Schuld war nur die Badewanne
niemand mehr!«
Bevor Steffi hinauslaufen konnte, erwischte ich sie noch am Arm, hielt ihr den Mund zu und schüttelte den Kopf. Eng an die Wand gedrückt, beobachteten wir drei Personen, die schnurstracks ins Badezimmer marschierten. »Nun seht euch das mal an!«, sagte die Stimme von vorhin. »Wozu werden denn bloß die ganzen Rohre gebraucht? Und die elektrischen Leitungen? Ich hab mit dem einen Handwerker geredet, der hat mir gesagt, dass hier ein Bad reinkommt. Könnt ihr mir mal sagen, wozu zwei Leute so ein Riesenbadezimmer haben müssen?«
Offenbar konnte das niemand, denn die Stimme räsonierte weiter: »Eine Badewanne kriegen sie auch nicht, sondern so’n neumodischen Wörlpuhl und ’ne Sauna und denn noch ’ne Dusche, wo vier Leute drin Platz haben … da stimmt doch was nicht!«
»Was soll denn nicht stimmen?«, sagte etwas Weibliches. »Ich wünschte, wir könnten auch auf ein Zimmer verzichten und statt dieser winzigen Nasszelle ein richtiges Bad bekommen; leider brauchen wir den Raum.«
»Wenn’s nur die Veränderungen hier wären, würde ich ja noch gar nichts sagen«, hob die erste Stimme wieder an, »aber ihr müsst euch mal die anderen Zimmer ansehn! Überall kommen Steckdosen hin, wo gar keine vorgesehen sind, besonders in der Küche … Aber das wird ja sowieso keine!«
»Was denn sonst?« Diese Stimme klang tiefer, musste also jemand anders gehören.
»Na, was wohl?«, kam es herablassend von Nummer eins. »’n Massageraum oder so was Ähnliches, ich kenn’ mich da nicht so aus.«
Steffi bekam ganz große Augen, doch bevor sie losprusten konnte, hielt ich ihr schnell wieder den Mund zu. »Sei bloß ruhig«, wisperte ich, »das ist ja schöner als Kino!«
Eine Zeitlang wurden noch die verschiedenen Möglichkeiten erwogen, weshalb man ausgerechnet hier eine Lichtquelle und dort gleich drei Steckdosen nebeneinander brauchen würde, bis schließlich die erste Stimme im Brustton der Überzeugung feststellte: »Is doch ganz klar, hier kommt ’n Privatpuff rein, getarnt als Schönheitssalon oder Fotostudio. – Na, wenn das erst mal feststeht, dann kann sich die Hausverwaltung aber auf was gefasst machen! Das lasse ich mir doch nicht bieten!!!«
Der mit der tiefen Stimme lachte nur. »Mich stört es nicht, was sich in Haus B tut, ich wohne in C.«
Das Triumvirat zog wieder ab, doch im Hinausgehen hörten wir die Frauenstimme noch seufzen: »Um das Bad beneide ich sie trotzdem.«
Wie lange wir in dem kleinen Kabuff auf dem staubigen Boden gesessen und gelacht haben, weiß ich nicht mehr, aber es hat eine ganze Weile gedauert, bis wir wieder im Auto saßen. »Weißt du, wer das gewesen sein könnte?«
»Ich glaube, den mit der größten Klappe kenne ich«, überlegte Steffi, »jedenfalls habe ich die Stimme schon mal gehört, und wenn mich nicht alles täuscht, ist das sogar unser künftiger Nachbar. Wer die anderen waren, weiß ich nicht.«
»Was glaubst du wohl, wie enttäuscht die sein werden, wenn statt der erwarteten Damen ein zwar leicht überkandideltes, aber doch ganz honoriges Ehepaar in die Wohnung zieht.«
Von Steffi kam keine Antwort, aber wenn sie die Stirn in Falten legt und immer wieder die Zungenspitze herausstreckt, dann brütet sie etwas aus. Sie kurvte auch schon auf den Parkplatz, als sie endlich den Mund aufmachte. »Warum sollen wir sie eigentlich enttäuschen? Bieten wir ihnen doch das, womit sie rechnen!«
Ich löste den Sicherheitsgurt, stieg aus und drückte die Tür zu. »Jetzt spinnst du wirklich!«
»Wieso?« Sie schloss den Wagen ab und drehte sich zu mir um. »Wenn sich die Zwillinge mal so richtig übertrieben schminken und ein paar schrille Klamotten anziehen … Margit spielt bestimmt auch mit, dann haben wir garantiert einen Abend lang viel Spaß! In die Lampen kommen rote Glühbirnen, damit man schon von unten sieht, was hier los ist, und als Freier müssen eben Sven, Tom und Jo herhalten.«
»Ein Glück, dass ich da altersmäßig nicht mehr reinpasse«, sagte ich erleichtert.
»Wer behauptet denn so was?« Steffi grinste hinterhältig. »Ich denke, jedes anständige Bordell hat eine Madame?«
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Polterabend
E s ist erstaunlich, wie schnell ein Monat vorbeigeht, wenn ein größeres Ereignis bevorsteht. Zwar behauptete Sven, rein statistisch gesehen würden weltweit in jeder Minute zweikommaundetwas Ehen geschlossen, so dass Hochzeiten aufgrund ihrer Häufigkeit noch weit vor Hurrikans, Zwillingsgeburten, Vulkanausbrüchen und
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