Schreien staerkt die Lungen
Praxis führe ich oft Beratungsgespräche mit Eltern von Kleinkindern, die sich um das Thema Essen drehen. Rund 80 Prozent dieser Eltern äußern: »Mein Kind ist zu dünn, es isst zu wenig!« Übergewicht ist bei Kleinkindern ein selteneres Thema, das wird eher bei Schulkindern zum Problem. Der Grund für den weitverbreiteten Stress am Esstisch ist in der Regel, dass Eltern und Großeltern hier sehr viel Druck ausüben. Wird jetzt zum Beispiel noch »extra« für das Kind gekocht oder ein »kinderfreundliches« Restaurant aufgesucht, dann wird der DRUCK AUF DAS KIND , auch zu essen, naturgemäß noch stärker. Das vermindert seinen Appetit aber weiter.
Die große Aufmerksamkeit, die das Kind bekommt, das nichts mag, ist auf jeden Fall schädlich: Kinder gewöhnen sich an diese Aufmerksamkeit und essen ohne sie kaum noch etwas. Ich höre so viele Geschichten – von Eltern, die mit dem Löffel hinter ihrem Kind herlaufen, damit es noch etwas isst. Von Eltern, die den Fernseher einschalten, um ihr Kind beim Essen abzulenken und ihm so etwas mehr unterzujubeln. Ich möchte Sie ermutigen, das Thema VON ANFANG AN ENTSPANNT zu betrachten. Denn: Jedes Kind holt sich, was es braucht!
32 Unser Kind muss den Teller leer essen
Weil uns unterwegs der Hunger packt, kehre ich mit meinen Töchtern in ein Schnellrestaurant ein. Uns gegenüber sitzt ein älteres Paar, das den etwa vierjährigen Enkel in die Mitte genommen hat. Die Großeltern halten dem Kind von links und rechts die Pommes hin und reden auf es ein. Die Szene verdirbt auch mir die Freude am Essen. »Ich glaube, Ihr Enkel ist satt«, mische ich mich schließlich ein. Die Großmutter sieht das anders: »Der muss aufessen. Wenn wir da nicht hinterher sind, lässt er das ganze schöne Essen verkommen!«
»Essen Sie doch seine Portion fertig«, schlage ich vor (ich bin mittlerweile bei den Resten angelangt, die meine Töchter nicht mehr geschafft haben). Die Frau meint: »Wir haben keinen Hunger.« Der Mann fügt angewidert hinzu: »Wir essen hier nichts.«
Niemand sollte zum Essen genötigt oder gezwungen werden, wenn er es nicht mag oder einfach satt ist. Beides wissen schon Kinder selbst sehr gut. Den Eltern, oft auch den Großeltern, geht es aber meist gegen den Strich, wenn Essen auf dem Teller liegen bleibt. Sei es, weil sie sich Sorgen machen, ihr Kind werde nicht satt, sei es, weil sie nichts verschwenden wollen. Ein Kind muss jedoch nicht den Teller leer essen, auch dann nicht, wenn es ihn selbst gefüllt hat. Gerade dann nicht, denn bei Kindern sind oft »DIE AUGEN GRÖSSER ALS DER MAGEN« , sodass sie sich zu viel nehmen. Halten wir sie lieber dazu an, sich kleine Mengen auf den Teller zu tun und nötigenfalls noch mal nachzunehmen.
Damit können Sie sehr früh beginnen: Schon das Einjährige kann sich am Tisch selbst bedienen und sich Happen in den Mund schieben, wenn auch seine Tischmanieren noch zu wünschen übrig lassen. Lassen Sie Ihr Kind so viel wie möglich selbst essen, statt es weit ins zweite Lebensjahr hinein mit dem Löffel zu füttern. Legen Sie anfangs einfach ein Wachstuch unter seinen Hochstuhl, das erleichtert Ihnen das Saubermachen!.
33 Schlechte Esser muss man nötigen
»Svenja stochert im Essen herum, nimmt kaum was zu sich, ist mäkelig und wählerisch. Und Georg isst nur noch Nudeln ohne alles, und das schon seit einer Woche! Ich werde noch verrückt.«
Verständlicherweise ist die Mutter von zwei meiner kleinen Patienten genervt, da sie sich viel Mühe bei der Zubereitung der Mahlzeiten macht. Ich kann Eltern nur raten: Bieten Sie die Mahlzeiten weiter an wie bisher, und überlassen Sie es Ihren Kindern, ob und wie viel sie davon essen. Genießen Sie Ihre eigene Portion. Bekommt ein Kind ständig zu hören, wie »schlecht« oder wie einseitig es isst, wird es im Jugendalter womöglich gefährliche Diäten ausprobieren oder sich Pfunde abhungern, die gar nicht überflüssig sind. Ein Kind kann keine angemessene KÖRPERWAHRNEHMUNG entwickeln, wenn ihm noch nicht mal zugetraut wurde, selbst zu wissen, was ihm schmeckt und wann es satt ist. Ihr Kind muss nicht immer gleich viel essen, auch nicht gleich viel wie seine Geschwister in seinem Alter. Es muss nicht das Gleiche essen wie andere Kinder und nicht das Gleiche mögen wie Sie. Der Stempel »schlechter Esser« sorgt für unnötiges Leid.
So berichten viele Eltern besorgt, ihr Kind esse kein Gemüse. Meist stellt sich dann heraus, dass es doch irgendetwas »Gesundes« gibt,
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