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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Warum stellen Sie all diese Fragen?«
    »Reine Routine.«
    »Und das soll ich glauben?« Die Arme wanderten nach oben, legten sich wie ein Bollwerk vor den Brustkasten. Die Hände rutschten unter die Achseln. »Sie denken doch hoffentlich nicht, dass ich etwas mit diesen Morden zu tun habe?«
    »Noch glaube ich gar nichts. Ich mache mir ein Bild. Das ist alles.«
    Einen Moment maßen sie sich mit Blicken. Hatte Languth etwas zu verbergen? Dühnfort war sich nicht sicher. »Haben Sie vor Subvento in anderen Kriseninterventionsteams gearbeitet?«
    »Nein.«
    »Kann es sein, dass Frau Hasler Patientin bei Frau van Gierten ist?«
    »Das müssen Sie Lydia fragen. Was haben Sie nur mit dieser Frau Hasler?«
    »Sie wurde heute tot aufgefunden.«
    Schlagartig ging eine Veränderung mit Languth vor sich. Er machte dicht. Sein Gesicht wurde glatt, der Blick eisig. »Sie meinen das ernst, oder? Sie glauben wirklich, ich hätte etwas damit zu tun. Dann ist es wohl besser, wenn ich kein Wort mehr sage. Das ist mein gutes Recht.«
    Die Leute sahen einfach zu viel fern. »Ich unterhalte mich nur mit Ihnen. Das Aussageverweigerungsrecht steht Ihnen als Beschuldigter zu, und das sind Sie nicht.«
    Dühnfort erbat sich die Alibis und notierte sie.
    Als er vor das Haus trat, setzte Schneeregen ein. Er war gerade in sein Auto gestiegen, als ein knallroter Porsche auf den Garagenvorplatz fuhr. Eine junge Frau stieg aus, schloss den Wagen ab und ging zum Eingang. Das Auto war sicher beinahe so alt wie sie.

47
    Sanne stoppte vor Thorstens Haus. Schnee mischte sich in den Regen. Warum hielt sie eigentlich die Verabredung zum Essen ein? Vermutlich rechnete Thorsten gar nicht mit ihr, nachdem sie ihn gestern mehr oder weniger hinausgeworfen hatte. Und sie tat so, als ob nichts geschehen sei. Total harmoniesüchtig. Ging’s noch?
    Sanne atmete durch. Sie hatte überreagiert. Thorsten hatte eine Frage gestellt, die aus seiner Sicht berechtigt war und die keinen Angriff gegen sie beinhaltete. Und sie war ausgetickt und hatte ihn gebeten zu gehen. Das hatte er nicht verdient. Hoffentlich konnte sie das wieder geraderücken.
    Sie stieg aus und schloss den Wagen ab. Am Straßenrand wurde ein Motor gestartet. Einen Augenblick blieb sie noch stehen und spürte einem Gedanken nach, der sie während der Fahrt begleitet hatte und nun wieder in den Vordergrund drängte.
    Domegall. Der Highlander. Ein merkwürdiger Mann. Warum er wohl auf die gutbürgerliche Existenz verzichtete, die er sich aufgebaut hatte? Auf ein sicher phantastisches Einkommen, seine Ehe und jede Menge Luxus. Was verbarg sich wohl in Wahrheit hinter dieser radikalen Veränderung? Denn so ganz glaubte sie ihm seine Geschichte nicht.
    Der Regen wurde heftiger. Sanne schob die Gedanken an ihren Nachbarn beiseite. Seine Geheimnisse gingen sie nichts an. Sie klingelte an Thorstens Tür, die beinahe sofort geöffnet wurde. Helle Augen, die sie freundlich taxierten, das blonde Haar war ein wenig verstrubbelt. Norwegerpulli zur Jeans und Schmiere an den Fingern. »Hallo, Sanne.« Er nahm sie in den Arm. Bussi rechts und links. »Ich bin noch nicht umgezogen. Dauert nur fünf Minuten. Magst du solange im Wohnzimmer warten?«
    Er hatte also doch mit ihr gerechnet. »Klar. Lass dir Zeit.«
    Während sie ins Wohnzimmer ging, verschwand er nach oben. Wochen waren seit ihrem letzten Besuch vergangen. Seither hatte sich einiges verändert. Ein Teil der Möbel war verschwunden. Vermutlich hatte Lydia sie geholt. Darunter die Regalwand. Bücher und Zeitschriften stapelten sich auf dem Boden und dem Fensterbrett. Sogar auf dem Sofa lagen einige Fachzeitschriften. Sanne griff nach einer und blätterte darin. Nanotechnik. Das interessierte sie nicht sonderlich. Auch mit Psychologie wollte sie sich momentan lieber nicht beschäftigen. Sie schlug das Heft wieder zu, stand auf und ging zum Fenster. Schwarz lag der Novemberabend dahinter. Ihr Gesicht spiegelte sich in der Scheibe. Sie wandte sich um und setzte sich in Thorstens Lieblingssessel. Auf dem Tischchen daneben lag ein aufgeschlagenes Magazin. Gedächtnisforschung. Das Leben als Erfindung? So lautete die Überschrift eines Artikels.
    Eine Erfindung? Vermutlich ein wenig übertrieben, aber nicht ganz daneben, dachte sie. Wir alle manipulieren unsere Erinnerungen, blenden unerfreuliche aus und überhöhen schöne.
    Thorsten kam herein. »Fertig.«
    Das war ja schnell gegangen. Er trug eine beige Feincordhose und dazu einen moosgrünen Pullover.

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