SchrottT (German Edition)
eingeschlafen. Aufgewacht bin ich quasi erst wieder im Tourbus. Keine Ahnung, wie ich in den reingekommen bin … also, jedenfalls, hihi, da waren wir schon fast in Dortmund, als …«
Hohensyburg, 9. Juli 2026
Colins Handy klingelte. Das tat es nie. Alle Leute, die seine Nummer hatten, befanden sich im gleichen Bus. Einzige Ausnahme: seine Mutter. Und deren Handy hatte ihr Ehemann Signore Länglich konfisziert. Zu ihrer eigenen Sicherheit vermutlich.
Als Colin das Gespräch annahm und sich das Telefon ans Ohr hielt, meldete sich eine unbekannte Stimme. »Lieber Freund«, sagte die Stimme mit deutlichem Akzent, »du dich vielleicht wirst wundern über diese Anruf, aber es wichtig ist.«
»Wer ist denn da?«, fragte Colin.
»Ich Sie kontaktiere in sehr dringliche Business-Angelegenheit.«
»Ah, yes, natürlich.« Colin lehnte sich zurück. Blondy, die schweigend auf der anderen Seite des Mittelgangs saß, schielte herüber.
»Nigerianische Telefon-Spam«, erklärte Colin ihr und zuckte die Schultern.
Blondy rollte die Augen. »Stimmt. Wir sind ja in Nordrhein-Westfalen.«
»Ich anrufe in Auftrag von meine ehrenvolle Auftraggeber«, fuhr die Stimme an Colins Ohr fort. »Mister Länglich Dennis.«
Sofort schaltete Colin. »Ist er tot und ich erbe?«
Damit hatte der Mann am anderen Ende der Leitung nicht gerechnet. Er brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Dann fuhr er fort: »Mister Länglich erwarten Sie zu dringliche Termin.«
»Schade!«, entfuhr es Colin. »Sagen Sie ihm, ich kann nicht. Ich bin gerade gar nicht zu Hause.«
»Treffen wirklich sehr dringlichkeitig, daher in Ihrer Nahe«, erklärte der mutmaßliche Nigerianer am anderen Ende der Mobilverbindung. »Treffen in eine Stunde in Dortmund-Syburg, Kirche St. Peter.«
Jetzt war Colin damit an der Reihe, eine Gehörtesverarbeitungspause einzulegen. »Was, er ist hier? Ich meine … auf der Sü-Burg? Wo ist denn das?«
Blondy verdrehte die Augen. Sie zeigte energisch nach vorne. Anscheinend hatte sie von dieser ominösen Burg schon einmal gehört.
»Ach so, ja, kenne ich«, sagte Colin. »Komischer Zufall, dass wir gerade ganz in der Nähe sind.«
»Mein Auftraggeber versichern, dass dies kein Zufall; auf es er nicht es lasst ankommen.«
Colin biss die Zähne zusammen. »Und wenn ich nicht komme?«
»Sie kommen«, sagte der Nigerianer betont ruhig. »Ihnen vielleicht noch nicht aufgefallen Begleitfahrzeuge .«
Langsam ließ Colin das Telefon sinken. Er sprang auf und lief zum Heck des Busses. Schob den Vorhang zur Seite, der den Ausblick verhinderte. Ein kleines Stück nur.
Hinter dem Bus fuhr eine schwarze Limousine. Der Beifahrer telefonierte anscheinend gerade.
»Was verloren?«, brummte James, der quer auf der Rückbank lag.
»Ja«, sagte Colin tonlos. »Aber ich hole es mir zurück.« Er hob das Handy wieder ans Ohr. »Also gut, in einer Stunde auf der … na, wo auch immer sie uns hingeleiten. Angenehme Fahrt.«
Er beendete das Gespräch und balancierte nach vorn. Lars-Peter lenkte den Bus unemotional bei Strich achtzig.
»Hör zu«, sagte Colin und merkte, dass Blondy hinter ihm stand. »Jetzt reg dich bloß nicht auf.«
»Oh-nein-oh-nein …«, hauchte Lars-Peter.
»Schau mal in den Rückspiegel.«
»Ja«, sagte Lars-Peter. »Schwarzer Mercedes. Überholt aus irgendeinem Grund schon seit Bielefeld nicht. Telefoniert wahrscheinlich.«
Colin zeigte nach vorne. »Und vor uns noch so einer. Hältst du das für einen Zufall?«
Der Manager schwieg einen Moment. »Jetzt nicht mehr«, antwortete er dann leise.
»Die freundlichen Herren in diesen Wagen geleiten uns sicher Richtung Dortmund«, sagte Colin. »Allerdings machen wir vorher einen Abstecher zu einer Burg namens … Sü?«
»Hohensyburg«, nickte Lars-Peter. »Da gibt es ein Casino.«
»Na also«, sagte Colin mit künstlicher Freude. »Verspielen wir unsere Gage aus Hannover!«
»Die ist noch nicht überwiesen«, versetzte Lars-Peter. »Außerdem gibt es da oben auch ein Denkmal oder so was. Bin schon mal dran vorbeigefahren. Man sieht es von der Autobahn 1 aus. Auf die fahren wir am Kamener Kreuz. Du hast doch keinen Ärger?«
»Euch wird nichts passieren«, sagte Colin. »Er will nur mit mir sprechen.«
»Wer er?«, fragte Blondy von hinten.
»Mein Paps«, sagte Colin, ohne sie anzusehen.
»Stellst du mich ihm vor?«
Zuerst wollte Colin verneinen. Vermutlich ließen ihn Länglichs Bulldozer eh nicht mit Blondy zusammen gehen. Und überhaupt:
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