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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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musste, weil es ihr nicht gelungen war, ihre Geheimnisse auszuplaudern.
    Ohne Vorwarnung ließ Lydia von Colin ab und griff nach ihrem Glas. Sie saugte am Strohhalm, während ihre Augen ein Knistern in Colins Lenden entfachten. Auch Colin nahm die Gelegenheit wahr, einen Schluck zu trinken. Einen Moment dachte er an Gift, aber gab es so was nicht nur in Filmen?
    »Wir leben in modernen Zeiten«, sagte Lydia, nachdem sie ihr Glas neben Colins gestellt hatte. »Du weißt, dass es heutzutage keine Geschenke gibt.«
    »Bis auf jene, die sich auf den zweiten Blick als Mogelpackung entpuppen. Oder als Bestechung, wenn nicht gar als Pandora-Schachtel.«
    »Dein Vater hat mir gesagt, dass du höchst intelligent bist«, sagte Lydia und brachte es fertig, es nicht wie geraspeltes Süßholz klingen zu lassen. Die Frau verstand ihr Handwerk. Zumindest mit dem Mund. Colin fragte sich, ob es eine schlechte Idee wäre, sich über ihre restlichen Qualitäten ebenfalls in Kenntnis zu setzen. Schuldete er Blondy etwas? Konnte ein bisschen exotischer Sex etwa schaden? Schließlich war Colin noch jung und unerfahren. Die Verlockung, die gerade zu seinen Füßen kniete und mit seinen Zehen spielte, vereinigte Lust und Neugier zu einer nicht wegzudiskutierenden Erektion.
    »Auch du bist ziemlich schlau. Du sprichst unsere Sprache fehlerfrei«, lobte Colin.
    »Bevor es Geld gab, wurde viel getauscht. Du bekommst mich nicht für Geld.«
    »Lass mich raten: Ich hätte ohnehin nicht genug.«
    Lydia schob pochend heiße Finger in Colins rechte Socke, machte Anstalten, sie ihm auszuziehen. »Mein Preis trägt kein Währungssymbol.«
    »Wenn du Hufe hättest, wäre es sicher meine Seele, die du willst«, sagte Colin und merkte, dass er sich mit beiden Händen an den Lehnen des Sessels festklammerte. »Aber offen gesagt brauche ich die noch.«
    Lydia nahm sich Zeit, Colins Socke auf eine Art zu entfernen, dass er sich fragte, wie sie das mit den restlichen Kleidungsstücken zu übertreffen gedachte. »Siehst du das Büchlein auf dem Tisch?«, fragte Lydia, bevor ihre Lippen sich um Colins Zehen schlossen.
    »Nein«, keuchte Colin, »ich habe gerade die Augen zu, weil ich nicht mit ansehen kann, was du da machst, aber ich weiß, dass es da liegt.« Er verkrampfte, denn Lydias Zunge kitzelte ihn. Diese Kombination aus Wärme und Feuchtigkeit schickte Stromstöße durch seine Nervenbahnen, die alle entweder in seinem Gehirn oder in seinem Penis zu bunten Explosiönchen führten.
    Lydia ließ von Colins Zehen ab und machte Anstalten, sich um seinen linken Fuß zu kümmern. »Ich habe nicht gelesen, was drinsteht. Dein Vater hat gesagt, es sind Liedtexte.«
    Colin runzelte die Stirn. Er versuchte zu begreifen, was hier gespielt wurde. So verpasste er fast völlig die sinnlichste Sockenentkleidung, Kapitel zwei.
    »Liedtexte«, überlegte Colin laut. »Was für … kann ich mal eben …?« Er kletterte vorsichtig an Lydia vorbei, langte um die Wasserpfeife herum nach dem Notizbuch. Dabei rutschte er vom Sessel, woran die schwarze Perle nicht ganz unschuldig war. Der Teppich antwortete mit roten Lichtspielen, Zeitlupenfeuer einer Inszenierung, die nur einen Fokus hatte: Körpermitten sollten sich vereinigen, verkleben, verrückt werden.
    Während Lydias Zunge zwischen seinen linken Zehen nach den richtigen Nervenenden suchte, blätterte Colin in dem Büchlein. Jemand hatte sich große Mühe gegeben, mit dunkelroter Tinte in ordentlichen Druckbuchstaben Vers um Vers aufzuschreiben; sauber, lesbar, mit einer durch die Lettern vermittelten Poesie, die nicht auf Anhieb zum Inhalt passen wollte.
Gar nicht passen
wollten Schmarotzer hier
send them home
send them home
     
    Colin hielt den Atem an, weil Lydias Arm anscheinend dünn genug war, von unten durch sein Hosenbein bis zur Kniekehle wandern zu können.
    »Hast du«, hauchte die Afrikanerin, »schon mal Löwenpenis geraucht?«
    »Heute noch nicht«, murmelte Colin und las weiter.
    »Ich bereite die Wasserpfeife vor«, sagte Lydia.
    »Ja, mach das. Mach das.« Tatsächlich ließ die schwarze Perle von Colin ab, der weiterblätterte und mit großen Augen las:
Was soll’n wir leugnen
Was wir sind
Deutsche und sonst nichts
Was wir lieben
Unsre Heimat, unser Land
     
    Colin rappelte sich hoch, setzte sich in den Sessel, blätterte vor, wieder zurück … und klappte das Büchlein zu. Er sah hinaus in die Nacht, hinab auf das Land, das nach Ansicht des Verfassers der Verse dringend mal wieder eine

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