Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Sabine braucht mich …“
„Nein …“ Ich schüttelte den Kopf, doch Nash ließ sich davon nicht unterbrechen, sondern redete unbeirrt weiter.
„Ja. Sie braucht mich. Ob es dir nun gefällt oder du’s verstehst oder keines von beidem, ändert nichts daran. Und im Moment brauche ich sie auch.“
„Du tust was?“ Seine Worte walzten über meine Gefühle wie eine Dampflok, und ich fragte mich plötzlich, ob es nicht eher eine böse Vorahnung war. Ich kratzte alle Wut zusammen, die ich aufbringen konnte, um den Schmerz in meiner Brust zu ersticken. „Und wozu genau brauchst du sie? Und wag es nicht, mir damit zu kommen, dass du ja auch nur ein Mann bist, der eben Bedürfnisse hat. Dann stehe ich auf und bin weg, und dieses Mal für immer, Nash, verlass dich drauf.“
Er seufzte abermals, und sein Gesicht wirkte auf einmal wie versteinert, als könnte er nicht mal ein Lächeln zustande bringen, wenn sein Leben davon abhängen würde. „Ich schlafe nicht mit ihr, Kaylee. Das schwöre ich bei meiner Seele.“
Unter normalen Umständen hätte seine Beteuerung mich erleichtert – besonders, weil die sanften Wirbel in seinen Augen mir sagten, dass er es ehrlich meinte. Aber ich war viel zu durcheinander, um diese Dinge wirklich aufnehmen und verarbeiten zu können. „Warum ist sie dir dann so extrem wichtig?“
Nash schloss die Augen und atmete langsam aus. Dann sah er mich mit ernstem Blick an. „Ich bin jetzt zwei Wochen clean, aber jeder neue Tag fühlt sich an, als würde ich ganz am Anfang stehen. Es wird nicht mit der Zeit leichter, und gestern war’s extrem, da wäre ich fast durchgedreht. Dich zu sehen und nicht berühren zu können – kaum richtig mit dir zu reden … das hat mich total fertiggemacht. Mit Willenskraft war da nicht mehr viel. Letzte Nacht bin ich so kurz davor gewesen, jemanden zu bestechen, damit er mich in die Unterwelt bringt.“
Ich öffnete den Mund, um zu fragen, was das für Gestalten waren, die sich als Unterwelt-Taxi verdingten, doch er sprach weiter, bevor ich dazu kam.
„Frag nicht. Es gibt Orte, wo man hingehen kann. Menschen – mehr oder weniger –, die einen rüberschleusen, wenn der Preis stimmt.“
Eine Gänsehaut machte sich auf meinen Armen breit, gefolgt von einem bitteren Geschmack der Abscheu in meinem Mund. Allein die Tatsache, dass er solche Dinge überhaupt wusste, ging mir gegen den Strich.
„Aber der Punkt ist“, fuhr er fort, „ich hab mit allen möglichen Mitteln versucht, mich irgendwie davon abzuhalten, und da steht Sabine plötzlich auf meiner Terrasse. Wir haben geredet. Mehr nicht, Ehrenwort, aber damit hat sie mir schon wahnsinnig geholfen. Mich auf andere Gedanken gebracht und davon abgelenkt, wie dringend ich mir einen Schuss wünschte oder eine einzige Stunde mit dir, nur du und ich.“
„Sie ist also ein Ersatz für mich?“ Mit einem Mal fühlte sich mein Hals geschwollen und wund an. Zerkratzt von den scharfen Worten, die ich mich zwang herunterzuschlucken. Wie sollte ich mit diesem Wissen darauf vertrauen können, dass zwischen ihnen nichts laufen würde? „Das ist nicht fair, Nash. Ich kann nicht …“
„Ich weiß. Es ist viel zu früh, mal wieder mit dir allein seinzu wollen. Das verstehe ich. Und es geschieht mir auch völlig recht, wenn ich da jetzt ohne dich durchmuss. Aber ich brauche jemanden, Kaylee. Einen Freund. Und für den Fall, dass du’s nicht bemerkt hast, mir rennt momentan nicht gerade irgendwer die Tür ein, um sich meine Probleme anzuhören.“ Seine ausgebreiteten Arme nahmen den gesamten Tisch ein, der noch immer unbesetzt war, abgesehen von uns.
„Sie wissen nur nicht, was sie sagen sollen“, versuchte ich, seine offensichtliche Enttäuschung etwas abzumildern. „Das ist immer so, wenn jemand stirbt, der dir nahegestanden hat, und in diesem Fall ist es sogar noch schwerer, dank der Gerüchte, die über Scott kursieren.“ Die halbe Schule glaubte, er und ich hätten eine Affäre gehabt und damit Nash und meine Cousine Sophie betrogen, und wären an dem Tag zusammen erwischt worden, als Scott seinen Zusammenbruch hatte.
„Ja, weiß ich. Aber das Ergebnis bleibt dasselbe. Ich bin seit zwei Wochen mit meinen Entzugserscheinungen allein, und wenn ich unter Menschen gehe, weil ich muss, dann gaffen sie mich an und tuscheln hinter meinem Rücken.“
„Das kann ich total nachempfinden.“ Natürlich, mir ging es nicht viel anders. Doch ich hatte Emma und Alec, um mich von meinen trüben Gedanken und
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