Schreien staerkt die Lungen
und Trinken.
Kleinkinder machen meist nur noch ein Tagesschläfchen. Kommt Ihr Kind abends nicht zur Ruhe, weil es den Mittagsschlaf zu sehr ausgedehnt hat, können Sie versuchen, es mittags nach einer gewissen Zeit zu wecken – das ist aber eher mühsam. Besser: Halten Sie es mal einen Tag mit spannenden Unternehmungen wach, wie einem langen Spaziergang durch den Park, mit Spielplatz, Entenfüttern und Cafébesuch. Gehen Sie mit ihm auf den Spielplatz und lassen es sich mit anderen Kindern NACH HERZENSLUST AUSTOBEN . Wenn Ihr Kind nach so einem Tag »fix und fertig« in die Kissen sinken kann, findet es in der Regel in den »richtigen« Schlafrhythmus zurück, den es mittlerweile entwickelt hat.
Bis es so weit ist, sorgen Sie unbedingt auch gut für sich selbst: Schlafen Sie so oft wie möglich, wenn Ihr Kind schläft. Ist Ihnen das nicht möglich, ruhen Sie sich dann wenigstens aus. NEHMEN SIE HILFE IN ANSPRUCH. Zum Beispiel könnten die Großeltern oder eine Freundin das Baby im Kinderwagen ausfahren, damit Sie währenddessen zu Hause etwas schlafen können.
Letztendlich sind Menschen von Natur aus keine »Nachttiere«. Jedes Kind kriegt noch die Kurve und macht irgendwann die Erfahrung, dass nachts zu schlafen und tagsüber wach zu sein am sinnvollsten ist, weil man dann ausgeruhter und fitter ist. Hier empfehle ich Ihnen, Vertrauen in die natürliche Entwicklung Ihres Kindes zu haben – und einen langen Atem.
TIPP
Schlafprogramme können hilfreich sein
Ein »Schlafprogramm« (siehe Buchtipp > ) können Sie anwenden, wenn das Schlafverhalten Ihres Kleinkindes sehr anstrengend für Sie geworden ist, etwa wenn es nachts Spiele, Vorlesen oder Fernsehen einfordert. Das Programm funktioniert so: Alle paar Minuten lässt sich ein Elternteil beim Kind sehen und versichert ihm kurz, dass alles in Ordnung ist. Auf Forderungen des Kindes wird nicht eingegangen, bis es schließlich einschläft und sich unter Umständen in den Schlaf geweint hat. Das klingt hart, aber: Bei Kindern ab etwa einem Jahr wirkt das »Schlafprogramm« oft Wunder und kann rasch dazu führen, dass alle wieder besser schlafen und mehr mit sich selbst und miteinander im Reinen sind. Nach vier Nächten »Programm« schlief unsere damals Dreijährige wieder durch und wachte heiter auf – und wir fühlten uns wie neue Menschen. Wir spürten endlich wieder, wie lieb wir unser Kind hatten.
Vom Trösten und Tragen
Eltern verzweifeln mitunter beinahe daran, dass sie sich als unfähig empfinden, ihr Kind zu beruhigen. Oder aber daran, dass dieses Beruhigen ungemein anstrengend ist. Mit unserer ersten Tochter haben wir buchstäblich FURCHEN IN DEN SCHLAFZIMMERTEPPICH GELAUFEN . Aber was beruhigt ein Baby wirklich? Trösten wir unser Kind achtsam genug, oder geraten wir manchmal in schematische Verhaltens- oder Bewegungsmuster? Wo machen wir es uns schwer – und wo vielleicht auch zu leicht?
43 Schreien stärkt die Lungen
»Den ganzen Sommer hindurch verging wohl kein Tag, wo nicht der Wagen mit dem Bubi im Freien stand oder gefahren wurde, wenn das Geschrei zu arg war«, schreibt Hanna Beck 1910 in das Tagebuch über ihren Erstgeborenen, meinen Großvater. Der kleine Junge »schrie und schrie. Und nachts gewöhnte er sich auch nicht an das Durchschlafen, trotzdem natürlich die neueste Methode des Schreienlassens und ganz pünktlichen Besorgens in Anwendung gebracht wurde.«
Unsere Urgroßeltern konnten das Schreien ihrer Kinder ebenso wenig aushalten wie wir heute, aber sie zogen eine andere Konsequenz daraus: Mit Sätzen wie »Schreien stärkt die Lungen« wurde der Stubenwagen mitsamt seinem brüllenden Inhalt kurzerhand aus der Hörweite der Eltern gefahren. Heute, rund ein Jahrhundert später, wird der Satz »Schreien stärkt die Lungen« auch noch gelegentlich – gerne von den Großeltern unserer Kinder – geäußert. Medizinisch ist er jedoch leicht zu widerlegen: Die Lunge des Säuglings ist bei der Geburt schon voll entfaltet, Atmung und Stimmbänder funktionieren bestens, und nichts davon bedarf der »Kräftigung«. Wir wissen mittlerweile: Beim Schreien allein zu sein stärkt vor allem die Angst.
Das Schreien »abstellen« zu wollen ist ein Reflex aller Eltern. In der Regel wird heute aber nicht mehr der Kinderwagen hinters Haus gefahren, sondern die Eltern wenden sich tröstend ihrem Baby zu. Das ist auch gut so, denn durch das Schreien tut das Kind seine Bedürfnisse kund, es ist ja noch seine einzige Sprache. Wenn ein Baby
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