Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
Vom Netzwerk:
Schuhe, einen Computer oder eine Vitrine und der Händler schickt ihm das
Produkt zu. Basta.
    Brot-und Butter-Geschäfte wie die von Amazon sind es, die ihm
so gefallen und die er für die Zukunft hält. Deshalb auch werde in zehn Jahren
nicht Google, Facebook oder Exxon das wertvollste Unternehmen der Welt sein,
sondern Amazon. »Die 54 000 Leute und 44 Lager von Amazon verschwinden nicht
von heute auf morgen. Das Geschäft wächst auch nur 40 Prozent über 15 Jahre,
aber das wird dann noch da sein in vielen Jahren. Facebook kann am Anfang um 5
000 Prozent wachsen und dann noch 500 Prozent. Aber es ist rein digital, es ist
nicht mit Ware unterlegt. Wird es dann noch da sein?« Wenn Samwer so auf die
existenzsichernden Effekte eigener Logistikstandorte vertraut – ist es da
erstaunlich, dass Zalando in Deutschland gerade einen Versandstandort nach dem
anderen plant, eröffnet und auch selber betreibt?
    Der Mann macht es auch im Vortrag schlicht und dadurch
effektvoll: »Was ist E-Commerce?«, fragt er. Und sichert sich mit seiner
überraschenden Antwort die Aufmerksamkeit der Zuhörer: »Das ist die unsexiest
industry of the internet. Das hat mit Paketen zu tun, mit Lagern, mit Logistik,
mit Supply Chain. Old economy-Zeugs, ein bisschen DHL, ein bisschen Fabrik, ein
bisschen Technologie.« Alles ganz einfach also?
    Öffentlich tritt er, der Fließband-Firmengründer und
Geschäftsideen-Nachmacher nicht auf. »Wir halten normalerweise nicht so gerne
Vorträge und reden nicht so gerne über Firmen, die wir unterstützen. Aber ich
bin heute hier, weil ich denke, ich schulde der Familie Haub einen Gefallen.«
Damit meint er Karl-Erivan Haubs Entschluss aus dem Jahr 2009, bei Zalando zu
investieren. »Wenn ich meine Zeit auf Veranstaltungen verbringen würde oder bei
Banken, wäre es Ende im Gelände. Das einzige Risiko, das Investoren mit uns
haben, wäre, dass ich nicht mehr eine kreative Ameise wäre. Doch das Risiko ist
gleich null. Und deshalb fahre ich auch gleich wieder«, kündigt er an. Und
tatsächlich wird er nach seinem Vortrag nur noch ein paar Fragen des Publikums
zulassen und ein bisschen beantworten und dann sofort wieder verschwinden.
Smalltalk beim Coffee Circle-Kaffee oder gar iPhone-Fotos mit Oliver Samwer zum
Posten über Facebook wird es anschließend nicht geben. Denn wenn ein Samwer
eines nicht mag, dann ist es, Zeit oder Geld zu verlieren, was in diesem Fall
wohl dasselbe ist. Am Vorabend dieses e-day fehlte denn auch einer beim
gemeinsamen Essen der Organisatoren und Referenten: Oliver Samwer. Der, heißt
es, soll noch gearbeitet haben.
    Dass er sich in jüngster Zeit öfter als früher auf Bühnen und
an Podien stellt und bei der Präsentation der eigenen Visionen lauter wird,
werten Beobachter als Indiz dafür, dass Rocket Internet immer mehr Geld für
seine zahlreichen Unternehmen braucht, die sich immer noch fern der Gewinnzone
befinden. Und Oliver Samwer ist nun einmal die Rakete unter den Geldeintreibern
bei Rocket.
    »Für Gründer von Online-Händlern ist es immer noch schwierig,
an Geld zu kommen«, bestätigt später Kai Hudetz vom IFH Köln. »Es dauert halt
sehr lange, bis sich der Einsatz in dieser Sparte rentiert. Die Gewinnspannen
sind ja nicht so groß. Da setzen Investoren ihr Geld lieber in Branchen ein, in
denen sie schneller etwas davon haben.« Was bedeutet diese Finanzknappheit für
Zalando? »Unter der Voraussetzung, dass die eigene Finanzierung sichergestellt
ist, heißt für Zalando: Die Gefahr ist relativ gering, dass von irgendwo her
ein vollkommen neuer Konkurrent kommen wird. Denn um den zu schaffen, bräuchte
es sehr hohe Investitionen«, glaubt der Wissenschaftler, der beim e-day Samwers
Vortrag moderiert hatte.
    Tempo machen, Neues machen, Firmen groß machen – das ist der
Anforderungskatalog der drei Samwer-Brüder an sich selber. »Es muss der
Anspruch sein, dass man es dreifach schafft, wenn man zu dritt ist. Deshalb
haben wir vor fünf Jahren aufgehört, die Meetings zusammen zu machen. Es gibt
kaum Termine, an denen zwei oder drei von uns da sind. Uns geht es darum, viel
zu schaffen.« Und dann wird Oliver, der Mittlere, der kühle Rationalist, für
einen Augenblick ganz Familienmensch. Sein Ton verändert sich aber auch dabei
kaum, er klingt nicht weicher. Eher ein bisschen wie Torwart-Titan Oliver Kahn:
»Es macht unheimlich viel Spaß, das als Brüder und Freunde zu machen. Es gibt
so ein Fundament und eine Vertrauensbasis, die nie kaputtgeht, auch wenn

Weitere Kostenlose Bücher