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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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Zeit über ließ er den Zimmerschlüssel nicht aus den Augen; ich war mir sicher, dass ich ihn erst bekommen würde, nachdem ich ihm das Buch signiert hatte.
    In Washington hielt ich einen Vortrag vor einer überaus seriösen literarischen Organisation. Von dem Komitee anschließend zum Essen eingeladen, hatte ich noch nicht einmal richtig Platz genommen, als vor mir ein Stapel meiner Bücher auftauchte und ich hören musste: »Wenn Sie Ihr Essen haben wollen, müssen Sie das vorher signieren.« Ein Scherz.
    Mitte der fünfziger Jahre passierte Folgendes: Michael Joseph verkaufte seinen Verlag an einen großen Konzern, aber nur unter der Bedingung, dass, falls der Verlag neuerlich weiterverkauft würde, man die für den Verlag arbeitenden Leute konsultierte. Kurze Zeit später wurde der Verlag tatsächlich an – glaube ich – die
Illustrated London News
verkauft, und die Mitarbeiter erfuhren erst davon, als die Verkaufsnachricht über den Fernschreiber tickerte. Ein paar kündigten. Wir Autoren hielten das für empörend. Inzwischen haben wir den Punkt erreicht, dass es nichts Ungewöhnliches mehr darstellt, dass Dutzende von Lektoren und Mitarbeitern eines Verlags auf die Straße gesetzt werden und ihn binnen weniger Wochen verlassen müssen. An das Verhältnis, das sich zwischen Autor und Lektor entwickelt hat, wird kein Gedanke verschwendet. Heute werden die in einem Verlag arbeitenden Lektoren genauso rücksichtslos behandelt wie die Autoren.
    Es ist eine interessante Tatsache, vielleicht die bezeichnendste von allen, dass die Autoren nie konsultiert werden, wenn ein Verlag den Besitzer wechselt. Wir unterschreiben Verträge mit einem Verlag, vielleicht aufgrund seines guten Rufes oder weil wir einem bestimmten Lektor vertrauen oder ihn mögen, aber letztendlich spielt das keine Rolle. Heutzutage sind wir Stückgut, Gebrauchsgegenstände wie die Bücher, die wir schreiben.
    In den alten Zeiten geschah es höchst selten, dass man einen Brief wie diesen bekam, der bald an der Tagesordnung sein sollte: »Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich diesen Verlag verlasse und zu … wechsle. Es tut mir außerordentlich leid, weil es mir sehr viel Freude bereitet hat, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Ich hoffe, wir können bald einmal miteinander zum Essen gehen. Ich würde es begrüßen, wenn wir eines Tages wieder miteinander zusammenarbeiten.« Ganz zu Anfang, bevor Verlage wie Tüten voller Lebensmittel gekauft und verkauft wurden und die Lektoren von Verlag zu Verlag wanderten, erwartete man von den Autoren, dass sie ihrem Verlag gegenüber »Loyalität« bewiesen. Aber schon bald, nachdem die Autoren gesehen hatten, was vor sich ging, folgten sie demselben Begriff von Loyalität wie ihre Verleger und wechselten den Verlag nach Gutdünken, in der Regel im Gefolge eines Lektors, zu dem sie ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hatten. Als auch diese »Loyalität« schwand, verlor sich etwas, das viel tiefer reichte als ein bloßer Vertrag.
    Das Schlimmste, was der Literatur passieren konnte, trat ein, als Superreiche, Multimillionäre, Lust auf den Besitz von Verlagen bekamen. Der Rausch der Macht: Wer von ihnen interessiert sich für Literatur? Beinahe über Nacht zwangen sie die Verlage dazu, sich zu verhalten wie jeder andere Industriezweig. Keiner der bedeutenden Verlagskonzerne bringt das sogenannte große Geld, also bleibt uns die Hoffnung, dass diese Superreichen bald das Interesse verlieren werden, und wenn wir Glück haben – oder träume ich nur? –, brechen diese unnatürlichen Verlagskonzentrationen schon bald wieder auseinander. Auf diesem Gebiet ist das Kleinere ganz eindeutig das Schönere. Vielleicht kehren wir dann zu einem Zustand zurück, bei dem den Verlegern daran gelegen ist, dass ihre Bücher anständig produziert und sogar sorgfältig korrigiert werden. Denn den Lesern dürfte mittlerweile aufgefallen sein, dass Bücher nicht mehr das sind, was sie einmal waren: Es wimmelt darin von Druckfehlern. Das passiert, weil die Verlage, von den »Kaufleuten« an allen Ecken und Enden zum Sparen gezwungen, oft nicht einmal mehr Korrektur lesen lassen, es sei denn, der Autor schlägt Krach und besteht darauf.
    Das Wissen darum, dass es dem Verleger völlig gleichgültig ist, ob es im Text von Druckfehlern wimmelt oder Papier und Einband von der billigsten Sorte sind, ist natürlich nicht dazu angetan, das Vertrauen und das Selbstbewusstsein des Autors zu fördern.
    Aber es ist nicht ausschließlich

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