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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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interessierte, verband mich kein auch nur im Ansatz vergleichbares Verhältnis. Sein Kompagnon Robert Lusty lud mich zum Essen ein und gestand mir, dass er nie Bücher las, sondern nur fernsah. In seiner Anfangszeit wurde das Fernsehen ziemlich verachtet. Diese beiden Männer hassten einander, und da sie nicht imstande waren, auf die übliche Art miteinander zu verkehren, verständigten sie sich mittels Notizen, die von ihren Sekretärinnen zwischen den beiden nebeneinanderliegenden Büros hin- und hergetragen wurden. Ich weiß nicht, ob das das gute Funktionieren der Firma beeinträchtigt hat. In dieser Zeit verließ ich mich auf Juliet O’Hea, wenn ich Hilfe brauchte.
    Was mit dem Verlagswesen passiert ist, ist ein gutes Beispiel für den Grundsatz, dass Dinge sich oft in ihr Gegenteil zu verkehren pflegen. Das genaue Gegenteil des langsamen und verlässlichen Wachsens eines Rufes, will sagen, dass Bücher von Leuten gekauft werden, die ein persönliches Interesse an ihnen haben, ist Folgendes: Im vorigen Jahr wurde ich von einer jungen Frau von der
New York Times
interviewt, und was dabei herauskam, war ein seichter und oberflächlicher Artikel. Ein paar Tage später rief mich mein Verleger an und sagte, auf diesen Artikel hin seien tausendfünfhundert Exemplare des Buches (
Unter der Haut
) an eine große Ladenkette verkauft worden (was nicht bedeutet, dass sie auch alle gelesen werden). Der Kaufimpuls ist von außen gekommen – ein Anstoß durch ein Interview oder einen Auftritt im Fernsehen –, aber diese Art von Anreiz bedeutet nicht, dass dem Leser das Buch gefallen wird. Impulskäufe führen nicht notwendigerweise zu ernsthafter Lektüre. Die Wurzeln des Problems liegen in dem Umstand, dass in den Verlagen für gewöhnlich die Buchhalter das Sagen haben. Sie interessiert nicht die literarische Qualität eines Buches, sondern nur, wie es sich verkauft, die Autoren werden nach ihren Auflagen beurteilt. Aber etliche Autoren, und das sind mitunter die besten, kommen nie über den Verkauf von ein paar hundert oder ein paar tausend Exemplaren hinaus. Trotzdem haben sie einen starken, weitreichenden, tief gehenden Einfluss. Die wahren, die guten Bücher, diejenigen Bücher, die Maßstäbe setzen oder für ein ganzes Land oder eine Kultur tonangebend sind, wurden stets nur von einer Minorität gelesen, und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Kein noch so großer Aufwand an »Promotion« wird aus einem derartigen Buch einen Bestseller machen, er führt lediglich dazu, dass sich unverkaufte Exemplare in Lagerhäusern zu Bergen türmen und irgendwann eingestampft werden.
    Die riesigen Verlage, die internationalen Konzerne, sind gut für »Blockbuster«, für Bestseller, und sogar für manche ernsthaften und bereits bekannten Schriftsteller, die dort gut behandelt und gehätschelt werden. Zu denen gehöre ich, und ich bin dankbar dafür. Zwischen den Buchhaltern und den Kaufleuten sitzen versteckt Menschen, die sich leidenschaftlich für Literatur interessieren, aber sie neigen dazu, eine gequälte Miene aufzusetzen, und man kann sie murmeln hören: »
Früher
habe ich mich leidenschaftlich für Literatur interessiert, aber jetzt habe ich keine Zeit mehr zum Lesen.« Denn sie sind fürchterlich überarbeitet. Gute Bücher werden weiterhin verlegt, gute Autoren überleben auch weiterhin, aber es lastet ein enormer Druck auf den »kleinen«, den ungewöhnlichen, den besonderen Büchern.
    Jeder von uns, dem Literatur am Herzen liegt, hat eine Liste von Büchern, die vergriffen sind oder überhaupt nicht publiziert wurden oder bei denen, wenn sie denn publiziert wurden, die Verleger sich nicht die Mühe gemacht haben, sie auch zu verkaufen. Auf lange Sicht wird das Vernachlässigen gerade dieser nicht »publikumswirksamen« Bücher das gesamte Verlagswesen nachteilig beeinflussen. Vor Zeiten wussten die Verleger einmal sehr genau, wie wichtig diese Bücher sind, jedes eine kleine Quelle überschäumender Vitalität. Einige von uns werden sich noch wehmütig an die Tage erinnern, an denen ein Verleger sagte: »Weder Sie noch ich werden an diesem Buch etwas verdienen, aber es sollte publiziert werden.«
    Die andere tief greifende Veränderung verbindet sich mit dem Begriff »Promotion«. Unter Autoren geht der traurige Witz um, dass wir, wenn wir ein Buch geschrieben haben, es auch verkaufen müssen. Aber es ist kein Witz. Es hat mich dreieinhalb Monate meines Lebens gekostet – Schreibzeit –, um

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