Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
räumte auf, besprach den Telefonbeantworter mit der Nummer des Notfalldienstes und fuhr nach Hause. Herr Bär sass ganz entspannt draussen auf der Bank und rauchte, wir wünschten uns gegenseitig ein schönes Wochenende, und das wars. Lebendiger hätte er nicht sein können.“
„Hatten die beiden Streit?“
„Nicht dass ich wüsste, jedenfalls nicht in den letzten Tagen.“
„Aber früher? Gabs ab und zu mal laute Diskussionen? Paul Beniak soll ja ein sehr aufbrausender Typ sein.“
Carola kniff ihre Augen zusammen, und aus ihrer Stimme klang Ärger. „Jetzt hören Sie mir mal genau zu, Herr Pfister. Guido Bär und Paul Beniak führten eine Ehe wie jedes andere Paar auch, mit Meinungsverschiedenheiten und Streitgesprächen. Meistens war die Atmosphäre im Haus harmonisch und liebevoll, ab und zu gabs Ärger, aber das hatte oft mit der Arbeit vom Doc zu tun, nicht mit der Beziehung der beiden.“ Sie konnte sich vorstellen, worauf Pfister hinaus wollte: Schwule ticken anders als Heteros, und eine schwule Partnerschaft ist grundsätzlich konfliktanfälliger als eine Beziehung zwischen Mann und Frau. „Sie liebten sich, Herr Pfister, daran gibts nichts zu rütteln. Noch was?“
„Hartmann, der Bauer mit dem Notfall. Ist er schon lange Kunde?“
„Ja, er hat in der Umgebung den grössten Hof mit etwa achtzig Kühen. Der Doc ist mindestens einmal die Woche bei ihm. Manchmal ist es ein Kalb, das nicht gesund ist, manchmal eine Euterentzündung, manchmal eine Geburt wie gestern. Dazu besitzt Hartmann auch noch ein halbes Dutzend Pferde, eine kleine Herde Ziegen, einen Hund und ein paar Katzen. Der Doc versorgt sie alle.“
„Und die anderen Kunden?“
Carola hatte das Gefühl, Pfister stochere im Finstern. „Die Kundenkartei ist in der Praxis, ich habe die Namen nicht alle im Kopf. Ich kenne die Landwirte in der Umgebung, die Pferdehalter und dann noch ein paar wenige Hunde- oder Katzenbesitzer, die regelmässig zu uns kommen. Alles andere muss ich nachschauen.“
„Wie ist es mit dem Bezahlen der Rechnungen? Ist irgend jemand im Rückstand?“ Pfisters Stimme klang weniger autoritär als zu Anfang, aber er liess sich anscheinend nicht davon abbringen, den Mörder im Umfeld der Praxis zu suchen.
„Wenn einer bei uns grosse Schulden hätte, würde er wohl eher den Doc umbringen als Herrn Bär, der mit der Praxis nichts zu tun hat.“
„Mord geschieht auch aus ganz niederen Motiven, junge Frau, zum Beispiel indem man Rache nimmt an dem, was jemandem am liebsten ist. An erster Stelle steht aber natürlich immer Eifersucht, gefolgt von Gier. Für einen erfahrenen, altgedienten Ermittler wie mich gibt es nichts, was ich nicht schon gesehen habe.“ Wie ein Pfarrer, der seinen Schäfchen von der Kanzel herab die Leviten liest, dachte sie, und wurde richtig wütend.
„Und für mich als erfahrene Praxisassistentin im Haus von Paul Beniak und Guido Bär, geschätzter Herr Pfister“, sagte Carola laut und deutlich, „gibt es nicht den geringsten Anlass zu glauben, dass der Doc oder einer seiner Kunden irgend etwas zu tun hat mit dem Tod seines Partners.“ Sie atmete tief ein und stand auf. „Mehr kann und will ich Ihnen nicht sagen. Auf Wiedersehen.“
„Danke, und wir sehen uns sicher wieder, Fräulein Biedermann.“
Nicht wenn ich es verhindern kann, dachte Carola und schloss ihre Wohnungstüre ab. Wenn ich nochmals mit denen rede, dann sicherlich nicht mit Pfister. Die Polizei muss doch heutzutage Personal haben, das sich mit Menschen besser auskennt als dieser alte Knacker. 'Fräulein', wer sagt denn heute noch so was? Sie schenkte sich ein Glas Wasser ein und zog sich aus. Erst mal duschen, dann nachdenken. Denn Carola Biedermann besass durchaus Informationen, die die Polizei auf eine andere Spur führen konnten, weg von Paul Beniak als Verdächtigem. Nur wusste sie es noch nicht.
Angela Kaufmann gab 'Guido und Bär' in die Suchmaschine ein und erhielt 1,8 Millionen Einträge. Nummer zehn wies allerdings bereits darauf hin, dass sie ihre Suche sehr verfeinern musste: 'Guido Westerwelle von Bär attackiert' war wohl nicht ganz das, was sie suchte. Mit ein paar zusätzlichen Suchbegriffen landete sie sofort bei einer Versandbuchhandlung, wo sieben Kriminalromane des Autors Guido Bär zu kaufen waren. Der Beschreibung nach handelte es sich um Geschichten, die in und um Basel, in Baden-Württemberg und im Fricktal stattfanden, immer mit dem gleichen Kommissar und seiner treuen Truppe diesseits und
Weitere Kostenlose Bücher