Schritte im Schatten (German Edition)
ziemlich ärmliche Kindheit gehabt. Aber er hatte eine Privatschule besucht. Der Krieg begann, und er traf, scheinbar zufällig, einen Mitschüler wieder, der sich erkundigte, ob er, John, Lust habe, seinem Land wirklich von Nutzen zu sein – anstatt, wie mitschwang,
lediglich
in einem der Heeresteile Dienst zu tun. Ob man es glaubt oder nicht, John wurde angewiesen, zur Lunchzeit mit einer zusammengerollten
Times
unter dem Arm in einem bestimmten Herrenclub zu erscheinen. Sein Gesprächspartner erkundigte sich nicht nach seiner politischen Einstellung; John stand sehr weit links, aber ich weiß nicht, ob er Parteimitglied war oder nicht. Er diente während des Krieges als Spion, mit Erfolg. Damals arbeiteten viele Männer mit seinem Hintergrund für die Geheimdienste, und viele waren Kommunisten oder Sympathisanten. Nach dem Krieg wurde John zu einem Kritiker des Britischen Empire und all seiner Erscheinungen und ein Afrikaexperte. Ich hatte ihn als Mitstreiter im Rahmen von Kampagnen gegen den Kolonialismus kennengelernt. Ich wollte von ihm wissen, weshalb man es ausgerechnet auf den armen Joshua abgesehen hatte. War es rechtens, dass ein unglücklicher, im Exil lebender Politiker von den Geheimdiensten verfolgt und ihm das Leben noch schwerer gemacht wurde, als es ohnehin schon war, indem man ihn mit Koffern voller Geld zu bestechen versuchte? Und was sollte diese ganze Geschichte mit den Arabern?
John zog los, konsultierte seine wahren Herren, die Meisterspione, und fragte sie, was er tun solle. Der Brief, den ich daraufhin bekam, hätte von einem Abteilungsleiter im Ministerium für Drumherumreden verfasst worden sein können. Er besagte nichts, einfach überhaupt nichts: Er war ein Meisterwerk an Nichtinformation, und ich behielt ihn jahrelang und las ihn von Zeit zu Zeit voll Bewunderung für diese Leistung. Er ist bei einem meiner vielen Umzüge verloren gegangen. Sein Äquivalent auf einem angrenzenden Gebiet würde ungefähr folgendermaßen lauten:
»Sie behaupten, die Polizei habe die Familie in der X-Straße drangsaliert, aber erstens können wir auf der Karte die X-Straße nicht finden, und zweitens, welche Beweise haben Sie dafür? Wir verfügen über keinerlei Informationen, die Ihre Anschuldigung stützen, welche ohnehin nicht richtig formuliert ist. Wie Sie wissen, besteht unsere Politik darin, alle Bürger dieses Landes gleich zu behandeln, und da es unmöglich ist, dass ein schwarzer Bürger für diese Art von Behandlung herausgegriffen wird, entbehrt Ihr Schreiben jeglicher Grundlage.«
Die Sache mit den Arabern ist bis heute ein Geheimnis geblieben.
Joshua war zum Essen bei mir, und während wir uns über die Methoden dieses unseres ach so großartigen Landes unterhielten, sagte er: »Du bist eine gute Köchin, ich möchte, dass du meine Frau wirst. Und es ist eine Wohltat, dass ich dir nicht die afrikanische Politik erklären muss.«
»Aber ich habe schon einen Mann«, sagte ich.
Joshua lachte. Er war ein sehr großer, liebenswerter Mann mit einem guten, tiefen Lachen, das seinen ganzen Körper erschütterte. »Dann gib ihm den Laufpass und nimm stattdessen mich«, sagte er.
Diesen romantischen Antrag machte er noch mindestens zwei weiteren seiner anderen Beraterinnen – denen, mit denen ich in Verbindung stand –, mit denselben Worten und unter denselben Umständen, das heißt, während einer guten Mahlzeit.
Bald bekam ich Joshua nicht mehr zu Gesicht, weil die Exilpolitik ihn mit Beschlag belegte. Aber ich hörte ihn sprechen. Was für ein Redner! Was für ein großartiger Mann! Wenn je ein Mann sein Publikum in Bann geschlagen hat, dann war er es. Und dann kamen die Jahre des Exils in seinem eigenen Land, abgeschnitten von allem, was gut, freundlich, erfreulich und anständig war, in einem Internierungslager, das genauso gut auf dem Mond hätte liegen können. Diese brutale Behandlung geht auf das Konto von Ian Smith.
Ein Besucher verdient eine spezielle Erwähnung. Es war ein Hexer aus Brighton, einer Stadt, die aus unerfindlichen Gründen immer ein Lieblingsort von Hexen und Hexern war. Ein weißer Hexer, betonte er; ich musste wirklich begreifen, dass es gute und böse Hexen gab, und er war ein Hexer und kein Zauberer, was etwas völlig anderes war. Er musste unbedingt Sex mit einer Jungfrau haben, um seine spirituelle Entwicklung zu fördern, aber er konnte kein Mädchen finden, das wirklich noch Jungfrau war, makellos, mit einem unversehrten Hymen. Er hatte ganz
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