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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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leichter zum neuen Glauben konvertieren konnten«, meinte Colin. »Wohin hätten sie sonst gehen sollen? Ihr alter Tempel war ja nicht mehr da. Im Grunde war es so, wie wenn eine Pizzeria von einem anderen Pächter übernommen wird, weil dem alten … irgendwas passiert ist.«
    Länglich schüttelte den Kopf. »Unfug!« Er breitete die Arme aus. »Dieser Ort ist von einer spirituellen Frequenz des Orgonfeldes durchdrungen. Ich wette, wenn du zum Beispiel rohes Fleisch auf diesen alten Grabstein legst … wird es nicht verderben.«
    »Habe gerade kein Fleisch dabei, das ich erübrigen könnte«, sagte Colin. »Was hast du mit den Nigerianern am Hut?«
    »Oh, wieso wundert es dich, wenn ein Geschäftsmann mit neuen Partnern verkehrt, zu beiderseitigem Nutzen?« Länglich warf einen Blick zurück. Colin war sehr sicher, dass er zu diesem kleinen, braunen Außerirdischen geschielt hatte und nicht zu den beiden afrikanischen Aufpassern, die an der Ecke der Kirche herumlungerten. »Oh, nun, sie sind Schwarze und selbstverständlich stammesbiologisch minderwertig …«
    Colins Kiefer klappte runter, als er seinen Stiefvater das sagen hörte. »Aber sie stören mein lokales Orgonfeld erstaunlich wenig, und ihre Methoden sind sehr effizient, wenn es darum geht, mit möglichst geringem Aufwand möglichst viele Menschen zu beeinflussen. Im Grunde ist es eine erstaunliche Symbiose, die ihre spirituellen Geistesblitze mit den Bedürfnissen der Menschen zum Wachstum einer neuen Kultur der Kohärenz vereint.«
    Colin wollte ungern eingestehen, dass er nur die Hälfte dieses Geredes verstand. Ihm blieb daher vorläufig nichts anderes übrig, als das Gehörte als totalen Schwachsinn einzuordnen. Es diente garantiert nur als Fassade, um Machenschaften zu verschleiern, die gewiss keine erfreulichen Ziele hatten.
    »Wie geht es Mama?«, lenkte er das Gespräch auf ein anderes Thema, das sicher nicht weniger Fallstricke bot.
    »Sie lässt dich grüßen«, antwortete Länglich glatt. »Sie hofft, dass du dich wie ein vernünftiger Mann verhältst.«
    »Das tue ich«, behauptete Colin. »Sag ihr das, und sag ihr, dass ich sie lieb habe und nach der Tour besuche, um ihr alles zu erzählen.«
    Länglich bedachte Colin mit einem gnädigen Blick, dann verschränkte er die Arme hinter dem Rücken. Er erweckte den Eindruck, als würde er die Außerirdischen auf den Grabsteinen mit voller Absicht ignorieren, damit Colin sie für Hirngespinste hielt. Aber sie sahen so echt aus! Einige schienen sich sogar zu schütteln vor Lachen. Und das lautlos! Vielleicht lachten sie auch im Ultraschallbereich. Das würde erklären, warum keine Mücken zu sehen waren. Mücken mochten keinen Ultraschall.
    »Ich hoffe doch sehr, dass du nach deiner sogenannten Tour an deinen alten Arbeitsplatz zurückkehrst. Ich bin sicher, deine bisherige Berufserfahrung ermöglicht sogar eine verbesserte Stellung mit entsprechender Bezahlung. Soweit ich weiß, ist gerade eine Stelle frei geworden, weil jemand gegen gewisse Regeln verstoßen hat. Wie klingt das?«
    »Famos«, fand Colin. »Ich staune ein bisschen, dass du mir die Tour nicht verbietest. Nicht, dass du mich davon abbringen könntest, sie zu beenden … aber bestimmt stört unsere Musikrichtung stark dein … Organfeld?«
    »Or gon feld. Ja, Junge, das tut sie in der Tat, aber ich muss sie ja nicht anhören, nicht wahr?« Er klopfte Colin auf den Rücken. »Nein, ich unterstütze sogar deine Selbstentfaltung. Jeder macht eine solche Phase durch, auch ich hatte mal längere Haare und habe Krach für Musik gehalten. Früher.«
    »Wirklich?«, lachte Colin.
    »Ja. Wirklich. Und ich finde, wenn man sich alles insgesamt betrachtet, du weißt schon, in der Gesamtheit …« Länglich machte eine Geste, die alle Grabsteine samt Außerirdischen umschloss. »Du hast es ja nicht schlecht erwischt. Manche Leute hören dir zu, und ihnen gefällt, was du machst. Noch dazu sind das Personen, die für andere spirituelle Erfahrungen keine Antenne haben. Du solltest das nicht unterschätzen! Ich glaube sogar … nein, ich weiß es!« Länglich blieb neben einem Grabstein stehen.
    Colin versuchte, die Inschrift zu entziffern, aber sie war zu verwittert.
    »Einige der Gräber sind aus dem neunten Jahrhundert«, sagte Länglich, der Colins Leseversuche bemerkt hatte. »Ist es nicht ein erhebendes Gefühl, in der Nähe so lange verstorbener Ahnen zu stehen? Geschichte zu atmen? Ist das nicht die richtige Stimmung, um selbst zu Geschichte

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