Schritte im Schatten (German Edition)
Großbritannien nach einer abgesucht. Ich fragte ihn: »Aber wie machen Sie das? Gehen Sie herum und fragen Mädchen: Ist dein Hymen noch intakt?«
»Sie sind so ignorant, was ihre Körper angeht, dass sie nicht einmal wissen würden, was ein Hymen ist. Nein, Sie verstehen das nicht. Wenn man offen und ehrlich mit jemandem spricht, wird man ebenso behandelt. Ich erkläre meine Situation, und sie hören zu, ich stelle ein paar Fragen, aber dann stelle ich fest, dass sie keine wirklichen Jungfrauen sind.« Er war ein magerer, mausgrauer Mann mit glattem, farblosem Haar und grünlichen Augen, die meiner Erfahrung nach nicht auf dem Gesicht seines Gesprächspartners ruhten, sondern einen Punkt seitlich davon fixierten, während er angesichts der Schwierigkeiten seiner Situation die Stirn runzelte. Dies war ein gequälter Mann. Er lächelte nie. Gott behüte, dass ich lachte oder lächelte. Verzweifelnd, dass es ihm nie gelingen würde, in England eine wahre Jungfrau zu finden, ging er nach Irland, weil, wie er sagte, die irischen Mädchen eine frische und natürliche Einstellung zum Sex hätten, die in England seit Langem verloren gegangen sei. Dort fand er eine vierzehnjährige Jungfrau, im County Clare. Er hatte vor, sie zu heiraten, und teilte ihr das mit; er sagte, sie müsse für ihn unberührt bleiben, denn von Rechts wegen durfte er sie nicht heiraten, bevor sie fünfzehn war. Er sagte zu ihr: »Mach dich dort unten nicht kaputt. Bleib mit deinen Händen fort. Es ist eine Tragödie; Mädchen begreifen es nicht, aber sie haben einen Schatz, ihre Jungfräulichkeit ist von unschätzbarem Wert, und sie behandeln sie, als wäre sie nur ein Stückchen Fleisch.« Eine sehr, sehr lange Wartezeit, beklagte er sich bei einem Besuch – oder zweien oder dreien –, bei denen er voll verdrießlicher Ungeduld dasaß, mit zuckenden Knien, und ununterbrochen einen Knopf oder seine Krawatte befingerte, denn er war immer ordentlich angezogen, sauber und respektierlich. Das Gesetz war dumm. Mädchen sollten heiraten dürfen, sobald die Menstruation eingesetzt hatte. In den alten Zeiten war man klüger. Mädchen heirateten mit zwölf oder dreizehn, wie von der Natur vorgesehen.
Er war sehr beschäftigt, denn er war Vorsteher seines Zirkels und Berater aller Mitglieder in emotionalen und magischen Angelegenheiten. Er konnte nicht so oft nach Irland fahren, wie er es gern getan hätte. In Hexenangelegenheiten in Brighton festgehalten, schickte er seinen besten Freund ins County Clare, damit er dem Mädchen sagte, es solle abwarten, die Zeit vergehe, wenn auch langsam, und bald … Ja, die klassische Geschichte … und er besuchte mich, ganz Bitterkeit und Betrogenheit. »Und er ist nicht einmal ein Hexer, er ist keiner von uns, für ihn macht es keinen Unterschied, ob er Sex mit einer Jungfrau hat oder nicht. Und es war nicht einmal eine ernste Sache, es war nur eine Affäre, und nächstes Jahr geht sie auf die Universität.«
Das war nicht seine einzige Besessenheit. Er wollte Sex mit kleinen Mädchen haben; das war kein Teil seiner Suche nach einer Jungfrau, da kleine Mädchen für seinen Weg zur spirituellen Entwicklung nicht von Nutzen waren. »Jeder kann sehen, was kleine Mädchen wollen«, sagte er. »Sogar ein Mädchen von fünf oder sechs lässt einen zusehen, wie es Pipi macht, zappelt herum, fordert einen heraus. Nun, wenn es nicht das ist, was sie wollen, was ist es dann?«, fragte er, aber immer, ohne mich direkt anzusehen, sondern stets etwas anderes, eine Wand vielleicht, auf die seine Fantasien projiziert waren, und inzwischen redete seine erbitterte Stimme immer wieder: »Man kann sehen, was sie wollen, aber wenn man sie nur mit dem kleinen Finger berührt, landet man im Gefängnis.«
Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Ich habe seinen Namen nie in den Zeitungen gesehen. Manchmal frage ich mich, ob diese traurige Seele, inzwischen mindestens siebzig Jahre alt, zwischen Nächten, in denen er nackt unter dem Mond tanzt, immer noch seinem Traum durch ganz Großbritannien und Irland folgt. »Bist du noch Jungfrau? Willst du dich für mich bewahren?« … Begreifen Sie denn nicht, wenn man ihnen etwas fair und unumwunden darlegt, dann verstehen sie immer.
Doch hier ist ein echtes Problem. Man ist sich allgemein darüber einig, dass die sexuelle Befreiung in den sechziger Jahren einsetzte. Der Dichter Philip Larkin hat es so ausgedrückt: Sex begann 63 . Das war sarkastisch gemeint, aber wenn man ihn
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