Schuld war nur die Badewanne
Ausmaß hätte. – Geht ihr noch rauf?«
»Das hatten wir eigentlich vor«, sagte ich, »jetzt bin ich nämlich richtig neugierig geworden.«
»Ich komme aber nicht mehr mit«, lehnte Hannes ab, »sonst könnte es passieren, dass ich dem Warnke doch noch an die Gurgel gehe. Sehen wir uns nachher noch?«
»Natürlich. Mein Wagen steht doch bei euch auf dem Parkplatz.«
Ganz egal, wo man sich in einem Neubau aufhält – es zieht! Selbst dann, wenn schon alle Fenster drin sind und nur noch die Zimmertüren fehlen. Überall knirscht es unter den Schuhen, auf den Heizkörpern liegt fingerdicker Staub, und die Toilette kann man auch noch nicht benutzen. Als besonders nachteilig empfand ich den fehlenden Fahrstuhl – ganz im Gegensatz zu Steffi, die etwas von unfreiwilliger Gymnastik faselte und dass Treppensteigen bekanntlich sehr gesund sei.
»Aber nicht mit fünf Kilo Kartoffeln in der einen Hand und einem vollen Einkaufskorb in der anderen.«
»Du vergisst, dass ich demnächst einen Ehemann habe!«
»Also gut, dann zehn Kilo Kartoffeln!«
Die Wohnung selber gefiel mir, auch wenn ich mich in erster Linie auf Steffis Erklärungen verlassen musste. »Geradeaus ist das Wohnzimmer mit Essecke, sehr praktisch, weil gleich neben der Küche, und am anderen Ende geht’s auf den Balkon. Geh ruhig mal raus, aber pass auf, die Bodenplatten sind noch nicht verfugt. Du musst dir das vorstellen, wenn da erst mal die Markise dran ist und Blumenkästen hängen … jedenfalls kann uns keiner reingucken, wir können uns ganz ohne sonnen!«
Nach Besichtigung des Schlafzimmers und des danebenliegenden Raumes, der noch keine feste Bestimmung hatte, führte mich Steffi in das künftige Bad. »Na, ist das nicht toll?«
Was genau ich nun so toll finden sollte, wusste ich nicht, denn außer unzähligen Rohren, die überall aus der Wand ragten, und mindestens genauso vielen elektrischen Kabeln war ja noch gar nichts zu sehen. Unter dem einen Fenster befand sich ein großes Loch im Fußboden, angefüllt mit leeren Bierflaschen, Zeitungen und sonstigem Abfall, und gegenüber stand der Stein des Anstoßes, nämlich eine zwei Meter hohe gemauerte Wand.
»Doch«, sagte ich zögernd, »schön groß ist der Raum wirklich. Andere Leute wären froh, wenn sie so viel Platz im Kinderzimmer hätten.«
»Määm, das ist das Kinderzimmer«, stöhnte sie, »ich dachte, das hätte Hannes dir schon längst verklickert. Wir brauchen doch keins, aber unser Traum ist nun mal ein richtig großes Bad mit allen Schikanen. Da hinten soll die Sauna hin«, sie deutete in die rechte Ecke, »die Wand, wenn sie denn erst mal an der richtigen Stelle steht, gehört zur Dusche, weil wir uns eine richtig große mauern lassen mit seitlichen Düsen und einer extra Schwallbrause (was war das nun schon wieder?), und wenn wir Glück haben, kriegen wir unter das zweite Fenster noch ’ne Sonnenbank.«
»Wirklich beeindruckend«, musste ich zugeben. »Und die Mülldeponie gleich im Raum ist sicher auch praktisch, aber an eurer Stelle würde ich das Loch doch lieber zumachen lassen.«
Steffi grinste schmerzlich. »Ob die Wanne bis zum Einzug überhaupt schon da ist, bleibt noch ein großes Fragezeichen. Irgendjemand hat die Bestellung verschlampt. Jetzt sollen wir auch noch schuld daran sein, weil wir uns nicht an die im Bauplan vorgesehenen Installationen halten, sondern eine Extrawurst braten. Na und? Muss ich denn unbedingt ein weißes Waschbecken nehmen, wenn es die auch in anderen Farben gibt? So viel teurer sind die gar nicht.«
»Was habt ihr euch denn ausgesucht?«
»Bahamabeige«, sagte Steffi stolz.
»O nein! Welcher Werbefuzzi hat sich denn diesen schwachsinnigen Namen ausgedacht? Meine balibraune Toilette kann ich ja noch verstehen, die Südseebewohner sind fast alle dunkelhäutig, aber bahamabeige? Ich denke, die Bahamas liegen in der Karibik, und dort gibt es meines Wissens keine Wüste, sondern im Gegenteil eine recht üppige Vegetation. Mit der Farbe Beige verbindet aber jeder vernünftige Mensch Sand, also was soll der Quatsch?«
»Findest du Gobigelb vielleicht klangvoller?«, kicherte sie.
Wir besichtigten gerade die im Bauplan als Bad ausgewiesene, viereinhalb Quadratmeter große Dunkelkammer ohne Fenster, in der später von der Waschmaschine bis zum Bügelbrett all das verschwinden sollte, wofür man sonst nie genug Platz hat, als wir vor der nur angelehnten Wohnungstür Stimmen hörten. »Ihr könnt ruhig reinkommen, da ist jetzt
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