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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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aber der Onlinehandel ermöglicht jetzt, diesen Traum viel einfacher
und realistischer zu erfüllen. Denn wenn die Prinzessin nach ein paar Tagen
wieder aufgewacht ist aus ihrem Traum, kann sie die irrational bestellten
Schuhe ja wieder zurückschicken, ohne dass es sie etwas kostet. Sie muss nur
aufpassen, dass sie es damit nicht übertreibt. Sonst nämlich reißen sie die
Märchenprinzen von Zalando aus ihren Träumen, weil sie als notorische
Massen-Retourniererin auf den Index geraten ist und nur noch gegen Vorkasse
bekommt, was sie gern hätte. Die individuelle Retourenquote hält Zalando seinem
Kunden ohnehin jedes Mal auf dem Bildschirm vor, wenn er auf der Seite einen
Retourenschein ausdrucken will. Es braucht nicht einmal die Hilfe des
Profi-Psychologen, um zu ahnen, dass hier über das schlechte Gewissen des Kunden
die Retourenquote gedrückt werden soll.
    Das übertriebene Auswahl-Bestellen ist laut Grünewald in erster
Linie ein weibliches Problem: »Männer dagegen tragen ihr Lieblingspaar Schuhe
oft, bis es hinüber ist. Und wenn niemand die Jungs bei der Hand nimmt, kaufen
sie sich anschließend am liebsten dasselbe Paar noch einmal.« Kann es dann noch
verwundern, dass sich in Zalandos Kundenkartei zu 75 Prozent weibliche Namen
finden?
    Gegenüber dem Kleiderkauf im Warenhaus kann das Onlineshopping
generell noch einen weiteren Psycho-Vorteil ausspielen. Er kommt besonders bei
Frauen und zunehmend Senioren zum Tragen, die mit ihrem Körper und ihren Maßen
nicht zufrieden sind: Online hilft, Scham-Barrieren beim Anprobieren zu
überwinden. »Eine Boutique oder die Damenoberbekleidungs-Abteilung eines
Warenhauses ist eine Art öffentlicher Laufsteg. Und dabei steht die Verkäuferin
für den kritischen Blick von außen«, erklärt Grünewald. Und weil die
verunsicherte Kundin gern meine, im Minenspiel der Verkäuferin etwas Kritisches
oder gar Verächtliches entdeckt zu haben, bekomme sie sofort Hemmungen, ein
Teil anzuprobieren, das ihr möglichweise nicht stehen könnte. »Und dann ist es
der Super-Gau, wenn die Frau nach einer Stunde des Probierens ohne nennenswerte
Beute aus dem Einkauf-Dschungel kommt. Das gibt ein Gefühl der Frustration«,
sagt der Diplom-Psychologe.
    Beim Onlinekauf dagegen könne sich die Frau »im privaten
Schutzraum öffnen« und testweise auch mal zwei Stunden lang in einem
grenzwertigen Stück herumlaufen, das sie in Laden entweder gar nicht erst
anprobiert oder noch in der Kabine sofort wieder ausgezogen hätte. Die Frau sei
halt experimentierfreudiger, wenn sie sich fünf oder sechs Teile in die
virtuelle Kabine zu Hause schicken lässt, als sie es täte, wenn die Verkäuferin
im Laden ihr die Teile hereinreichen würde. Notfalls schickt sie alle sechs
Teile zurück – und keiner hat’s gesehen »Beim Onlinekauf fällt die Hemmschwelle
der öffentlichen Selbstpräsentation im Laden weg«, so Grünewald.
    Seltsam nur: Laut Grünewald will die Zalando-Kundin dieser
Kategorie zwar in der Abgeschiedenheit der eigenen Wohnung die Teile
anprobieren. »Aber dann versichert sie sich mit der Präsentation des neuen
Kleidungsstücks über ihr soziales Netzwerk wie Facebook, Teil einer weltweiten
Modegemeinschaft zu sein. Und wenn Frauen sich per Facebook über Produkte und
Erfahrungen austauschen, nährt das den Hype um Zalando zusätzlich. Dann ist es
eine Marke, über die man spricht und über die jeder mitreden können will.«
    Doch gerade diese Marke muss darauf achten, dass ihr die Kosten
des Erfolges nicht aus dem Ruder laufen. »Wir arbeiten konsequent daran,
Produktbilder und — informationen zu verbessern, um Fehlkäufe zu minimieren«,
sagt Zalando-Geschäftsführer David Schneider (Gespräch 15.01.13, WamS). Und
Benjamin Krümel, der Chefeinkäufer für Herrenschuhe, ergänzt: »Wenn die Größen
bei einer Herstellerfirma grundsätzlich kleiner ausfallen als im Markt üblich,
berücksichtigen wir das bei der Größenangabe auf der Seite. So bekommt der
Kunde auch wirklich die passende Größe. Und wenn dieses Prozedere bei einer
Marke zu kompliziert wird, dann nehmen wir sie einfach nicht ins Sortiment
auf.«
    »Natürlich arbeiten wir von allen Seiten und mit vielen
Programmen gegen das Strukturproblem der hohen Retourenquoten an«, sagt eine
andere Zalando-Managerin und konterkariert damit ein wenig die von ihren Chefs
zur Schau getragene Gelassenheit bei dem Thema. Aber es ist nun einmal ein
extrem wirksamer Hebel für die Veränderung der wichtigsten Zahl unter

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