sondern auf dem Wirtschaftskanal ntv, meist zu den billigeren Tagesrand-Zeiten.
Das Ganze war eigentlich langfristig gedacht: Der Schuhverkauf über das
Internet im Allgemeinen und die Marke Zalando im Speziellen mussten in
Deutschland erst einmal bekannt gemacht werden, dachten sie beim Unternehmen.
Doch mit ihrer Langfriststrategie hatten sich die Macher gründlich verrechnet.
Technik-Chef Christoph Lange, der damals schon dabei war, erinnert sich an die
Ausstrahlung des ersten Spots: »Es dauerte nach der ersten Ausstrahlung genau
30 Sekunden, bis die Server begannen, in die Knie zu gehen.« So viele Kunden
wollten sofort bei diesem neuen Online-Schuhhändler bestellen. Dann ging erst
einmal gar nichts mehr auf der Seite. Eine frühere Mitarbeiterin: »Nach diesen
Erlebnissen wurden wir immer vorgewarnt: ›In fünf Minuten kommt wieder unser
Spot. Bitte alle Leitungen frei halten.‹«
Für die nächste Werbe-Runde – nun aber mit professionellen
Spots – hatten die Chefs dann mehrere Werbeagenturen angesprochen. Jung von
Matt schien ihnen am hoffnungsvollsten. Zur Präsentation der ersten Ideen mit
Agenturchef Jean Remy von Matt allerdings gab es mal wieder Terminprobleme bei
den Jungunternehmern. Eigentlich waren alle Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt
ausgebucht und unabkömmlich. So machte sich dann Robert Gentz – nach eigener
Aussage nicht gerade ein Werbefachmann – alleine auf zur Präsentation der vier
Konzepte durch die Werbeagentur. Die Ideen mit dem jungen Mann im
Kleiderschrank, der vor der Bestellung bei Zalando warnt (»Bitte, lasst niemals
eure Frau oder Freundin bei diesem Onlineshop bestellen. Überall nur Schuhe,
Schuhe, Schuhe …«), gefiel ihm am besten – wohl nicht zuletzt deshalb, weil er
so anders war als die Durchschnittsreklame. »Als ich den anderen davon
erzählte, habe ich wohl nicht die ganz richtigen Worte gefunden«, gibt
Weitere Kostenlose Bücher