Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
ich schon von Weitem die liebe Sabine, wie sie an einem der Tische saß und sich blendend mit meiner Cousine Sophie und einigen ihrer Teamkolleginnen unterhielt. Wirklich ein Bild für die Götter. Und man hätte ihr diese Show sogar fast abnehmen können, wäre da nicht ihre Hand gewesen, mit der sie rein zufällig Sophies Arm streifte, als die nach einem Päckchen Senf griff. Sabine wollte keine Freundschaft mit ihnen schließen – sie erforschte ihre verborgenen Ängste.
Ich überquerte den Hof und ging, mit meiner Tüte Junkfood bewaffnet, direkt auf sie zu. Sabine führte nichts Gutes im Schilde, das hatte ich sofort erkannt.
Daran, dass sie atmete.
„Was läuft hier?“, fragte ich.
„Das ist ein Privatgespräch“, sagte Sophie schnippisch. „Such dir Leute, die mit Bekloppten was zu tun haben wollen, hier bist du falsch.“
Ich ignorierte den Kommentar meiner Cousine und wandte mich an die Mara. „Sabine?“ Sie sah mit diesen gruseligenschwarzen Augen zu mir hoch, ein falsches Lächeln auf den Lippen, das sogar ein Blinder durchschaut hätte. „Kann ich mal kurz mit dir reden?“
„Oh, das ist gerade schlecht, ich bin leider beschäftigt, Kay“, entschuldigte sie sich. „Sophie und Laura haben mir gerade alles über ihr Team erzählt und dass ihnen momentan jemand fehlt.“
Als würde Sabine auch nur einen Gedanken daran verschwenden, den Part der Tänzerin zu übernehmen, die vor ein paar Monaten einem abtrünnigen Reaper zum Opfer gefallen war, weil ich sie nicht hatte retten können.
„Ich habe dir extra einen Burger mitgebracht.“
Sabine warf einen interessierten Blick auf die Tüte in meiner Hand. „Wenn das so ist. Zu einem saftigen Stück Fleisch konnte ich noch nie Nein sagen.“
Doch als sie sich erhob, griff Sophie nach ihrem Ellbogen, als wolle sie die Mara vom Gehen abhalten – ob sie nun besonderen Wert auf deren Gesellschaft legte oder nicht. Hauptsache, sie konnte verhindern, dass ich meinen Willen bekam. Sabine sah sie buchstäblich von oben herab an, und Sophie erstarrte. Dann zog meine Cousine, sichtlich verstört, wortlos die Hand zurück und drehte sich wieder zu ihren Freundinnen um.
Anscheinend fiel Sabines Maske in letzter Zeit schneller als üblich. Ich bereitete ihr wohl mindestens genauso viel Magenschmerzen wie sie mir, und das äußerte sich in ihrer schwächelnden Selbstbeherrschung.
„Ich dachte, wir kommen uns nicht mehr gegenseitig in die Quere“, flüsterte ich ihr wütend zu, während wir über den Hof auf unseren gewohnten Tisch zugingen.
„Du bist diejenige, die mich mitten in meinem Versuch, neue Kontakte zu knüpfen, einfach von den netten Mädchen wegzerrt“, sagte Sabine gespielt bedauernd. „Wer kommt hier also wem in die Quere?“
„Sophie ist meine Cousine.“ Die fehlende Überraschung in Sabines Gesichtsausdruck sagte mir, dass ich ihr da nichts Neues erzählte.
„Und?“
„Und … lass sie in Ruhe. Ja, ich weiß, sie ist eine echte Nervensäge, aber deshalb wird sie nicht auf die Speisekarte gesetzt.“ Ich holte einen Burger aus der Tüte. „Kapiert?“
„Sie hasst dich“, frotzelte Sabine. „Abgrundtief. Ihre Ängste sind ein bisschen fade, bis auf diese komische Angst vor dir, die sie sich selbst nicht erklären kann. Was sehr interessant ist. Aber wie auch immer, sie ist ein richtiges kleines Energiebündel, und alles schmeckt nach Verunsicherung und Bosheit. Wieso stört es dich, wenn ich mir da mal ein Schlückchen gönne? Ich würde dir damit doch sogar einen Gefallen tun.“
„Nur, weil ich sie nicht leiden kann, will ich noch lange nicht, dass sie wegen dir Albträume hat.“
Sabine sah mich stirnrunzelnd an, als ich ihr den Hamburger gab, den ich eigentlich für mich selbst gekauft hatte. „Ich verstehe dich nicht, Kaylee.“
„Was du nicht sagst.“ Ich kramte die Pappschachtel mit den Pommes hervor, heilfroh darüber, die nicht auch noch als Bestechungsmittel eingesetzt zu haben. „Halte dich einfach von meiner Familie und meinen Freunden fern.“
„Ah, richtiges Essen!“ Emma kam auf uns zu, die letzten paar Schritte laufend. „Darum liebe ich dich so, Kaylee-Schatz.“
Sie setzte sich zu mir auf die Bank, und ich schob ihr die fettige Papiertüte hin.
„Darum lieben wir sie alle.“ Sabine schenkte mir ihr schönstes Raubtierlächeln. „Weil sie uns so gut füttert.“
Ich funkelte sie böse an und fragte mich, wann sie endlich wieder verschwinden würde, jetzt, wo sie mein Mittagessen hatte.
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