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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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zu weit links hochgezogen worden war, wurde der Fehler am nächsten Tag behoben. Am übernächsten sollten die übrigen Wände fertiggestellt werden, nur hatte man dafür einen anderen Maurer abkommandiert. Der guckte in den noch nicht wieder korrigierten Bauplan, stellte fest, dass die Wand nicht da stand, wo sie scheinbar hingehörte, und änderte das sofort. Jetzt sind wir wieder genauso weit wie zu Beginn der ganzen Aktion. Hannes hat gesagt, er bleibt morgen so lange neben den Handwerkern stehen, bis die Mauer fertig ist. Dann kann er das Notwendige gleich mit dem Nützlichen verbinden und die Schlitze fertig klopfen.«
    »Er kann
was?
«
    »Du weißt aber auch gar nichts!«, stöhnte meine Tochter, die selber noch vor gar nicht langer Zeit fünf Zwischenstecker gebraucht hatte, um zwei Geräte an einer Steckdose anschließen zu können. »Bei Hannes müssen doch sämtliche Strippen für Fernseher, Musikanlage, Nebenanschlüsse vom Telefon und so weiter unter Putz gelegt werden, weil er diese Kabelknäuel hasst, aber um die Leitungen verstecken zu können, muss man erst mal die Möglichkeit dazu schaffen. Ich hab mir das vorhin angesehen. Unsere Wohnzimmerwände sehen aus wie der Querschnitt durch einen Termitenhaufen. Lauter übereinanderliegende Gänge!«
    Drei Tage später: »Heute hätte es beinahe einen Mord gegeben«, erzählte Steffi, »und für den Täter mildernde Umstände.«
    »Ist etwa schon wieder die Dusche …?«
    »Nein, die ist fertig, da kann man jetzt bequem einen ausgewachsenen Ochsen drin abschrubben, aber Hannes hätte um ein Haar den polnischen Hilfsarbeiter erwürgt!«
    Bevor ich nach den näheren Umständen fragen konnte, sprudelte sie schon los. »Einen halben Vormittag und drei Abende lang hat Hannes diese dämlichen Schlitze geklopft, sogar für jeden ein eigenes Telefon am Bett hatte er vorgesehen, und als wir vorhin in der Wohnung noch was ausmessen wollen, kommen wir gerade dazu, wie ein Handwerker die letzten Zentimeter Wand spachtelt. Der hat doch tatsächlich die ganzen Schlitze wieder zugekleistert!«
    »Aber weshalb denn?«
    »Genau das hat Hannes auch gefragt!«, kicherte Steffi. »Und weißt du, was er zur Antwort gekriegt hat?«
    Woher sollte ich das wohl wissen?
    »Habe ich geguckt in Zeichnung«, improvisierte sie, »habe ich da nicht gesehen lange Löcher in Wand. Habe ich gedacht, jemand schlechte Arbeit gemacht. Nun wieder alles in Ordnung für Maler. Kommt morgen für Tapete.«
    Es fiel mir schwer, nicht laut loszulachen. »Was passiert denn jetzt?«
    »Kommt Maler für Tapete nix morgen, kommt erst polnisch Mann und macht mit Hammer und Meißel schöne glatte Wand wieder kaputt. Und dann kommt Elektriker, und erst danach kann Maler machen Tapete an Wand.«
    »Siehste«, sagte Rolf, als ich ihm zusammen mit dem Abendessen die letzten Meldungen von der Baustelle servierte, »genau deshalb habe ich mich nicht in die Phalanx der Häuslebauer eingereiht. Wenn das Eigenheim endlich fertig ist, hat man einen Haufen Schulden am Hals und ist darüber hinaus entweder reif für die Psychiatrie oder für den Scheidungsanwalt, sofern man nicht schon vorher einen Herzinfarkt gekriegt hat.«
    Also
das
ist der Grund, weshalb wir immer noch einem weniger sensiblen Hausbesitzer jeden Monat Miete zahlen?
     
    Anruf von Hannes: »Deine Tochter sagt, ich muss mir zur Hochzeit einen neuen Anzug kaufen. Muss ich das wirklich?«
    Zum Glück konnte er nicht sehen, dass ich heftig nickte. »Ich habe zwar noch nie in deinen Kleiderschrank geguckt, andererseits habe ich dich aber auch noch nie in einer anderen Aufmachung gesehen als in Jeans und was obendrüber, wobei sich Letzteres selten durch Eleganz ausgezeichnet hat.«
    Schweigen. Dann, etwas zaghaft: »Geht nicht ein Smoking?«
    »Vormittags um elf auf dem Standesamt?«
    »Geht also nicht, nein?«
    »Nein, geht nicht!«, behauptete ich kühn, obwohl ich mir da nicht so ganz sicher war. Schade, dass Tante Lotti nicht mehr lebte, jene entfernte Verwandte aus den »gehobenen Kreisen«, die es mit der Etikette immer sehr genau genommen hatte und in ihrer Jugendzeit, also so um die Jahrhundertwende herum, sogar bei Hof vorgestellt worden war. Tante Lotti ist letzte Instanz gewesen, wenn wir nicht wussten, ob man zu einer hochoffiziellen Einladung die Blumen selber mitbringt oder vorher ins Haus schicken lässt. Tante Lotti hatte genau sagen können, wer eine Exzellenz, eine Eminenz oder bloß ein Hochwürden war, und als ich in ihrer

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