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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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stieg oft schlagartig um das 30- oder 40-fache. Das war zu viel für
unsere Infrastruktur damals.«
    An der Sparte des 29-Jährigen, der Technology, lässt sich
exemplarisch die Entwicklung von Zalando deutlich machen: Immer gab es zu
wenige Kapazitäten, immer wuchs das Unternehmen schneller als erwartet, ständig
musste erweitert oder nach komplett neuen Lösungen gesucht werden. Auf der
Warenseite funktionierte die zum Ziel erklärte »Skalierung« halt so gut, da
mussten die Technikleute des Ansturms irgendwie Herr werden. Meistens machte
Langes Truppe am Ende alles selber, statt es fertig von Dienstleistern zu
kaufen. Und zwar nicht unbedingt wegen des Geldes: »Wir wuchsen immer viel
schneller, als die Dienstleister entwickeln konnten. Oder uns waren die
Produkte zu sehr standardisiert, zu wenig auf Zalando abgestimmt und nicht
flexibel genug.« Wie bei einem großen Softwareanbieter, dessen Name Lange nicht
veröffentlicht sehen möchte: »Die sagten uns: ›Ok, können wir machen, aber wir
brauchen dafür 18 Monate Zeit‹. Das war viel zu lange, eine Ewigkeit! Unser
Unternehmen bestand damals ja gerade erst 18 Monate lang«.
    Als Lange sich im Augst 2008 entschloss, zu Zalando zu
gehen, bestand das Unternehmen eigentlich überhaupt noch nicht. Höchstens im
Planungsstadium. Christoph Lange war – nach seinem Studium an der
Fachhochschule der Wirtschaft in Berlin (Diplom-Betriebswirt, Business
Informatics) – Product Manager bei Jamba. »Ich hatte Lust auf was Neues. Und
den beiden Gründern hab ich im Gespräch sofort abgenommen, dass aus dem Konzept
etwas Tolles entstehen könnte.« Er hatte bis dahin noch nie Schuhe Online
bestellt. Nur Bücher, CDs und Technik. Wie so viele andere auch.
    Im Kernteam auf der Torstraße bastelte Lange dann an der
Technik des Onlineshops – wenn er nicht gerade mithelfen musste, Schuhpakete zu
packen oder zur Post zu bringen. Jede eingegangene Order produzierte eine
SMS-Nachricht auf Langes Handy. »Wenn mal zwei Stunden lang kein Bestellsignal
einging, wurde Robert unruhig. ›Guck doch mal, ob alles noch funktioniert‹
sagte er mir. Aber meistens funktionierte alles, und mit der Zeit wurde der
Abstand zwischen den Signalen immer kürzer«.
    Lange arbeitete mit der Open Source-Plattform Magento, mit
der die Macher jeden Kunden bereits sehr individuell betreuen konnten. Dass es
sich bei dem Gerüst des ersten Zalando-Shops nicht gerade um Raketenwissenschaften,
sondern eher um ein schlichtes Jedermann-Programm handelte, zeigen schon Titel
von am Markt angebotenen Ratgeber-Büchern zu dem Programm wie »Magento –
Schritt für Schritt zum eigenen Online-Shop« oder »Magento – Erfolgreich mit
dem ersten Online-Shop«. Heute gehört die Programm-Schmiede zu ebay.
    »Wir haben ständig aufrüsten müssen und auch direkt mit
den Entwicklern von Magento zusammengearbeitet. Ende 2009 oder Anfang 2010
hatten wir schon weltweit die größte Magento-Installation.« Aber auch das war
nicht groß genug, weil sich der Traffic jeden Monat praktisch verdoppelte.
»Mitte 2010 haben wir beschlossen: Wir brauchen was Neues.« Doch auf dem Markt
fanden Lange und seine Kollegen nichts Passendes, was flexibel genug war. Also
entwickelten sie es selber. »Das war eine sehr sportliche Vorgabe: Wir hatten
drei Monate für unser neues Shop-System.« Das ERP-Programm (Enterprise
Ressource Planning-Programm), mit dem die Ressourcen des Unternehmen abseits
des eigentlichen Shops – also etwa Personal, Betriebsmittel oder Kapital –
verwaltet werden, hatte er immer fertig zugekauft. Inzwischen arbeitet Zalando
aber auch hier mit einer Eigenkreation.
    Der 5. September 2010 ist das Datum, das Lange und seine
Kollegen wohl nicht mehr vergessen werden. »Das war ein Sonntag, also ein Tag,
an dem unsere Logistik nicht arbeitete. Morgens um ein Uhr schalteten wir den
alten Shop komplett ab und starteten den neuen. Anschließend haben wir 24
Stunden ohne Pause durchgearbeitet. Eine Downtime von 90 Minuten war allerdings
für die Umstellung notwendig.« Eineinhalb Stunden lang war der Zalando-Shop
geschlossen. Die Kunden erfuhren nur: »Wir sind gleich wieder da«. Waren sie
dann auch. »Das war praktisch die einzige Zeit in der Geschichte von Zalando,
an der wir nicht Online waren.«
    Seit dieser Gewaltaktion gibt es auf den Zalando-Seiten
jede Woche überschaubare Software-Updates, von denen der Kunde im Idealfall
nichts mitbekommt: »Das gibt uns die Möglichkeit, zu experimentieren

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