SchrottT (German Edition)
(hatten die etwa zugeguckt?!), stürzten sich auf die Eindringlinge.
»Es sieht nicht so aus, wie es ist«, blubberte Colin und versuchte, alle übermütigen Körperteile in seiner Hose zu verstauen. Er sah aus dem Augenwinkel, wie James Bond sich mit vor dem Körper erhobener Gitarre auf einen der Nigerianer stürzte. Der zückte einen Taser und feuerte. Er traf nur die Gitarre, die dabei ein Geräusch produzierte, das man gut in die nächste Show hätte einbauen können.
Blondy stolzierte unterdessen auf den anderen Wachposten zu und knöpfte sich unterwegs die Bluse auf. Als sie nah genug war, trat sie dem Aufpasser zwischen die Beine. »Banzai!«, schrie sie spitz.
Plötzlich saß Lydia auf Colin. »Ihr Europäer wisst nicht, was ein guter Tausch ist.« Sie legte ihre Hände um seinen Hals und drückte zu. Colin strampelte, griff nach ihren Armen, stieß sie fort.
Ein Nigerianer schrie, als ihm ein Gitarrenkorpus auf das Handgelenk knallte.
»Oh-nein-oh-nein …«, heulte Lars-Peter und hielt sich die Hände vors Gesicht.
»Und das hier auch noch!«, schrie Blondy und hieb dem Aufpasser das Knie unters Kinn. Dann drehte sie sich zu Colin um. »Und jetzt zu dir!«
»Wa…warte, ich …«
Schon war sie über ihm und machte da weiter, wo Lydia aufgehört hatte. »Sklave deines Schwanzes!«, zischte sie. »Wo könnte die Welt heute sein, wenn nur Eunuchen ihre Geschicke bestimmt hätten!«
»Lass …«, keuchte Colin. Blondy war kräftiger als Lydia, außerdem zögerte er, sie anzugreifen. Das tat dafür die Afrikanerin. Sie warf Blondy das Notizbuch an den Kopf, dann griff sie nach der Schischa.
»Du wagst es …« Blondy ließ von Colin ab und drehte sich zu Lydia.
»Liebe Leute«, leierte Lars-Peter, »ich glaube, wir sollten jetzt wirklich langsam …«
Blondy sprang, Lydia kippte hintenüber. Die beiden rangen auf dem Sofa miteinander, kratzten, rissen an Haaren, Kleidung, traten, schimpften.
»… gehen«, endete Lars-Peter.
»Nicht ohne meine Socken«, murmelte Colin und kroch über den Teppich. Sein Blick fiel auf den Kamin, vor dem Tier stand, in jeder Faust ein Holzscheit. Er schien abzuwägen, mit welchem man besser zuschlagen konnte.
Er entschied sich für eines der Holzstücke und hieb es dem Nigerianer über den Schädel, der sich gerade von Blondys Angriff erholt hatte. »Schrott-T, Schrott-T«, feuerte er die Mannschaft mit geballter Faust an. »Wie beim Fußball«, freute er sich und schickte den anderen Wachposten zu Boden, als der versuchte, James die Gitarre abzunehmen.
»Apropos Fußball«, sagte Lars-Peter und hob einen Zeigefinger. »Das nächste Konzert ist in Gelsenkirchen, und die Straßen dorthin sind schlecht. Je eher wir losfahren …«
Colin hatte seine Socken gefunden und zog sie an.
Auf dem Sofa gab Lydia nur noch Tierlaute von sich. Colin sah mit gemischten Gefühlen dabei zu, wie Blondy der Afrikanerin die Hände mit deren Bikini-Oberteil am Sofafuß festknotete. Sein Schwanz war ein wenig enttäuscht, dass er diese nackten, dunkelbraunen Brüste nicht unter anderen Umständen zu Gesicht bekommen hatte.
»Ihr hättet etwas später kommen können«, maulte Colin.
»Auf gar keinen Fall!«, zischte Blondy und griff nach seiner Hand. »Wir gehen jetzt.«
»Warte«, sagte Colin. Er griff nach dem Notizbuch, das neben seinem Sessel lag.
»Was ist das?«
Colin ging zu seinen Schuhen, schlüpfte hinein, machte zwei, drei weitere Schritte, unsicher, als ob seine Füße sich durch Lydias Behandlung in etwas Fremdes verwandelt hätten. Nachdenklich starrte er das Büchlein an. Er erwog, es aufzuheben. Als Beweis für die Machenschaften seines Vaters. »Gift«, flüsterte er. Länglich war schlau genug, alle Spuren zu verwischen, die eine Verbindung zu ihm nachweisen könnten. »Braunes Gedankengift«, sagte Colin und schmiss das Notizbuch ins Kaminfeuer.
Ruhrstadt, auf der Flucht
In Essen verwandelt sich die Autobahn 40 in eine Allee, bloß stehen beiderseits gläserne Bürotürme, keine Bäume. James sitzt am Steuer und gibt kräftig Gas.
»Geht schon besser«, behauptet Colin, aber wenn er ehrlich ist, stimmt es nicht so ganz. Er kotzt gerade nicht und ist bei Bewusstsein, ja. Aber er kann nicht aufrecht sitzen und klar denken genauso wenig. Sein Gesicht fühlt sich geschwollen an, und er hat überall blaue Flecken. Immer noch scheinen Engelchen durch die Peripherie seines Sichtbereichs zu trudeln, auch wenn es in Wirklichkeit nur Lichtflecken unter
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