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Schroedingers Schlafzimmer

Titel: Schroedingers Schlafzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Woelk
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japanisch dekorierten Melanintisch und dem Regal mit den Samtkissen zurückgezogen. Sie trennte die Verbindung und sammelte sich eine Sekunde. Das Gespräch hatte sie aufgewühlt, vor allem, weil sie Helma gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen war: Aus irgendeinem Grund hatte sie es für sich behalten, daß Schrödinger am Tag zuvor auch bei Oliver gewesen war, um sich eine Brille anpassen zu lassen. Diese Information hätte Helma im Gegenzug ganz eindeutig zugestanden. Es war nicht sehr fair gewesen, sie ihr vorzuenthalten.
    Noch bevor sie sehen konnte, wer den Laden betreten hatte, sagte eine angenehme Baritonstimme: »Guten Tag.«
    Balthasar Schrödinger, der Magier, stand neben dem Regal mit den blauen Art-déco-Vasen. Als Do auf ihn zu trat (sie nahm sich vor, ihn ganz so zu behandeln wie jeden anderen Kunden, der in den Laden gekommen wäre), sah er auf und rief voller Begeisterung in seiner sonoren Art aus: »Do, was für eine Freude, Sie zu sehen! Ich hatte es, ehrlich gesagt, gehofft. Aber wie hätte ich wissen sollen, wann Sie hier Dienst haben.«
    |69| Er trug eine luftige, helle Baumwollhose, ein blau-weiß feingestreiftes Hemd und eine offene schwarze Weste aus Nappaleder. Do war sich nicht sicher, ob er eher wie ein Vertreter oder wie ein Künstler aussah. Er nahm ihre Hand, die in seinen großen Pranken verschwand wie ein Tischtennisball. Sie sagte: »Hätten Sie nicht einfach in eine Ihrer Kristallkugeln gucken können?«
    Beinahe ernst sagte er: »Do, da sehen Sie es: Wir Zauberer sind ebenso schlimm dran wie Ärzte. Immerzu werden wir auf unsere besonderen Fähigkeiten reduziert. Und dann wird auch noch alles in einen Topf gemanscht: Hexerei, Hellseherei, Schwarzkunst, Geisterbeschwörung, Okkultismus, professionelle Magie, Taschenspielertricks – einfach alles   … Aber Sie haben ja recht. Was erwarte ich denn?
Ich
bin es, der unter Verfolgungswahn leidet. Bei allem, was ich mache, frage ich mich auf der Stelle, wie es um meinen Ruf als Zauberer steht. Das ist krankhaft, absolut paranoid! Das geht soweit, daß ich mich frage, ob ich überhaupt eine Geschenkboutique betreten darf. Hören Sie, Do: Jemanden zu beschenken und jemanden zu bezaubern ist ja fast dasselbe. Sich zu beschenken ist ein uraltes magisches Ritual. Denken Sie nur an diese ganzen prächtigen Grabbeigaben oder barbarische Schlachtopfer: Man bringt blutrünstigen, grausamen Gottheiten Opfergaben dar, um sie zu besänftigen. Man schenkt einen Hammel her, um gutes Wetter für die Ernte zu zaubern. Es ist wahr, der ursprüngliche Sinn von Geschenken war es, irgend etwas herbeizuzaubern, und so wie ich die Dinge sehe, ist alles, was einmal Magie war, heute Psychologie. Im großen und ganzen hat sich nicht viel geändert: Geschenke |70| sollen uns von bestimmten Tatsachen ablenken, zum Beispiel daß wir älter werden oder daß unsere Ehe im Eimer ist. Das Mittelalter läßt grüßen, sage ich da nur, als man noch an Schicksal geglaubt hat und daran, daß man mit ein paar Geschenken und Ablässen am eigenen Glück herumtüfteln kann. Aber sehen Sie, genau da liegt das Problem: Ich als Zauberer sollte es einfach
nicht nötig
haben, Geschenke zu kaufen, mir sollten direktere Kanäle der Einflußnahme zur Verfügung stehen – jedenfalls bin ich neurotisch genug anzunehmen, daß man das hinter meinem Rücken herumflüstern könnte. Und eins ist ja klar: Es ist absolut mißlich, wenn der Ruf, ein Zauberer zu sein, erst einmal angeknackst ist. Schließlich ist die halbe Miete beim Zaubern der Glaube des Publikums, es mit einem Zauberer zu tun zu haben. Aber das soll nicht Ihre Sorge sein.« Er klopfte mit dem Fingerknöchel gegen eine der kobaltblauen Art-déco-Vasen. »Habe ich Ihnen übrigens schon erzählt, daß ich ein absoluter Fan von Art déco bin? Meine gesamte Wohnungseinrichtung besteht daraus. Sie müssen dringend einmal vorbeikommen, Sie haben ja Sinn für diese Dinge! Also das verabreden wir jetzt, keine Widerrede. Sie müssen nur noch mit Ihrem Oliver auskaspern, wann es Ihnen am besten paßt. Ich habe genaugenommen immer Zeit. Sagen Sie mir einfach Bescheid, wir ziehen das ganz zwanglos durch, nur kein Brimborium, kleine, formlose Sache, lockere Kleidung, ich halte es am liebsten freizeitmäßig.« Danach fing er an, im Laden herumzustreifen. »Ich bin übrigens nicht wegen eines Geschenks hier, sondern suche ein paar klassisch gebundene Schreibhefte, am besten unliniert. Sie haben |71| doch gewiß solche fadengehefteten

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