Schuld war nur die Badewanne
Blinddarmoperationen rangierten und folglich nicht als »größeres Ereignis« zu werten seien. Für die Brautmütter sind sie es aber mit Sicherheit. Für die Väter natürlich auch, nur unter einem anderen Gesichtspunkt. Was hatte Rolf doch erst vor ein paar Tagen seiner Tochter Katja auf die Frage geantwortet, wie teuer es denn sei, wenn man heiratet? »Weiß ich nicht«, hatte er gesagt, »ich zahle noch!«
Dabei würde er bei der ganzen Sache relativ preiswert wegkommen. Sein Schwiegersohn in spe hatte nämlich früher mal Hockey gespielt – sogar in der Bundesliga. Und da seine ehemaligen Vereinskameraden »im Gegensatz zu mir alle etwas Vernünftiges geworden sind« (Originalton Hannes), gehören zu seinem Bekanntenkreis unter anderem drei Ärzte, praktischerweise aus verschiedenen Fachrichtungen, zwei Anwälte, ein Steuerberater, ein Schreinermeister, dem die späteren maßgeschneiderten Einbauschränke zu verdanken waren, ein Kfz-Meister mit eigener Reparaturwerkstatt und last but not least der Inhaber eines Party-Service. Und eben dieser würde den Polterabend ausrichten. Natürlich nicht mit Bier und Bockwurst, der allgemein üblichen Grundlage einer solchen Veranstaltung, sondern mit einem kalt-warmen Büfett zum Selbstkostenpreis. Für wie viel Personen? Irgendwo zwischen achtzig und hundert? Kein Problem, beim Parteitag neulich waren es fünfmal so viel. Wann und wo? Am Sechzehnten auf dem Firmengrundstück, also dort, wo sonst die ganzen Autos parken? Geht in Ordnung, der Rest ist Routine. Vom Sonnenschirm bis zum Kinderstühlchen wird alles angeliefert, aufgebaut, zwei Köche und zwei Hiwis sollten eigentlich genügen, und wenn dann auch noch das Wetter mitspielt, kann überhaupt nichts schiefgehen. Und falls es nun doch regnet? Auch kein Beinbruch, nur könnte es zeitlich ein bisschen eng werden. Das Zelt wird nämlich am Fünfzehnten noch in Köln gebraucht, und man weiß ja, was am Wochenende immer auf den Autobahnen los ist.
Für die eigentliche Hochzeit fühlte sich Trudchen zuständig, ausgenommen natürlich den amtlichen Teil, aber der war ja ohnehin nicht so wichtig. Viel wichtiger war die Tatsache, dass das zuständige Standesamt in einem ehemaligen Schloss untergebracht ist, was nicht nur ein stilvolles Ambiente garantiert, sondern auch ermöglicht, dass man später im dazugehörigen Park lustwandeln kann, während der auf solche Feierlichkeiten spezialisierte Fotograf das gestresste Brautpaar erst unter den Torbogen platziert, weil der sich als Hintergrund immer so gut macht, bevor er es zu der großen Eiche schleppt und dann zur Mauer mit dem Efeu. Das Grün ist so schön neutral, wenn man um die beiden Hauptpersonen auch noch die Trauzeugen und – leider nicht ganz unvermeidlich – ein bisschen Verwandtschaft gruppieren muss, deren Garderobe in den seltensten Fällen farblich harmoniert.
Das spätere Festmahl sollte in jenem Restaurant eingenommen werden, in dem Trudchen schon ihren Fünfundsechzigsten gefeiert hatte und sehr zufrieden gewesen war. Die Tafel würde im Wintergarten aufgebaut werden, wo man bei geöffneten Türen schon beinahe im Garten sitzen und trotzdem ein Dach über dem Kopf haben könnte, was sowohl bei Sonne als auch bei Regen wünschenswert sei. Lediglich über die Speisenfolge herrschte noch Uneinigkeit. Trudchen hätte gern Rehrücken gehabt, aber Steffi nicht, die isst keine Bambis, und die Kalbsmedaillons hätte Hannes allenfalls mit Nudeln akzeptiert statt mit Reisbällchen, er hasst Reis in jeglicher Form, doch da hatte wieder Steffi protestiert. »Bloß keine Teigwaren! Die nehmen doch immer Bandnudeln. Da rutscht mir garantiert eine von der Gabel, fällt zurück auf den Teller, und dann habe ich die Soße auf der Bluse.«
»Dann esst doch Erbseneintopf!«, hatte Trudchen gefaucht und die Sache erst mal vertagt.
Parallel zu den Hochzeitsvorbereitungen kostete auch die ständige Kontrolle der Handwerker Zeit und vor allem Nerven. Das meiste davon bekam ich nur telefonisch mit, wenn Steffi abends ihren Frust bei mir ablud. »Ob du’s glaubst oder nicht, Määm, aber morgen wird die Wand von der Dusche zum dritten Mal versetzt, besser gesagt, sie wird neu gemauert, denn noch mal umsetzen geht nicht, dann fällt sie zusammen.«
»Aber warum denn? Ich denke …«
»Haben wir auch gedacht! Der Maurer ebenfalls, nur leider das Verkehrte.«
»Verstehe ich nicht!«
»Ist aber ganz einfach«, erklärte meine Tochter. »Nachdem die Wand zehn Zentimeter
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