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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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dröhnend. Übertönt den Lautsprecher. Colin und Blondy stimmen ein. Erleichterung. Für den Moment sind sie entwischt.
    »Ich fahr runter von der Autobahn«, redet James weiter. »Auf Landstraßen ist weniger Verkehr und wir fallen weniger auf. Außerhalb von Ortschaften am wenigsten. Wir fahren also ein bisschen spazieren. Währenddessen können wir darüber nachdenken, wem wir unser Vermögen vererben und wie wir verhindern, dass das allzu bald geschieht.«
    Blondy rappelt sich hoch, Colin hält sie fest. Der Bus legt sich in die Kurve, verlässt die Autobahn. Abfahrt Nummer 15, Duisburg-Wedau. James biegt rechts ab, die Ampel blinkt orange. Wieder rechts, Wald auf beiden Seiten. Kaum ein Auto unterwegs.
    Colin zieht Blondy in die letzte Reihe, da ist das Seitenfenster noch intakt. Tier macht bereitwillig Platz. Dreht sich auf der Rückbank, starrt nach hinten, hält Ausschau nach Verfolgern.
    »Was willst du jetzt tun?«, fragt Blondy.
    Colin sieht seitlich hinaus in die Nacht. »Eine Menge. Ich würde gerne auf eine Bühne steigen und Crap Metal spielen. Ich würde gerne Armin Spanisch ein paar einfache Fragen stellen. Würde gerne wissen, wie es meiner Mutter geht. Oder Wolf. Und Lars-Peter. Würde gerne die Nigerianer aus dem Land jagen und die Mafia aus dem Ländle. Ein paar Kondome über Überwachungskameras stülpen. Als Schutz vor zu viel Sicherheit. Ich würde gerne ein paar Dinge zwischen uns ungeschehen machen, weil fehlendes Vertrauen nicht für alles als Entschuldigung dienen sollte. Über das alles würde ich gerne ein paar Songs schreiben. Ach ja: Und meinem Stiefvater würde ich gerne die Meinung sagen. Und weißt du was? Damit fange ich sofort an.«
    »Respekt. Und wie soll das gehen?«
    »Ich rufe ihn an.«
    Blondy zieht die Augenbrauen hoch. »Jetzt? Mitten in der Nacht?«
    »Warum denn nicht? Als Kind habe ich meine Mama nachts geweckt, weil ich Angst vor den Schatten an der Wand hatte. Diese Phase hat der feine Signore Länglich übersprungen, also kann er sie jetzt nachholen. Ich muss nur mein Telefon finden. Ich hatte es nicht bei mir, als sie mich geschnappt haben. Warte …«
    Trotz der Dunkelheit und des Chaos findet Colin sein Handy schnell in seiner Reisetasche, die irgendwo zwischen zwei Sitzreihen klemmt, bedeckt mit stumpfen Splittern vom Fenster, gefüllt mit schmutziger Wäsche und allerlei Papierkram.
    Colin schaltet das Gerät an, tippt auf das Telefonsymbol und sagt: »Dennis Länglich anrufen.«
    »Schaltest du den Lautsprecher an?«, fragt Blondy.
    Colin legt den Finger auf die Lippen. »Es klingelt«, flüstert er. Es klingelt lange. Dann antwortet eine verschlafene Stimme.
    »Hallo, Papa«, sagt Colin. »Habe ich dich geweckt? Wie geht es Mama?«
    »Es ist zwei Uhr morgens!«
    »Ich würde sie ja selbst fragen, aber du hast ihr das Handy weggenommen.«
    »Es geht ihr gut. Wo steckst du?«
    »Du weißt es nicht?« Colin holt Luft. »Gut so. Hat dir deine schwarze Antilope schon erzählt, was ich von ihr hielt? Und von deinen Fähigkeiten als Texter?«
    Kurze Stille am anderen Ende der Leitung. Blondy legt erwartungsvoll den Kopf schief.
    »Keine Ahnung wovon du sprichst. Lass uns morgen weiterreden, aber erst am späten Abend, vorher habe ich einen Termin mit einem Geschäftspartner.«
    »Wenn der dir vom millionenschweren Konto eines verstorbenen Verwandten erzählt …«
    »Colin … ich bin zu müde für …«
    »… dann bestell ihm einen schönen Gruß von mir: Der Verkehr im Zuständigkeitsbereich seiner Firma ist echt mörderisch. Schlaf gut.« Colin beendet das Gespräch und starrt auf das Display. »War das jetzt gut oder schlecht?«
    Blondy legt ihre rechte Hand auf seine. »Ein Anfang.«
    »Er streitet natürlich alles ab.«
    »Was hast du erwartet?«
    »Eine Schwäche. Eine kleine nur. Allein schon wegen der Uhrzeit.« Colin muss sich festhalten, weil James schon wieder abbiegt, um Ansiedlungen zu meiden. Die Zugluft riecht frisch und feucht. Nach Fluss. »Wo sind wir hier?«
    »Ruhrtal«, brummt Tier einsilbig und hält sein Smartphone hoch. Es zeigt einen Kartenausschnitt, in der Mitte einen blauen Pfeil, der sich unendlich langsam durch Albtraumdeutschland fräst.
    »Das ist also das Ende der ersten Tour von SchrottT«, sagt Colin tonlos.
    Blondy nimmt seine Hand. »Erzähl mir vom Anfang.«
    »Vom Anfang?«
    »Als ich noch nicht dabei war. Vor Fraport.«
    Colin versucht, sich zu erinnern. Kramt in den Schubladen seiner Aufbewahrungsanstalt für

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