Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
steht, arbeiten die social
commerce-Unternehmen wie Stylefruits.
Ein wenig trägt das Netz aber doch zur »Demokratisierung des
Handels« bei: Firmen nutzen das Internet und die Netzwerke inzwischen, um die
Kunden zeitweise zu Sortimentsmanagern zu machen. Die Drogeriemarktkette dm
fordert Kunden auf, Vorschläge für die Mischung neuer Shampoos zu machen. Bei
McDonald’s »voten« Gäste für Burger- oder Wrap-Kreationen, die sich andere
Gäste ausgedacht haben. Und die Gewinner der Wahl gibt es dann im Restaurant zu
kaufen. Ähnlich macht es Deichmann mit Schuhen, deren Design jedenfalls zum
Teil von Kunden – besser: Usern – stammt. Facebook spielt dabei eine elementare
Rolle, ebenso wie bei der Wahl zum »Schuh des Monats«. Der kann auch schon mal
aus dem etwas schriller ausfallenden Sondersortiment stammen, das es nicht im
Laden, sondern nur im Webshop gibt. Wenn aber ein solches schrilles Teil »Schuh
der Woche« wird, sortiert Deichmann das Sieger-Modell auch in die Regale seiner
Läden ein. Und wegen des Boheis um die Wählerei wird der dann zumeist auch
häufiger gekauft als ein Schuh ohne Facebook-Auszeichnung.
Das ist dann immer noch ein Schuh für die Massen. Das Internet
ermöglicht aber auch die Individualisierung und Personalisierung von Produkten
und setzt damit auf einen der ganzen großen Trends im Handel. Längst kann man
sich auf den Seiten der großen Sportartikelhersteller etwa seine Laufschuhe
individuell kombinieren, von der Grundfarbe über die Färbung von Streifen,
Logos und Schnürbändern über die Sohle bis hin zur Beschriftung des Schuhs mit
dem eigenen Namen oder irgendwelchen Sprüchen. Der deftige Aufpreis für diese
Sonderanfertigung schreckt diejenigen Konsumenten nicht ab, die Spaß daran
haben, mit einem Einzelstück herumzulaufen, und andere, gefragt oder ungefragt,
auf diese Tatsache hinzuweisen. Diesen Service gibt es inzwischen unter anderem
auch für Brautschuhe. Es soll schon zu Ehekrächen noch vor der Hochzeit
gekommen sein, weil der Bräutigam ratlos beobachtete – und fahrlässigerweise
kommentierte –, wie die Braut es nicht vermochte, in mehreren
Computer-Sitzungen von den Hunderten oder Tausenden angebotenen
Kombinationsmöglichkeiten diejenigen auszuwählen, die am Ende ein Paar weißer
Schuhe nach ihrem Geschmack ergaben.
Aber auch die Herren profitieren, weil das Internet neue
Produkte schneller auf den Weg zum Kunden bringt, zumindest auf den Weg von der
Bedarfsweckung bis zur Bestellung. Beispiel Adidas: »Wir können zum Beispiel
eine Minute nach dem Abpfiff des Champions League-Finales am Samstagabend das
offizielle Siegerteam-Trikot über unseren Webshop anbieten. Das können erst
einmal nur wir, in den stationären Läden gibt es die Shirts dann frühestens am
nächsten Tag. So muss man sich immer wieder Produkte oder Dienstleistungen
einfallen lassen, mit denen das eigene Onlinegeschäft zumindest für eine
begrenzte Zeit konkurrenzlos ist«, sagt Hainer.
Im Dschungel der Zahlen
So eindeutig der Trend für den Onlinehandel, so wackelig ist
die Zahlenlage für das tatsächliche Ausmaß der Veränderungen in Euro und Cent.
Nur wenige Firmen weisen überhaupt reine Online-Umsätze aus. Und wenn sie
Zahlen herausgeben, verwirren manche damit eher, als sie informieren – wegen
der Konkurrenz. Die soll so weit wie möglich im Unklaren gelassen werden.
Deshalb hat das Rätselraten und Spekulieren stets Hochkonjunktur. »Selbst die
großen Marktforschungsunternehmen konnten bisher noch keine Transparenz
herstellen«, sagt der Online-Chef eines großen deutschen Händlers. »Und in den
Fällen, in denen wir die Zahlen beurteilen können, liegen die Marktforscher
schon mal um den Faktor zwei oder drei daneben.« Im Goldgräberland Onlinehandel
regiert die große Geheimniskrämerei.
Nicht einmal die Zahl der Online tätigen Onlinehändler steht
fest. 25 000 sind nach Worten des Präsidenten des Deutschen
Versandhandels-Verbandes (bvh) Thomas Lipke, im Hauptberuf Geschäftsführender
Gesellschafter des Outdoor-Spezialisten Globetrotter, in Handelsregistern
nachgewiesen. Niemand weiß jedoch, wie viele es wirklich sind (bvh-Zahlen von
der bvh-Jahrespressekonferenz 2013, 12.02.2013, Hamburg). Die offiziell
registrierten interaktiven Händler beschäftigen gut 80 000 Mitarbeiter
(bvh/boniversum-Pk zum Interaktiven Handel, 04.06.2013, Berlin).
Kaum eine Erhebung über Umsätze ist mit der anderen zu
vergleichen, überall sind die Abgrenzungen
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