Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
zugebracht hatte. „Ich will damit nicht sagen, dass sie eine Schraube locker hat. Sie ist … unausgeglichen. Gefährlich. Sie ist eine Kriminelle, Em.“
Doch Emma entgegnete nur schulterzuckend: „Todd meinte, sie hat ihre Zeit abgesessen.“
„Ja, klar. Ein paar Monate in einer Erziehungsanstalt. Das kann man wohl kaum eine gerechte Strafe für ihre Verbrechen nennen.“
„Du weißt nicht mal, was sie überhaupt verbrochen hat.“
„Ich tippe auf Diebstahl. Sie hat jemandem den Freund weggenommen.“
Emma lachte herzhaft, sodass auch ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
„Ich denke nicht, dass du dir ernsthafte Sorgen machen musst, Kaylee. Was zwischen den beiden auch gelaufen sein mag, es ist kein Vergleich zu dem, was du mit ihm zusammen durchgemacht hast. Ich meine, sie ist ein Mensch, oder? Wie gut kann sie ihn also wirklich kennen?“
Ich setzte mich aufrechter hin. Emma hatte recht. Sabine war völlig irrelevant. In den vergangenen Monaten hatte ich es immerhin mit zwei Hellions aufgenommen, ganz zu schweigen von diversen anderen Unterwelt-Kreaturen. Was war dagegen schon eine blöde menschliche Exfreundin?
Stimmt’s?
Zur Mittagszeit war die Nachricht von Mr Wesners Tod schon ungefähr tausend Mal von ebenso vielen Leuten durchgekaut worden, sodass die Überreste, die jetzt noch einige Nachzügler breittraten, kaum mehr etwas mit Emmas ursprünglicher Geschichte zu tun hatten. An jeder anderen Schule, in jedem anderen Schuljahr wäre der Tod eines Lehrers die Schlagzeile schlechthin gewesen. Aber wir hatten bereits vier Mitschüler verloren, und der „Zum Gedenken an“-Teil des Jahrbuchs wuchs mit erschreckender Geschwindigkeit. Während ein paar der wenigen Gesprächsfetzen, die ich im Vorbeigehen auffing, schon entweder einen ungläubigen oder aber schamlos neugierigen Unterton hatten, ließen die meisten Gespräche doch eine gewisse Erleichterung darüber durchklingen, dass sich das Leben angesichts dieses Vorfalls wieder etwas normaler anfühlte als gestern noch.
Schließlich war Mr Wesner nicht mehr der Jüngste und ziemlich übergewichtig gewesen, weshalb er bei jedem Schrittschnaufte wie eine alte Dampflok. Auf eine eigenartige Weise schien sein Tod den Schülern neue Sicherheit zu geben, als wäre dadurch die Welt aus den Angeln gehoben und im richtigen Winkel zurück auf ihre Umlaufbahn gesetzt worden. Womit gleichzeitig auch die Naturgesetze in Ordnung gebracht wurden, nach denen alte, nicht mehr ganz fitte Menschen irgendwann nun mal starben und junge Menschen darüber bei einer Portion Nachos oder einem Burger in der Cafeteria diskutierten.
Ich bezahlte mein Essen, zog anschließend eine Cola aus dem Automaten und machte mich dann auf den Weg nach draußen, wo ich Nash an einem Tisch sitzend vorfand, weitab vom Getümmel. Allein. Wieder einmal.
Er tat mir irgendwie leid. Während der Rest des Footballteams noch immer den doppelten Verlust in seinen Reihen betrauerte, wusste offenbar keiner von ihnen so recht, wie er mit dem letzten Überlebenden aus der Dreier-Clique umgehen sollte, der noch in der Lage war, Football zu spielen, und darum ging man ihm wohl lieber aus dem Weg. Für mich aber war Nashs Einsamkeit ein Vorteil, den ich beabsichtigte zu nutzen.
Ich ging auf ihn zu, in der Hoffnung, Emma käme mal wieder zu spät und Sabine machte aus Versehen einen großen Schritt über den Rand der Erde, was mir die Gelegenheit verschaffte, allein mit Nash zu reden.
In seinen Augen erschien sofort ein Leuchten, als ich mich auf die Bank ihm gegenüber setzte, und etwas von meiner Anspannung fiel von mir ab.
„Hey, hast du das mit Mr Wesner gehört?“, fragte er. „Du bist doch dieses Jahr in seiner Klasse, oder?“
„Erste Stunde.“ Ich schraubte den Deckel meiner Flasche ab. „Em war diejenige, die als Erste davon wusste und es rumerzählt hat.“Nach diesem allgemeinen Thema schienen ihm die Ideen auszugehen, worüber er sich sonst noch mit mir unterhalten könnte.
Ich dagegen hatte mir sehr genau zurechtgelegt, was ich sagen wollte – und was ich damit aus ihm herausquetschen wollte –, aber nun war ich mir nicht mehr so sicher, ob es klug wäre, das Thema tatsächlich anzusprechen. Wie war das noch mal mit dem toten Pferd?
Doch nach ein paar Schlucken Cola und einer langen peinlichen Stille zwischen Nash und mir siegte meine Neugier über meinen gesunden Menschenverstand. „Also … was hat sie angestellt?“
„Was hat wer angestellt?“, fragte
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