Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
wegen seiner inneren Anspannung, die er versuchte loszuwerden. Dennoch warf ich ihm über den Rand meiner Dose hinweg einen missbilligenden Blick zu. „Ist das nicht ein bisschen albern?“
„Hast du eine bessere Idee? Nur raus damit.“
Nach einem kurzen Moment schüttelte er den Kopf.
„Dann nehmen wir eben die geheime Frage. Es muss etwas sein, das Avari unmöglich wissen kann. Wie meine Lieblingsfarbe oder den Mädchennamen deiner Mutter.“
„Meine Mutter war nie verheiratet. Davon abgesehen glaube ich, was mich angeht, gibt es sowieso nichts, das er nicht weiß.“
Schön. Blieben also nur meine Geheimnisse. Also, worüber konnte Avari auf keinen Fall Bescheid wissen …? Die Liste hätte eigentlich endlos lang sein sollen, aber mir fielen genau null Dinge ein.
„Welche Farbe hatte dein erstes Fahrrad?“, fragte Alec.
„Weiß, mit roten Bändern am Lenker.“
Er lächelte. „Okay, das sind dann unsere geheime Frage und Antwort.“
„Gut.“ Das sollte seinen Zweck erfüllen. Es sei denn, ich unterhielt mich gerade in diesem Augenblick mit dem Feind, ohne es zu merken. Aber das war unmöglich. So ein brillanter Schauspieler war Avari nun auch wieder nicht. Oder doch?
„Hat er heute Nacht jemanden getötet? Irgendwelche neuen Gedächtnislücken?“
„Nein. Ich habe bis jetzt noch nicht mal ein Auge zugemacht.“ Er schaute über meine Schulter zum Fenster, wo durch die schmalen Schlitze zwischen den Jalousielamellen bereits fahles Morgenlicht hereinfiel, wie ich verwundert feststellte. „Tja, und es scheint so, als wird es heute auch nicht mehr dazu kommen.“
Vielleicht nicht in den nächsten fünf oder sechs Stunden, aber Mrs Bennigan war am helllichten Tag gestorben. Sie hatte gerade nach ihrem Mutterschaftsurlaub wieder zu arbeiten angefangen, was erklärte, warum sie mittags an ihrem Schreibtisch eingedöst war. Doch das konnte auch anderen passieren, aus allen möglichen Gründen. Und je weniger Schlaf Alec in der Nacht bekam, desto wahrscheinlicher wurde es, dass sein Körper sich tagsüber die Ruhe holte, die er brauchte – wodurch er Avari schutzlos ausgeliefert war. Ebenso wie alle anderen, die zu dieser Zeit zufällig auch gerade im Land der Träume weilten.
„Du musst doch nicht vor elf auf der Arbeit sein, oder? Wieso legst du dich nicht jetzt ein Weilchen hin? Ich halte die Stellung und passe auf.“
„Meinst du wirklich?“
„Klar. Wenn du irgendwann aus den Latschen kippst, hat auch keiner was davon. Du solltest dich ausruhen.“ Ich stand auf und ging in Richtung Küche. „Ich mach mir nur schnell eine Kanne Kaffee und hole meine Hausaufgaben, die muss ich sowieso noch fertig machen.“ Dazu hatte mir zwischen der Spionageaktion in Nashs Zimmer und meinen Internetrecherchen zu Sabines Vergangenheit irgendwie die Zeit gefehlt.
„Danke, Kay. Du hast echt was gut bei mir.“
Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Schon gut. Ich setze es auf deine Rechnung.“
Zweieinhalb Stunden später saß ich auf dem Schulparkplatz in meinem Auto und wartete, bis Sabine kam. Schon wieder. Dieses Mal allerdings hoffte ich sogar, Nash wäre bei ihr. Dann musste er sich nämlich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sie ihr Versprechen an ihn gebrochen und in meinen Träumen ihre unsichtbare Stricknadel geschwungen hatte. Wieder einmal.
Ich musste nicht lange warten, nach nur wenigen Minuten rollte ihr Wagen in eine Parklücke, gar nicht weit weg von mir. Sofort schnappte ich mir meinen Rucksack, schloss ab und lief los.
„Sabine!“, rief ich, während ich auf sie zu rannte, und mehrere Leute drehten die Köpfe und starrten mich an. Meine Entschlossenheit flaute angesichts der neugierigen Zuschauer um uns herum kurz ein wenig ab. Doch das amüsierte Grinsen, mit dem Sabine aus ihrem Auto stieg, ließ meinen Ärger sofort wieder auflodern und mich alles andere ausblenden.
„Kaylee?“ Nash war auf der Beifahrerseite ausgestiegen, eineHand noch immer an der Tür. „Was ist los?“
Ich blieb dichter vor Sabine stehen, als ich eigentlich wollte, damit uns niemand belauschen konnte. „Dein straffälliger Albtraum von Freundin hat in meinem Kopf mal wieder eine kleine Fressorgie gefeiert“, antwortete ich wütend.
„Hast du Orgie gesagt?“, mischte Sabine sich ein und zog damit sowohl meine Aufmerksamkeit als auch meine Wut von Nash auf sich. „Weil, ich kann mir nicht vorstellen, dass du überhaupt weißt, was das ist.“
„Soll ich mich jetzt dafür schämen, dass ich
Weitere Kostenlose Bücher