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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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alle Prognosen über den Onlineanteil am
Gesamtumsatz zu konservativ, die Entwicklung hat sie immer schnell überholt.«
    Gerhard Weber, Chef und Gründer des noch nicht sehr stark im
Netz engagierten Modekonzerns »Gerry Weber« im westfälischen Halle, ist noch
einer der Konservativeren, wenn es um die Schätzung des künftigen
Online-Potenzials im Modehandel geht: »Die Entwicklung im E-Commerce verlief
bisher immer rasanter, als Experten vorhergesagt haben. Ein Onlineanteil von 20
Prozent in der Textilbranche erscheint mir schon sehr hoch«.
    »Eine Revolution oder gar einen Tsunami sehe ich im
Onlinehandel noch nicht, aber ein sehr, sehr schnell wachsendes und dynamisches
Geschäftsfeld«, sagt Adidas-Chef Herbert Hainer, »die Entwicklung im E-Commerce
vollzieht sich so rasend schnell.«
    Der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt hat den
E-Commerce inzwischen zur dritten Säule neben dem Großhandel – also der
Belieferung von Händlern wie Karstadt, Kaufhof, Sport Scheck, Runners Point
oder Foot Locker – und den eigenen Adidas Stores gemacht. Zwar lag der
Online-Umsatz des Konzerns 2012 gerade bei 158 Millionen Euro, ziemlich wenig
angesichts eines Gesamtumsatzes der Gruppe von 14,8 Milliarden Euro. Doch bis
2015 soll es eine Milliarde Euro werden. Dieses sportlich-ehrgeizige
Wachstumsziel zeigt, welches Potenzial noch im Onlinekanal stecken dürfte.
    Jürgen Michelberger von Esprit ist ebenfalls optimistisch: »Ich
denke, der Umsatzanteil von Mode Online wird weiter deutlich wachsen. Die
Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ein so großer Anbieter wie Zalando von diesem
Trend besonders stark profitiert.«
    Nach Ansicht von Stylefruits-Gründer Ingo Heinrich gibt es
»nichts, was darauf hindeutet, dass sich das rasante Wachstum nicht fortsetzen
sollte. Selbst wenn es etwas langsamer werden sollte: Ich glaube, dass wir bis
2020 in der Mode einen Onlineanteil von 50 Prozent haben werden. Es gibt
überhaupt keinen Grund, dass das anders wird.«
    »Ich gehe von 40 bis 50 Prozent 2020 aus«, sagt Dieter Holzer,
Chef der Tom Tailor Group, »wegen technischer Entwicklungen wie dem Tablet PC
sowie immer besserer Smartphones und weil die Anbieter immer professioneller
werden.«
    Nun ist diese Umfrage unter Führungskräften alles andere als
repräsentativ. Doch sie zeigt sehr treffend die Situation, die man in der
Modebranche immer wieder erkennen kann: Diejenigen, die Online zwar nicht
ignorieren, aber die E-Commerce-Umsätze allenfalls als eine Art Beifang
mitnehmen, sind sehr viel vorsichtiger bei der Einschätzung des
Umsatzpotenzials des Onlinekanals als diejenigen, die sich fast ausschließlich
mit dem Handel im Internet beschäftigen. Diese Diskrepanz mag zum Teil mit der
verständlichen Haltung zu tun haben, dass jeder seine eigene
Leib-und-Magen-Sparte als die zukunftsträchtigste darzustellen versucht.
Mindestens ebenso wichtig dürfte jedoch der Grund sein, dass diejenigen, die
sich täglich mit dem virtuellen Handel, seinen neusten Entwicklungen und
Perspektiven beschäftigen, wahrscheinlich eher beurteilen können, was da noch
alles möglich ist. Selbst dann, wenn man bei der Marktanteil-Hochrechnung der
jungen Wilden ein paar Prozentpunkte als Euphorie-Malus abziehen mag. Wieviel
Prozent der Herrenoberhemden in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Jahr
2020 nun tatsächlich Online abgesetzt werden, ist dabei gar nicht so
entscheidend. Viel wichtiger ist, dass auch die Online-Verweigerer verstehen,
welche Umwälzung da in ihrer Branche gerade passiert und dass sie nicht wie das
Kaninchen vor der Schlange stehen. Und doch tun genau das noch erstaunlich
viele.
    »Das ist nicht nur irgendeine Herausforderung, sondern das
komplette Überdenken der Geschäftskonzeption«, glaubt Kay Hafner, einst Chef
von Wal-Mart Deutschland, von Hertie und für einige Monate auch von Praktiker.
»Eigentlich müssen sie ihr Unternehmen komplett neu aufbauen: neues Management,
komplett neue Struktur.« Doch selbst das werde für manche nicht reichen. »Viele
Firmen werden erkennen müssen, dass sie tatsächlich am Ende ihrer Lebensdauer
angekommen sind und man nicht unendlich weiter optimieren kann«, sagt Hafner,
der sich inzwischen mit einer Unternehmensberatung selbstständig gemacht hat.
    Er habe an sich selber gesehen, dass man als Manager in der
operativen Verantwortung vor allem von Quartal zu Quartal, von Kollektion zu
Kollektion denke, aber zu selten die Perspektive von drei oder fünf Jahren im
Kopf

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