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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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Handy an. Ein Studio hatte SchrottT eingeladen, Lieder aufzunehmen? War da zufälligerweise ein wichtiger Mensch bei dem Konzert gewesen? Oder hatte da noch jemand das überwältigende Feedback auf der Bandwebseite gelesen?
    Colin konnte sich bei der Arbeit kaum konzentrieren, entwickelte abstruse Theorien, träumte mit offenen Augen von einem Plattenvertrag. Obwohl er nur der geduldete Geigenspieler war, fühlte er sich als Teil des Erfolgs. Manchmal musste man kein musikalischer Überflieger sein, kein Naturtalent. Manchmal genügte es, zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtige Note zu spielen. Colin nahm sich vor, das im Studio besonders gut zu machen, also übte er die halbe Nacht, bis ihm seine Nachbarn mit Teer und Federn drohten.
    Anderntags radelte Colin durch Heidelberg und ließ sich von seinem Smartphone die Richtung weisen. Der Verkehr am Samstagvormittag hielt sich in Grenzen, sodass er schnell vorwärtskam.
    Das Studio lag in einem Industriegebiet auf einem Hinterhof.
    Hätte nicht Wolfs Honda davor geparkt, hätte Colin den Eingang übersehen.
    »Da isser«, grüßte ein dickbrilliger Blondschopf. »Ich bin Gustaf, und das hier ist mein Studio.« Er zeigt auf einen Tapeziertisch, auf dem ein Notebook stand. Zahlreiche Kabel führten in den Nebenraum, aus dem deutlich Tiers Drumcomputer zu vernehmen war. Es roch nach verschüttetem Bier.
    »Cool«, hauchte Colin, »ich war noch nie in einem Studio.«
    Gustaf klopfte Colin auf die Schulter. »Warte erst ab, bis du die Aufnahme hörst. Die hiesigen Erdstrahlen verstärken die Digitalübertragung dermaßen kohärent, dass ich keine teuren Platinkabel brauche.«
    »Erdstrahlen?«, brummte Colin. »Verstehe.« Natürlich wusste er, dass es dergleichen überhaupt nicht gab, es war nichts anderes als pseudowissenschaftlicher Unfug. Sicherheitshalber verkniff er es sich, Gustaf darüber zu informieren. Die Folgen für den Plattenvertrag wären unkalkulierbar gewesen.
    James steckte den Kopf aus dem Aufnahmeraum. »Dann kann’s ja losgehen«, sagte er und grinste.
    »Chillig«, sagte Colin. »Was spielen wir?«
    »Na was wohl?«, empfing ihn Wolf, der im schallisolierten Innenraum auf einem umgedrehten Bierkasten saß. »Die Zugabe.«
    Colin runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht ganz … spielen wir nicht die Setlist und nehmen ein ganzes Album auf?« Hinter ihm verkniff sich Gustaf erfolglos ein Kichern.
    »Quatsch keinen Müll!«, wischte Wolf Colins Frage hinweg. »Du schreibst mir jetzt auf, was du da von Freiheit gebrabbelt hast, und dann spielen wir das ein. Glaub zwar kaum, dass dabei auch nur 10 Cent zusammenkommen, wenn wir den No-Crap-Shit im Internet verticken, aber von mir aus versuchen wir’s.«
    »Freiheit«, sagte Colin leise. »Du willst den Song singen, den ich improvisiert habe? Ich …« Er suchte nach Worten, sah verzweifelt zu James. Aber der stimmte seine Gitarre. Tier drehte den anderen den Rücken zu und streichelte seinen Drumcomputer. »Ich erinnere mich kaum, was ich da gesungen habe«, sagte Colin leise. »Es war so … spontan.«
    »Und genauso spontan wird es nicht klingen, wenn ich das singe, willst du sagen? Holy fuck, du gehörst echt in die nächste Schrottpresse, damit dein Ego mal auf die richtige Größe gebracht wird.«
    Colins Laune verschlechterte sich rasant. Aber er begehrte nicht auf. Er zuckte nur mit den Schultern. »Wie du willst«, sagte er, denn der Misserfolg war vorprogrammiert. Wolf hatte nicht den Moment erlebt, oben auf der Bühne, als Hunderte Fans den gleichen Gedanken geteilt hatten. Er hatte das Gefühl nicht erlebt, das Colin gespürt hatte und das die Folge seiner vorherigen Erlebnisse gewesen war. Er konnte das Lied nicht singen, und das hatte nichts mit Colins Ego zu tun. »Hör zu«, murmelte Colin, »ich hör mir meinen eigenen Song noch mal kurz auf diesem Bootleg an und schreibe den Text mit, okay?«
    Wolf entspannte sich merklich. »Das klingt schon besser«, sagte er. »Will mich nicht streiten. Schlimm genug, dass ich nicht meinen eigenen Shit singen kann.«
    Dann plötzlicher Lärm an der Tür. Wolf drehte sich um. »Was ist denn …«
    Zwei Herren in schwarzem Anzug standen im Vorraum und trugen dermaßen dunkle Sonnenbrillen, dass man leicht den Fehler begehen konnte, sie nicht ernst zu nehmen, sondern einfach total cool zu finden. Gustaf schaute hinter ihnen hilflos aus der Wäsche und versuchte, die Band mit Handzeichen auf irgendetwas hinzuweisen. Vielleicht darauf, dass sie

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