Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
weggucken!"
"Also gut." Der Alte zog den Kittel aus und streifte seinen Pullover hoch. Sänger blickte auf eine Schar von roten Flecken, angesichts derer die Darstellung des Mannes eine Untertreibung war. Sein Körper war voll davon.
"Wie halten Sie das aus?", fragte Sänger verwundert.
"Junger Mann, wenn Sie wüssten, was ich aushalten musste, würden Sie diese Frage nicht stellen."
Sänger verstand, was der alte Mann ihm sagen wollte. Wie schrecklich er sein Leben lang hatte leiden müssen, konnte wohl niemand nachvollziehen.
"Warum sind Sie nicht zu einem Arzt gegangen?
"Weil ich so etwas nicht schlimm finde."
"Sie leiden an einer akuten Vergiftung! Sie müssen sofort behandelt werden. Ich nehme Sie gleich mit!"
"Vergiftung sagen Sie? Wo soll ich mich vergiftet haben?" Der Mann war sichtlich verwirrt.
"Ist Ihnen an dem Sand was aufgefallen?"
"An welchem Sand?"
"An dem Sand, in dem Sie den Lauch vergraben haben?"
"Nein, was soll mir aufgefallen sein?"
"Haben Sie mit Handschuhen gearbeitet?"
"Nein, Sand fasse ich gerne mit den Händen an. Ich finde nicht, dass Sand schmutzig ist."
Sänger lächelte und freute sich über die Erdverbundenheit des alten Mannes. "Normalerweise finde ich das auch nicht. Aber vermutlich ist dieser Sandboden vergiftet!"
Der Alte und Mainzer kreuzten die Blicke.
"Was sagen Sie da? Wieso glauben Sie das?", fragte der Händler aufgebracht.
"Kommen Sie mit!" Sänger durchschritt die Halle und ging auf das Loch im Boden zu, wo der Lauch vergraben war.
"Bringen Sie ne Schaufel mit", rief er Mainzer zu.
Mainzer lief zur anderen Ecke und holte eine kleine Gärtnerschaufel, mit der Sänger eine Probe von dem Sandboden entnahm. Er ging ein paare Schritte zurück und schnupperte an der Schaufel, die er vorsichtig vor sein Gesicht hielt. Mainzer, der ihm gefolgt war, sah ihm zu und beobachtete, wie er die Nase rümpfte. Wortlos hielt Sänger ihm die Schaufel hin. Mainzer prüfte mit einem vorsichtigen Zug die eingesogene Luft und zuckte zurück, als der beißend aromatische Geruch in seine Atemwege stieg.
"Was ist das?", hüstelte er.
"PCB! Der Sand ist voll davon."
"Wieso haben wir hier drin nichts davon ..." Als Mainzer die Frage formulierte, hingen seine Augen an dem riesigen Ventilator, der sich genau über der Stelle befand, wo der Lauch vergraben war. Er stemmte die Hände in die Hüften und fügte begreifend hinzu: "… gerochen?"
"Der Ventilator hat die Hallenluft gereinigt und die Ausdünstungen abgesogen", schloss der Alte. "Und ich hab sowieso nix gerochen."
"Sagen Sie, haben die Kinder Ihnen mal geholfen, Lauch zu vergraben?", wandte sich Sänger an den Alten.
"Ja, vor ein paar Wochen."
"War der Sohn des Hauses auch dabei?", fragte er.
"Hm … nein. Er war damals krank, glaube ich. Er hatte Grippe und Fieber." Sein Blick suchte bei Mainzer Bestätigung.
"Ja, das ist richtig. Mein Sohn hat fast eine Woche im Bett gelegen."
"Ich habe die beiden trotzdem hier hineingelassen", sagte der Alte. "Die sind ja fast jeden Tag hier."
Sänger bemerkte, dass dem Händler der Kopf rauchte. "Au Mann oh Mann, was kommt da auf mich zu …" Er hatte Angst, Angst vor Geschäftsschädigung, vor gerichtlichen Folgen.
"Herr Mainzer, ich glaube, Sie müssen uns und den Behörden jetzt behilflich sein, den Verursacher dieser Schweinerei dingfest zu machen. Denken Sie an die zwei Kinder. Und an die mittlerweile anderen Erkrankten – und daran wie leicht es Ihren Sohn ebenfalls hätte erwischen können."
"Wer hat denn das da verbrochen?"
"Das war vermutlich die ICCO. Ihr Nachbar!"
"Diese Säcke! Ich drehe denen den Hals um! Mir kauft doch kein Mensch mehr Gemüse ab! Ich bin ruiniert, wenn das bekannt wird!" Mainzer warf seine Arme haltlos durch die Luft.
"Wir werden Sie in jedem Fall unterstützen. Sie haben mein Wort."
"Wer ist 'wir'?"
"Das sind die zuständige Ärztin beim Gesundheitsamt, ich und ein Gutachterbüro, das sie so schnell wie möglich beauftragen sollten, den Schaden hier zu dokumentieren. Das Büro nennt sich BUTec. Ich denke, Sie haben gute Karten, wenn Sie selbst Anzeige erstatten. Melden Sie den Vorfall beim Umweltamt der Stadt Aachen. Dadurch sind Sie offiziell der Entdecker und politisch aus der Schusslinie."
*
"Morgen, Frau Kollegin. Treten Sie ein und nehmen Sie bitte Platz. Möchten Sie einen Kaffee?" Der Tonfall Tackes klang unehrlich freundlich.
"Ja, danke. Mit Milch und Zucker!"
"Na, Sie wissen ja, dass das nicht gerade das Gesündeste
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