Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
zu Hause, welche Artikel sie behalten wollen.
Franzosen dagegen entscheiden schon über einen Kauf, wenn sie Online auf der
Seite sind. Nur Kleidung und Schuhe, die von der Größe her nicht passen, werden
zurückgeschickt«, erklärt Schneider. Der Hintergrund ist, dass der Kauf auf
Rechnung in Frankreich keine große Tradition hat. Und bei dieser Bezahlart ist
es besonders verführerisch, viel zu bestellen und viel zurückzuschicken, der
Kunde hat dafür ja noch kein Geld bezahlt. Er belastet sein Konto also nicht.
Wer über andere Wege bezahlt hat, bekommt den Rechnungsbetrag über die Retoure
zwar zurück – aber erst einmal wird der Wert der Order vom eigenen Konto
abgebucht, man muss das Geld sozusagen unverzinst vorstrecken. In diesem Fall
bestellen die Kunden schon mal vorsichtiger und mit kritischerer Vorauswahl.
Und Fashion Partys wie in Deutschland, für die junge Mädchen
massenweise Kleider, Hosen oder Tops bestellen, um sie dann gemeinsam und
feuchtfröhlich anzuprobieren und das meiste wieder zurückzuschicken, gibt es in
Frankreich ebenfalls kaum. Damit läuft das Geschäft in Frankreich deutlich kostengünstiger
als in Deutschland. Die hohen Retourenquoten und die damit verbundenen Kosten
sind für Zalando-Skeptiker stets ein Haupt-Argument für ihre Einschätzung, dass
es für das Unternehmen extrem schwer, wenn nicht gar unmöglich sei, in
attraktive Gewinnregionen vorzustoßen.
2010 wurde das Jahr des Durchbruchs für Zalando. Man sprach
über Zalando, auf YouTube wurde die Schrei-Werbung erstmals parodiert. »Das war
die Zeit, in der wir merkten, dass Zalando wirklich zur Marke wurde«, so
Schneider. Mit rund 100 Mitarbeitern war Zalando ins Jahr 2010 gegangen, mit
500 kam die Firma am Ende wieder heraus. Und aus sechs Millionen Euro
Jahresumsatz waren knapp 160 Millionen Euro geworden – nach Abzug der
Erstattungen für die zahlreichen Retouren. Das Unternehmen immer wieder auf
diese enormen Umsatzsprünge auszurichten, war die wichtigste Herausforderung
dieser Zeit. Die frühzeitige Vorbereitung der Systeme auf die Skalierungen
hatte sich ausgezahlt, zumindest auf den Umsatz bezogen. Unter dem Strich
allerdings war nichts übrig geblieben von der Umsatzexplosion. Zalando schrieb
einen Verlust von 20 Millionen Euro.
Doch neben dem Umsatzschub 2010 hatte das Team mit der
Auslandsexpansion und dem Einstieg ins Textilgeschäft schon die Grundlagen für
den nächsten Wachstumsschub gelegt: Frühjahr/Sommer 2010 war die erste Saison,
in der Zalando auf dem Modemarkt aktiv war. Die Chancen würden riesig sein: Der
Textilmarkt ist schließlich um ein Vielfaches größer als der des Schuhhandels.
Wieder hatten die Gründer auf kleiner Flamme begonnen, mit
überschaubarem Risiko. Die Erfahrungen mit den Schuhen ließen sich zum Teil auf
die Textilien übertragen. Aber nicht komplett. Denn bei den Schuhen mussten die
Zalando-Leute einfach nur Schuhe irgendwo gut ausgeleuchtet hinstellen, fotografieren
und die Bilder auf die Homepage hochladen. Bei T-Shirts, Jacken, Blusen,
Cardigans, Kleidern, Röcken, Hosen oder Unterwäsche aber war es sinnvoll, dass
ein Model die Ware trägt und in zahlreichen Posen abgelichtet wird. Auch die
Textbeschreibung der Produkte ist deutlich aufwändiger als bei den Schuhen.
Unterschiede gab es zudem in der Logistik: Während stapelbare
Schuhkartons im Lager noch recht einfach in Massen zu lagern und zu bearbeiten
sind, ist das mit weichen, flexiblen Textilien schwieriger – erst recht mit der
sogenannten »Hängeware«, also etwa Kleidern, die im Lager zu Hunderten auf
Bügeln und Stangen baumeln. Auch gab es von Textilien mehr Größen- und
Farbvarianten pro Kollektion als bei Schuhen, was die Komplexität deutlich
erhöhte.
Dabei war die Begeisterung darüber intern durchaus nicht
einhellig, dass Zalando seine Kundinnen – denn an die wendete sich die Seite
weiterhin in erster Linie – nun auch oberhalb des Knöchels anziehen wollte.
»Einige waren der Ansicht, dass die Marke Zalando ganz auf Schuhe ausgerichtet
war. Die Ausweitung unseres Angebots auf Mode sahen einige als Problem«,
erinnert sich Schneider. Doch letztlich entschieden die drei Geschäftsführer
einstimmig: »Wer Schuhe Online bestellt, bestellt auch Mode Online.« Die gerade
angelaufenen TV-Spots würden diese Markenspreizung und -erweiterung schon
rüberbringen.
Jobs bei Zalando: Claudia Reth
Die Frau, die wissen muss, was die Kundinnen gern
hätten
36, Einkaufschefin Textil, Damen
Ohne
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