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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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Rückabwicklung
auf dem Konto dauere zu lange, bequemer geht es eigentlich nicht. Wer sich für
den Kauf per Rechnung entscheidet, überweist gar nicht erst etwas für den
unerwünschten Artikel. Mancher geht gar so weit zu sagen, dass die Möglichkeit
des exzessiven Retournierens sehr gut zur Unverbindlichkeit der Generation
Facebook passe: nur nicht festlegen!
    Wenn sich Kunden von Zalando, Amazon, Otto, Asos oder anderen
Versendern, was nicht selten vorkommt, ein und denselben Pullover in drei
Farben schicken lassen, lässt sich unschwer vorhersagen, dass diese Sendung
wohl eine Retourenquote von mindestens 66 Prozent haben wird. Denn mutmaßlich
schickt die Kundin zwei der Pullover gleich wieder zurück und behält
denjenigen, der ihr bei der Auswahl vor dem heimischen Spiegel am besten
gefallen hat. Falls sie nicht gleich alle drei zurückschickt. Was noch harmlos
ist gegenüber den sogenannten Fashion Partys. Klassische Warenhaus- oder
Boutique-Kunden sind über derlei Unentschlossenheit und Ressourcenverschwendung
fassungslos.
    Trotz derlei Ausreißer geben sich die Zalando-Bosse gelassen.
»Retouren sind kein Problem, sondern ein wesentliches Element des
Onlinehandels. Und wir haben auch nicht die Absicht, unseren Kunden die
Freiheit zu nehmen, Sachen zurückzuschicken«, sagt David Schneider (15.01.13,
WamS). Und Gebühren wollten sie weiterhin dafür nicht verlangen. Denn das, was
bei stationären Händlern die Mietkosten für ihre Läden sind, ist bei den
Onlinern der Aufwand, der für die Retouren getrieben wird: Ohne diese
Investitionen läuft der Laden nicht, egal ob stationär oder Online.
    Eine Marktregel läuft dabei gegen Zalando: Je niedriger der
Verkaufspreis, desto niedriger sind auch die Retourenquoten. Bei einem
Billigteil für wenige Euro machen sich die meisten Kunden offenbar nicht die
Mühe, es zurückzuschicken, wenn es nicht gefällt oder nicht passt. Bei den
teureren Modellen – und Zalando ist eher in dieser Preisklasse aktiv – aber
schon.
    Dabei gibt es eine Unterscheidung in gute und schlechte
Retouren. Denn eine Regel aus der klassischen Boutique gilt auch im Onlinehandel:
»Je mehr Teile die Kundin in die Kabine nimmt, desto mehr kauft sie am Ende
auch«, sagt Michelberger. Wobei die Umkleidekabine der Zalando-Kundin die
eigene Wohnung ist. »Onlinehandel ohne Retouren – das wäre, als ob man im
stationären Laden die Ware nicht anfassen dürfte. Es gehört einfach zur
Vorbereitung der Kaufentscheidung dazu«, so Michelberger. Die Onlinebestellung
ist sozusagen der Stapel an Klamotten, den die Kundin in die virtuelle Kabine
mitnimmt. Retourenrate und Conversion Rate bewegten sich damit üblicherweise
einigermaßen im Gleichschritt.
    Diese Retouren wären also die »guten«, gegen die der Händler
gar nichts unternehmen müsste, im Gegenteil. Ingo Heinrich vom Münchener
Modeportal stylefruits spricht denn auch lieber von der »Auswahlquote« als von
der »Retourenquote«: »Natürlich schicken Kunden Teile auch zurück, weil sie
nicht passen. Aber die meisten kommen doch zurück, weil sich Kundinnen oder
Kunden einfach viele Produkte zur Auswahl schicken lassen. Das gehört einfach
zum Versandhandel dazu.«
    Und die »schlechten« Retouren? »Die entstehen dadurch, dass der
Kunde schlicht das Falsche bestellt hat: weil die Ware schlecht beschrieben,
das Produkt nicht aussagekräftig fotografiert oder die Passform oder der
Schnitt anders war als versprochen. Sie kommen also dadurch zustande, dass der
Onlinehändler einen schlechten Job gemacht hat. Die liegen nicht am Kunden«,
sagt Esprit-Onliner Michelberger, dessen Unternehmen recht erfolgreich nicht
nur über den eigenen Webshop, sondern auch über Zalando verkauft.
    Während viele Händler die Retouren für eine der großen
Schwächen des Zalando-Konzeptes halten, sieht Psychologe Grünewald sie als
extrem geschicktes Instrument des Marketing und der Gewinnung von Kundinnen:
Die Möglichkeit, Bestelltes kostenlos zurückschicken zu können, trifft nach
seiner Überzeugung auf eine Stelle der Frauenpsyche, die diesem Angriff der
unbegrenzten Möglichkeiten schutzlos ausgeliefert ist. Sie kommen nämlich dem
Tagtraum sehr nahe, wie eine Prinzessin erwählt zu werden, wenn die Frau nur
den richtigen Auftritt und die richtigen Schuhe hat: »Frauen träumen davon, in
einer endlosen Menge an Schuhen zu schwelgen und sich immer neue zu probieren.«
Dieses Phänomen hat es zwar zu guten, alten Katalog-Zeiten schon genauso
gegeben,

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