Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Januar 2013 – und
nannte somit zum ersten Mal eine Zahl. »Eine Welt ohne Rücksendungen«, so
Ritter weiter, »wäre schön, ist aber unrealistisch. Für uns lautet die Frage:
Kann das Geschäft auch mit Retouren profitabel gestaltet werden? Wir sind
sicher, dass das geht.« Und Gründer Robert Gentz stellt im selben Interview
klar: »Retouren gehören zum Geschäftsmodell von Zalando.« Das taten sie, wie
zuvor schon erläutert, tatsächlich von Anfang an. Der kostenlose Versand samt
gebührenfreier Rücknahme war immer eines der Service-Elemente, mit denen sich
Gentz und Schneider einen Wettbewerbsvorteil vor jenen Konkurrenten
ausrechneten, die vom Kunden ein paar Euro für die Lieferung forderten.
Allerdings muss die Zurückschickerei auch den Zalando-Bossen irgendwann zu viel
geworden sein: Sie kappten einfach ihren Werbeslogan um den teuren
Retouren-Part. Denn ursprünglich hieß der Slogan »Schrei vor Glück oder
schick’s zurück«. Vom Zurückschicken ist schon längst nicht mehr die Rede,
sondern nur noch vom Glück.
Indes ist auch der Retourenwert von 50 Prozent noch sehr hoch
und eines der Hauptargumente der Skeptiker für ihre Behauptung, dass dieses
Unternehmen niemals große Gewinne einfahren werde. Die Kostenbelastung sei
einfach zu hoch. Wie hoch? Das wissen wohl nur die Geschäftsführer und
vielleicht noch die Investoren von Zalando.
Man kann sich an die Summe allenfalls herantasten: Logistiker
wie DHL – Tochter der Deutschen Post und Zalandos Haus- und Hof-Lieferant –
erwägen, ab 2014 das Recht in Anspruch zu nehmen, einem Onlinehändler pro
Sendung vier Euro in Rechnung zu stellen, wenn ein Paket wegen fehlerhafter Adressangaben
dem Endkunden nicht zugestellt werden und somit zum Händler zurücktransportiert
werden muss. Mal angenommen, dabei handelt es sich um die korrekten Kosten, die
dem Logistiker durch den doppelten Transport des fertig gepackten Paketes
entstehen, dann kommen noch die Kosten dazu, die bei Zalando anfallen. Dafür,
dass die Lager-Mitarbeiter die bestellten Artikel zunächst aus den riesigen
Regalen holen, zu einem Paket verpacken und dieses in eine der DHL-Container
fahren. Kommt das Paket als Retoure zurück, fallen abermals Kosten mindestens
in derselben Höhe an. Denn eine Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter muss die
Sendung auspacken, muss vergleichen, ob auch tatsächlich das auf dem
Retourenschein vermerkte Produkt drin ist und muss es auf Beschädigungen
kontrollieren. Ist der Artikel – und das ist der günstigste Fall – in Ordnung,
muss er abermals etwa in einen Schuhkarton oder in eine Folie verpackt und neu
eingelagert werden. Um später erneut als Bestellung zu einem anderen Kunden
geschickt zu werden. Eine ganze Menge Aufwand also.
Ist der Schuh oder die Hose jedoch nicht mehr in Ordnung, wird
es noch viel teurer: Denn der Artikel muss zumindest gereinigt oder gar
repariert werden, oftmals ist er nicht mehr zum vollen Preis zu verkaufen,
schlimmstenfalls überhaupt nicht mehr und muss abgeschrieben werden. Wie viele
Retourenstücke in der Mülltonne landen oder beim Verwerter und wie viele
immerhin noch mit hohem Abschlag im Zalando-Outlet abgesetzt werden können, ist
ebenso unklar wie die Gesamtkosten für dieses Retourenmanagement. Knapp zehn
Euro koste es pro Stück, war im Rahmen der Recherche zu diesem Buch bei einem
Modeunternehmen zu hören, das sowohl Online wie offline aktiv ist. »Zehn Euro?
Nein, diese Summe ist definitiv zu hoch für uns«, entgegnet ein Mitglied der
Zalando-Belegschaft, das nicht genannt werden möchte. Sicher ist nur eins: Die
Retouren sind sehr, sehr teuer für Zalando. Und jeder Prozentpunkt weniger von
diesen Rückläufern bringt das Unternehmen einen großen Schritt näher an die Gewinnzone.
Die Retoure allerdings ist eines der wesentlichen
Erfolgselemente des Onlinehandels. Die Möglichkeit, alles wieder
zurückzuschicken, dieses Unverbindliche trägt für viele Kunden wesentlich zum
Reiz des Sofa-Shoppens bei. Denn anders als beim Umtausch im Laden muss man
sich nicht den bösen Blicken oder bohrenden Fragen einer Verkäuferin oder
Kassiererin aussetzen. Man muss noch nicht einmal etwas begründen, sondern das
Stück nur wieder einpacken, den Retourenschein in den Karton legen, ihn zur
Post bringen und die Sache ist erledigt. Der bereits vom Konto abgezogene
Rechnungsbetrag für die Retoure nach ein paar Tagen automatisch ebenfalls
retour. Auch wenn sich immer mal wieder Kunden beschweren, die
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