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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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bitte?«, machte Colin. »Jeder von uns?«
    Der Beamte sah Colin über den Rand seiner Brille hinweg an. »Jetzt hören Sie mir mal zu. Was glauben Sie, warum wir die hocheffizienten digitalen Arbeitskarten eingeführt haben? Um Verwaltungsaufwand zu sparen. Wenn die altmodischen und umständlichen Formulare nichts extra kosten würden, wer würde dann die elektronische Karte verwenden?«
    »Keiner«, sagte Colin automatisch.
    »Richtig«, sagte der Beamte und richtete seinen Bleistift auf Colin. »Schließlich muss ich anschließend die Formulare noch in der Datenverarbeitung erfassen.«
    »Bitte?«
    Der Beamte seufzte. »Abtippen.«
    »Das ist ja schrecklich!«, rutschte es Colin heraus.
    »Hier«, sagte Lars-Peter und fuchtelte mit einem 20-Euro-Schein, »vier fünfzig mal vier, das macht achtzehn Euro. Ich hoffe, Sie können auf den Zwanziger rausgeben und schicken uns nicht zur Kasse der Gaststätte drinnen, um ihn kleinzumachen.«
    »Versuchen Sie nicht, witzig zu sein«, versetzte der Beamte. »Sie müssen sonst damit rechnen, sich eine Anzeige wegen Behinderung eines Landesbeamten einzuhandeln.«
    Colin fing innerlich an zu kochen. Er schnappte nach dem Geldschein und knallte ihn auf den Schreibtisch. »Behalten Sie den Rest«, zischte er.
    Der Beamte zog eine Braue hoch. »Bestechung?«
    »Trinkgeld.«
    »Für zwei Euro bekommt man in einer Autobahnraststätte nichts zu trinken«, mischte sich James ein.
    »Und ohne Urlaub auf der Arbeitskarte darf ich die Gaststätte selbstverständlich nicht betreten«, ergänzte der Beamte freundlich. »Übrigens ist dieses Formular hier nicht in Ordnung.« Er wedelte mit einem Blatt.
    »Es pressiert langsam«, nuschelte Tier.
    »Oh-nein-oh-nein …«, hauchte Lars-Peter, denn es war sein Formular, das nicht die Gnade des Beamten gefunden hatte.
    »Sie können sich nicht selbst oder gegenseitig als Arbeitgeber eintragen. Mindestens der Arbeitgeber muss eine Sondergenehmigung vorlegen, wenn er sich nicht mit einer Arbeitskarte als urläubig ausweisen kann. Das sollten Sie als … Arbeitgeber eigentlich wissen.«
    »Ich …« Lars-Peter schluckte.
    Colin ballte die Faust. »Woher soll er das wissen? Wo wir herkommen, da gibt es solche bürokratischen Albernheiten nicht.«
    Der Beamte stutzte. Er schien abzuwägen, ob er Colin für seinen Affront sofort lynchen oder doch nur wegen Hochverrats verklagen sollte. »Woher …«, sagte er langsam, »woher kommen die Herren denn?«
    »Aus Heidelberg«, sagte Colin. »Baden-Württemberg, um genau zu sein.« Er zauberte aus seiner Geldbörse seine Ausweiskarte hervor und hielt sie dem Beamten vors Gesicht.
    Der Seitenscheitel verrutschte um zwei Millimeter, als der Mann die Brauen hob und den Ausweis begutachtete. »Warum sagen Sie das nicht gleich?« Ernst nahm er die Brille ab. »Für Durchreisende gilt die Urlaubsnachweispflicht selbstverständlich nicht, nur für Einwohner des Landes Sachsen-Anhalt. Was für eine Verschwendung meiner Zeit!«
    James keuchte, und auch Colin blieb einen Moment die Luft weg. Der Fernfahrer wimmerte leise hinter ihm. Es klang wie: »Ich würde ja auswandern, aber woher kriege ich die Unterschrift für die Kündigungsgenehmigung?«
    Der Beamte stützte die Ellenbögen auf die Schreibtischplatte, legte die Fingerspitzen aneinander und beugte sich vor. »Ich habe wirklich große Lust, Sie wegen Behinderung eines Landesbeamten dranzukriegen.« Er legte eine dramatische Pause ein. »Aber Sie haben Glück. Ich habe heute gute Laune. Also, gehen Sie schon.« Gönnerhaft ruckte sein Kinn Richtung Innenbereich Gaststätte. »Zai Jian, die Herren.«
      
    »Was Sie gerade erzählt haben, war nicht besonders hilfreich.«
    »Es ließ sich irgendwie nicht vermeiden«, sagt Colin verbissen. Seine Unterlage ist nass und ihm ist durch den Luftzug eiskalt.
    »Ich denke, eine ganze Umdrehung ist in diesem Fall angemessen. Es sei denn Sie kommen allmählich zur Sache.«
    Colin knirscht mit den Zähnen. »Ich versuche es. Wirklich.«
      
    Das Konzert in Hannover verlief ohne geheimnisvolle Umschläge, fehlende Kabel oder andere Zwischenfälle. In der EuroXCom-Arena herrschte beste Stimmung, obwohl Colin nicht entgangen war, dass gut die Hälfte der Tribünensitzplätze durch große, fleischfarbene Werbeplanen abgedeckt waren.
    Ausgerechnet bei der Zugabe – diesmal schrie Colin wieder seine Verse über Freiheit hinaus – begannen Teile des Publikums mit einer kleinen Schlägerei. Colin konnte im blendenden

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