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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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Gentz
zu. Schneider erinnert sich noch amüsiert an Begriffe wie »verängstigter Typ im
dunklen Schrank«, »Paranoia« oder »Blairwitch Project«
(US-Horrorfilm-Klassiker) – und an Reaktionen von Kollegen, in denen
Formulierungen wie »nicht ganz bei Trost« und Heftigeres vorkamen. Aber Gentz
beharrte auf seiner Ansicht, dass das genau der richtige Spot für Zalando sei.
Der Ansicht waren die anderen schließlich auch, allerdings erst nach einer
weiteren Präsentation durch Jung v. Matt.
    Der Postbote, der das Paket zur Kundin und diese zum »Schrei
vor Glück« bringt – heute das Kernelement fast jedes Zalando-Fernsehspots –,
war als zentrale Figur gar nicht geplant. Beim Dreh wurde als eine Version von
vielen auch eine mit dem Postboten ausprobiert. Und beim Zusammenschnitt des
Materials gefiel diese Version den Verantwortlichen am besten. »Es war ja ein
völlig chaotischer Werbespot. Aber so haben sich der Postbote und sein Schrei,
die eigentlich ein Zufallsprodukt waren, als wesentliches Element in unsere
Markenkommunikation eingeschlichen«, fasst Gentz zusammen. ( http://www.youtube.com/watch?v=NJuFN_TUedw )
    Dieser Schrei und dieser verdutzte Postbote, das ist seither
das, was vielen Menschen als Erstes einfällt, wenn sie den Firmennamen Zalando
hören. Den Logistikunternehmen bringt der Zalando- und der gesamte
Onlinehandels-Boom nicht nur neue Aufträge und gesicherte Wachstumsraten für
die nächsten Jahre. Er hat auch den Alltag manches DHL-, Hermes- oder
DPD-Fahrers verändert, den Job vielleicht sogar aufgewertet. Es haben sich
schon Paketboten bei Zalando dafür bedankt, dass die Mädels plötzlich mit ihnen
zu flirten beginnen. Andere dagegen sind eher genervt, weil Mädchen und junge
Frauen sich einen Spaß daraus machen, zu schreien, wenn der DHL-Mann eines
dieser Pakete bringt. Nach der dritten Schreiattacke am Morgen findet das
allerdings nicht mehr jeder Paketbote lustig. Doch zeigen diese Phänomene
eindrucksvoll, wie die schräge Werbekampagne bei der Zielgruppe eingeschlagen
hat, zumal »Schrei vor Glück« in die Alltagssprache einzuziehen beginnt.
    Dass Zalando als junges, längst nicht profitables Unternehmen neben
der Werbung im Web auch so häufig im teuren Fernsehen vertreten ist, schürt bei
den Kritikern den Verdacht: Das Unternehmen soll schnell seinen Umsatz
aufblasen, damit die Investoren ihre Anteile bald zu einem hohen Preis
verkaufen können. Viele Millionen für die Werbung auszugeben gilt bei der
Verfolgung dieses Ziels als gute Investition. Werbeexperten haben ausgerechnet,
dass Zalando zeitweise rund 90 Millionen Euro pro Jahr in die Fernsehwerbung
gesteckt hätte. Das Unternehmen äußert sich dazu nicht.
    Die Zahlen dürften zu hoch gegriffen sein. Denn mutmaßlich sind
die Rabatte nicht vollständig eingerechnet worden, die Zalando ausgehandelt
hatte. Im Jahr 2009 – die Weltfinanzkrise tobte gerade – waren die Sender zu
Zugeständnissen bei den Werbekonditionen bereit. Das junge Start-up aus Berlin
schmiedete eine ungewöhnliche Allianz mit der ProSiebenSat1-Gruppe, deren
Sendungen besonders gern von typischen Zalando-Kundinnen geschaut werden: Dabei
bekommt der Onlinehändler günstige Sonderkonditionen für seine Reklame und
räumt im Gegenzug der Sendergruppe eine Umsatzbeteiligung ein. Die genauen
Bedingungen dieses Deals sind nicht bekannt. Zalando jedenfalls profitiert bis
heute davon, auch wenn die Fernsehpräsenz inzwischen zurückgefahren wurde.
    Mit Energie ins Umspannwerk – und in die
Schweiz
    Zalandos Anfangserfolge und der enorme Umsatzschub
verschafften dem jungen Unternehmen Mitte 2010 – kaum ein halbes Jahr nach dem
Einstieg von Tengelmann Ventures – den nächsten Geldgeber: Die Samwers hatten
die schwedische Investmentbank Kinnevik für Zalando interessiert, und die
sollte in den nächsten Jahre in mehreren Schritten zum größten Investor des
Unternehmens werden. »Die Leute bei Kinnevik haben sehr schnell begriffen, dass
in Zalando sehr großes Potenzial steckt«, sagt Ritter, »und auch die
Zusammenarbeit mit ihnen ist sehr angenehm. Das entspricht überhaupt nicht dem
Bild, das es bei vielen von Großinvestoren gibt.«
    Am Ende dieses stürmischen Jahres 2010 saß Zalando bereits in
der dritten Konzernzentrale seiner jungen Geschichte. Weil auch die Gebäude in
der Zinnowitzer Straße zu eng geworden waren, siedelte das Unternehmen mit
seinen 500 Mitarbeitern nach Prenzlauer Berg um, in einen dunkelroten
Backstein-Komplex, der

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