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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Lichter und Weihnachtsdeko. Er liebte das. Bei Kaufhof passierte er die Betonsäulen neben dem Eingang, als sich ein Schatten dahinter löste. Adrenalin schoss durch seinen Körper. Der Griff ging automatisch zur Waffe. Die war unter dem Mantel verborgen. Panik flutete in ihm an. Doch es war nur eine Frau, die ihre Hand in einer Tüte Magenbrot versenkte und achtlos an ihm vorbeiging.
    Schweiß war ihm aus allen Poren gebrochen. Alois knöpfte den Mantel auf. Es kam ihm vor, als ob er dampfte.
    Was war das denn gewesen?
    Während sich sein Herzschlag langsam beruhigte, steuerte er die Passage an, in der sich der Eingang zum Café Glockenspiel befand, und fuhr mit dem Lift in die fünfte Etage. Suchend sah er sich im Café um. Beinahe alle Tische waren besetzt. Der Duft nach Kaffee vermischte sich mit den Gerüchen der Mittagsgerichte und frisch gebackenem Kuchen. Es war laut, neben ihm fiepte ein Handy. Moni war noch nicht da. Von hinten legte ihm jemand die Hände über die Augen. Wieder wollte sein Körper mit dem Ausstoß von Adrenalin reagieren, doch gleichzeitig nahm er Monis Duft nach Verbene und einem Hauch Lavendel wahr. Entwarnung. Vorsichtig löste er die Finger und begrüßte sie mit einem Bussi auf jede Wange. Gut sah sie aus. Dunkelbraune Kurzhaarfrisur, leuchtende Augen, Stupsnase und volle Lippen.
    Sie fanden einen Platz am Fenster. Alois half ihr aus dem brombeerfarbenen Mantel und hängte ihn neben seinen an die Garderobe. Als er zum Tisch zurückkehrte, hatte Moni bereits zwei Latte bestellt und dazu Apfelkuchen. Als Mittagessen! »Hausgemacht. Du wirst ihn lieben.«
    Bevor sie mit den Ergebnissen ihrer Recherche rausrückte, wollte sie wissen, was da gestern auf dem Friedhof passiert war. Ein Bericht aus seinem Mund würde ihrem Artikel Authentizität verleihen.
    Er erzählte es ihr. Sachlich und seltsam unbeteiligt, als hätte nicht er Helmbichler erschossen, sondern irgendein Kollege. Und das veranlasste Moni prompt zu der Bemerkung, dass er ja ganz schön kaltblütig sei.
    »Das ist mein Job. Es gehört dazu. Mit diesem Risiko muss man leben. Und auch wenn es so aussieht: Es geht mir nicht am Arsch vorbei.«
    Kaffee und Kuchen wurden gebracht, und Moni erzählte, was sie über Schülke herausgefunden hatte. »Er stammt aus einem Kaff in der Nähe von Freising. Sein Vater war Leiter der Sparkasse und seine Mutter eine brave Hausfrau, die sich um Mann und Söhne kümmerte. Schülke hatte nämlich einen zwei Jahre jüngeren Bruder.« Moni schob etwas Kuchen in den Mund und verdrehte genüsslich die Augen. »Hm! Superlecker!«
    Er mochte es, ihr beim Essen zuzusehen. Die meisten Frauen aßen, als wäre ein voller Teller ihr Feind. Kritisch wurde gemustert, was darauflag, inspiziert, gewendet, aussortiert und beiseitegeschoben und manchmal auch in den Mund. Moni war da ganz anders. »Hatte. Das heißt, der Bruder ist tot?«
    »Sehr scharf kombiniert, Herr Kommissar.« Sie sprach mit vollem Mund, und auch das mochte er.
    »Sylvester hieß er. Wie man seinem Kind diesen Namen antun kann? Ich weiß ja nicht. Aber er musste nur sechs Jahre damit leben. Also: Sylvester ist an einem nebligen Novembertag im Jahr … Hm? Vergessen. Irgendwann in den Siebzigern jedenfalls. Musst du das genau wissen? Dann gucke ich noch mal nach.«
    Als Alois abwinkte, wollte sie fortfahren. Doch sein iPhone begann die CTU -Melodie zu spielen. Sicher Tino. Aber es war Evi. Was wollte sie schon wieder? Eigentlich hatte er keine Lust, mit ihr zu sprechen. Im selben Moment dachte er, es könnte etwas mit Simon sein. »Dauert nur einen Moment«, sagte er zu Moni und ging in den Vorraum, um das Gespräch anzunehmen. »Hallo, Evi. Was gibt es denn?«
    Einen Augenblick blieb es still. »Hat sich grad erledigt.«
    »Was denn?«
    »Du bist genervt wie immer. Also geht es dir gut. Das hab ich wissen wollen.«
    Musste er das jetzt verstehen? Immer das Indirekte. Das lag ihm nicht. »Und warum?«
    »Du hast einen erschossen. Oder? Alois F. Das bist doch du. Ich hab’s im Internet gelesen.«
    »Meine Güte. So etwas passiert. Das gehört zum Berufsrisiko.«
    »Du musst dich doch ned rechtfertigen.« Ihre Stimme klang weich durchs Telefon. Die Spur von Dialekt darin hatte er schon immer gemocht. Ein Stück Heimat. Ein Stück Halt.
    »Ich hab nur wissen wollen, wie’s dir damit geht. Ob es dir arg zu schaffen macht.«
    Geht schon, wollte er sagen. Alles paletti, im grünen Bereich. Alles easy. Was man halt so sagte. »Doch. Schon«, sagte

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