Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
sie bereits
überschritten haben. Immer wieder kam jemand dazu, der einen Anteil übernommen
oder seine Quote aufgestockt hat. Manchmal steigen Geldgeber nicht in das
Gesamtunternehmen ein, sondern nur in eine einzige Landesgesellschaft. Die
zahlreichen Aktivitäten an der Eigentümerfront werten viele Zalando-Skeptiker
als Schwachpunkt: Das Unternehmen verbrauche das eingesetzte Kapital in immer
kürzerer Zeit, schon nach ein paar Monaten sei dann der nächste Nachschlag
fällig. Nach der gegenteiligen Sichtweise dagegen nutzt Zalando konsequent
Wachstums-Möglichkeiten, um schnell eine Marktposition aufzubauen, die für
Konkurrenten schwer anzugreifen ist. Und dafür braucht es Geld und Geduld, bis
sich die Investitionen lohnen und das Geld mit einem dicken Aufschlag
zurückkommt. Insbesondere die Tatsache, dass Investoren wie Kinnevik und DST
während ihres Engagements nachgelegt haben und auch Tengelmann – diese Firmen
sollten auch jene sensible Geschäftszahlen kennen, die der Öffentlichkeit nicht
bekannt sind – Verkaufsgewinne in das Samwer-System reinvestiert, spricht für
eine weniger kritische Beurteilung dieses großen Hungers nach
Investoren-Millionen. Zum Gerücht, dass sich die Summe inzwischen auf rund 600
Millionen Euro addiert haben soll, sagt bisher keiner der Beteiligten etwas.
Mit dem Bau des Logistikzentrums in Erfurt kam auch die
Commerzbank ins Finanzierungsspiel: Das Frankfurter Institut lieh zusammen mit
der regionalen Sparkasse Mittelthüringen Zalando rund 40 Millionen Euro, um die
riesigen Lagerhallen mit Regalen und Fördertechnik ausstatten zu können.
Haub will auch das als Indiz für die wirtschaftliche Solidität
des Projektes Zalando gewertet wissen: »Banken waren noch nie so vorsichtig wie
jetzt. Ich denke, das spricht für sich. Zalando ist eine grandiose Erfolgsstory
und wir sind froh, von Anfang an dabei zu sein.« (WamS, Ende 2012). Allerdings
will er auch nicht ausschließen, dass es dem jungen Unternehmen Zalando in der
Kreditabteilung der Großbank Commerzbank geholfen haben mag, dass einer der
Hauptinvestoren den seriösen Namen Tengelmann trägt.
Wobei die Beteiligung eines Institutes wie der Commerzbank
selbstverständlich alles andere als eine Erfolgsgarantie für Zalando darstellt.
Schließlich kann man nicht gerade behaupten, dass Großbanken grundsätzlich nur
auf Unternehmen setzen, die sich am Ende als die Gewinner herausstellen.
Zahlreiche Insolvenzfälle, bei denen die Banken zu den Hauptgläubigern
gehörten, beweisen genau das Gegenteil. Und auch die Haubs haben bei ihren
Investitionen schon öfter danebengegriffen. Zuletzt war es der Rückzug aus der
Lebensmittelkette A&P in den USA, die die Milliardärs-Familie Millionen
gekostet hatte.
Doch dieser Tiefschlag ist inzwischen ein paar Jahre her. Jetzt
ist Haub begeistert vom Tempo und der Kraft, mit der das Internet die Einkaufsgewohnheiten
der Menschen überall auf der Welt verändert: »Es ist absolut faszinierend! Und
ich bin überzeugt: Das nächste große Ding ist schon in Arbeit. Wir wissen es
nur noch nicht.«
»Tendenz groß«: Die Samwer-Show
Der junge Mann auf der Bühne versucht gar nicht erst,
diplomatisch zu sein. Schließlich eilt ihm der Titel des »kreativen Zerstörers«
voraus. Und genau so wird er auch heute bei Tengelmanns e-day angekündigt.
Dieses Label scheint Oliver Samwer gar nicht unrecht zu sein. Es scheint ihm
vielmehr Spaß zu machen, die Weisheiten von Wissenschaftlern und
Unternehmensberatern als abgehoben und wirklichkeitsfremd zu brandmarken. »Wir
haben gerade 15 Minuten lang jede Menge Zahlen gehört«, sagt er – Moderator Kai
Hudetz vom Forschungsinstitut IFH Köln hatte zur Einführung jede Menge
Statistiken bemüht, die zeigten, wie rasant der Onlinehandel in Deutschland und
international wächst und wie stark er noch wachsen wird. »Wir«, sagt Samwer und
macht eine kurze Kunstpause, »wir sehen die Welt viel einfacher.« Und wie der
charismatischste und umstrittenste der drei Samwer-Brüder diese Welt sieht,
sagt er selten so klar und deutlich wie bei diesem einstündigen Vortrag, für
den er kein Manuskript benutzt. Nicht den hochkomplizierten Geschäftsideen
irgendwelcher Masterminds gehöre die Zukunft, sagt Samwer. »Wir haben einen
fundamentalen Glauben: Brot- und Butter-Modelle werden weltweit am
erfolgreichsten sein.« Die schlichten Geschäfte also, die man in einem Satz
erklären kann, bringen Geld, Macht und Ruhm: Der Kunde bestellt ein Buch, ein
paar
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