SchrottT (German Edition)
mutmaßlichen Gastgeber dazu, an ihm vorbei hinauszustürmen, um die Catering-Lieferanten einzuweisen wie ein Fluglotse eine Boeing 747 mit kaputten Bremsen.
»Übrigens«, flüsterte Lars-Peter, während die Truppe Platz machte und sich für die Tischreihe in der Mitte des Raums entschied, »der hyperaktive Herr heißt Sauland. Macht bitte keine Scherze über seinen Namen, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.«
Colin zog einen Stuhl zurück und setzte sich darauf. Blondy schüttelte den Kopf und murmelte so was wie: »Kavaliere finde ich hier wohl nicht.« Dann setzte sie sich daneben. »Und was spielt er für eine Rolle?«, fragte Colin.
Lars-Peter schien Angst zu haben, neben ihm Platz zu nehmen, und sah sich nach allen Seiten nach einer Alternative um. Davon gab es aber einfach zu viele, also blieb er hier, zumal sich auch Spanisch direkt gegenübersetzte. Nur Tier hielt einige Stühle Abstand. Colin fragte sich, ob er das freiwillig tat oder ob Blondy ihm das auch befohlen hatte, möglicherweise aufgrund seines herben Geruchs.
»Hier«, flüsterte Lars-Peter und zeigte Colin sein Handy. Das stellte gerade eine digitale Visitenkarte dar, auf der stand: Dr. Friedrich D. Sauland, Vice President Event Management, EuroXCom AG.
»Zeig mal«, sagte Blondy und las die Visitenkarte dreimal.
»EuroXCom«, murmelte Colin und versuchte, die verschlungenen Buchstaben auf der Leinwand mit diesem Konzernnamen in Einklang zu bringen.
»Der Sponsor der Konzerthalle. Vertraglich ist das Ganze etwas kompliziert«, erklärte Lars-Peter und sah zwischen den kleinen Getränkeflaschen hin und her, die in der Mitte des Tisches aufgereiht waren. »Es läuft jedenfalls darauf hinaus, dass der Konzern nach jeder Veranstaltung eine After-Show-Party schmeißt, auf der unter anderem die Firma in einer kurzen Präsentation vorgestellt wird.«
Plötzlich tauchte eine Bierflasche vor Colins Gesicht auf. »Krieg sie nicht auf«, sagte Tier und versuchte erfolglos, möglichst wenig zu stinken. Colin nahm die Flasche und schickte sich an, sie an der Tischkante zu öffnen. Aber Lars-Peter riss sie ihm aus der Hand und nahm den Öffner, der auf dem Tisch bereitlag. Er war rosa und mit dem EuroXCom-Logo verziert. Der Öffner wurde nie wieder gesehen, allerdings verzweifelte Tier fürderhin auch nie mehr an verschlossenen Bierflaschen.
Unterdessen trugen die Angestellten des Catering-Unternehmens ein Tablett nach dem anderen herein, stöpselten Warmhalteplatten in Steckdosen und türmten Geschirr und Süßspeisen auf, immer umschwärmt von Dr. Sauland, der anscheinend die Fähigkeit besaß, an mehreren Stellen gleichzeitig zu sein. Oder er besaß sie nicht , versuchte aber eifrig, diesen Mangel zu kaschieren. Schließlich war Essen für mehrere Hundert Personen aufgefahren, und das Catering-Team trollte sich.
Sauland trat zu den sechs Personen – James war inzwischen hinzugestoßen – am mittleren Tisch. »Ha ja, das war ja sicher eine anstrengende Veranstaltung heute, was? Dann sind wir ja froh, dass wir hier heute noch ordentlich was zu futtern kriegen, was?«
Colin räusperte sich. »Wann kommt denn der Rest der Gäste?«, fragte er betont vorwurfsfrei.
Einen Moment lang wurde es so still, dass man Tiers Geruch hören konnte.
Das brachte wieder Leben in Dr. Sauland. »Anscheinend gab es ein Problem beim Versand der Einladungen«, verkündete er begeistert. »Unser Mailsystem ist schon älter, wissen Sie? Ha ja.«
»Oder es hatte niemand Lust zu kommen«, versetzte Blondy.
»Ha ja, die wussten eben nicht, dass eine hübsche Frau kommt, nicht wahr?«, sagte Sauland und hüpfte in seinem Stuhl auf und ab. »Ha ja, damit wir gleich was essen können, fange ich mal besser mit der Powerpoint an, was?«
»Können wir auf die Präsentation nicht verzichten? Angesichts der überschaubaren Zuschauerzahl?«, fragte Colin ohne große Hoffnung.
»Leider nicht«, sagte Sauland und sah zum ersten Mal an diesem Abend ehrlich traurig aus. »Vertragliche Vereinbarungen, Sie verstehen sicher.«
James’ Magen knurrte so laut, dass Colin der Verdacht kam, der Gitarrist könne dieses Geräusch bewusst steuern.
Sauland stellte sich vor die Leinwand und begann seinen Vortrag. »Zunächst darf ich im Namen des Vorstands von EuroXCom und des Event-Management-Teams alle Besucher herzlich willkommen heißen zur heutigen After-Show-Party mit der Band Crap Metal.«
Lars-Peter stöhnte leise.
Sauland hörte das anscheinend nicht und befahl: »Next
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