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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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vier Zentimeter lang geworden, nur musste Otto wohl noch vor der Aussaat in der schönen weichen Erde seine eiserne Ration gebunkert haben. Ein Blick auf mein umgewühltes Kräuterbeet überzeugte mich, dass ich auch weiterhin meine Petersilie im Supermarkt würde kaufen müssen.
    Gegen drei Uhr fuhr Katja nach Heidelberg, weil ausgerechnet das, was sie heute Abend anzuziehen gedachte, bei Tom im Schrank hing, und außerdem wollte sie noch mindestens eine Ladung Wäsche durch die Maschine jagen. »Seitdem er vor vierzehn Tagen eine rote Wollsocke bei sechzig Grad mitgewaschen hat, trägt Tom zurzeit fast nur rosa Klamotten. Was meinst du, Mami, kann man da jetzt noch was mit Entfärber machen?«
    »Keine Ahnung«, sagte ich wahrheitsgemäß, denn die Ära der lindgrünen BHs und der weißen Oberhemden mit unbeabsichtigtem Blauschimmer ist bei mir schon lange vorbei, »aber was hast du gegen rosa T-Shirts?«
    »Gar nichts«, sagte sie, »sofern
ich
sie trage.«
    Kaum war Katja weg, da tauchte Rolf endlich auf. Sein Mittagessen schien er in überwiegend flüssiger Form zu sich genommen zu haben, weshalb er auch den Wunsch äußerte, sich vor dem anstrengenden Abend noch etwas auszuruhen. »Du kannst mich ja gegen halb sechs wecken!«
    Um fünf Uhr startete ich den ersten Versuch, alle weiteren folgten im Zehnminutentakt. Als uns Sven kurz vor sechs abholen wollte, lag Rolf immer noch im Bett. »Na, dann probieren wir eben mal wieder die bewährte Methode«, sagte Sven grinsend, holte ein paar Hundecracker aus dem Schubfach und begab sich nach oben. Während er seinen missgelaunten Vater gestenreich begrüßte, verteilte er unauffällig die Kekse unter Kopfkissen und Decke, und dann rief er Otto. Das nachfolgende Duell zwischen Herr und Hund ist inzwischen Legende und endete damit, dass Rolf den ganzen Abend in blauweiß gestreiften Strandsandalen herumlaufen musste, weil er mit seinem geschwollenen Zeh in keinen festen Schuh mehr hineinkam. Bei seiner Flucht aus dem Bett hatte er im wahrsten Sinne des Wortes die Kurve nicht gekriegt und war an der Kommode hängen geblieben.
    Viel später als geplant hielten wir vor dem kleinen Hotel, in dem wir irgendwann zwischen Mitternacht und Morgen schlafen gehen sollten. Am Rand des Industrieviertels gelegen, beherbergte das Haus meistens Vertreter, die freitags nach Hause fuhren und dem Inhaber dieses Etablissements ein ungestörtes Wochenende ermöglichten. Trotzdem muss er wohl ganz froh gewesen sein, als Hannes vorsichtshalber das halbe Hotel reservieren ließ, ohne sich auf eine bestimmte Zimmerzahl festzulegen. Auch unter den Gästen eines Polterabends gibt es Antialkoholiker beziehungsweise Ehefrauen, die zu absoluter Abstinenz verdonnert werden, damit sie später Mann und Auto heil nach Hause bringen können. Die meisten Besucher wohnten ohnedies in der Nähe, und Taxifahrer wollen schließlich auch leben!
    Wir stellten unsere Köfferchen ab und nahmen mit dem Hausschlüssel auch die Mitteilung entgegen, dass es Frühstück nur von montags bis freitags gebe, weil jetzt kein Personal da sei. Außerdem wollte der Wirt wissen, wer denn für die Rechnung aufkommen werde.
    »Wir natürlich!«, und »Schicken Sie die meinem Schwiegersohn, ich bin ja nicht freiwillig hier!«, riefen wir unisono, was bei dem Mann hinter der Theke ein gewisses Misstrauen auslöste. Er gab sich erst zufrieden, nachdem ich die Anmeldung ausgefüllt und zusätzlich eine Visitenkarte an das Formular geheftet hatte.
    Unter Aufbietung aller Kräfte schaffte es Rolf tatsächlich, die ungefähr vierhundert Meter zum »Festplatz« zu Fuß zurückzulegen, wobei er so ziemlich jeden Schritt mit heftigem Stöhnen begleitete. »Morgen gehst du zum Arzt!«, sagte ich, Mitgefühl vortäuschend, aber Sven setzte noch einen drauf. »Morgen erst? Bis dahin könnte schon eine Amputation erforderlich sein! Hannes soll besser gleich den Notarzt anrufen!«
    Das wollte der Patient nun doch nicht. »Am Ende kommt ein Gynäkologe!«
    Schon von weitem vernahmen wir Stimmengewirr, Gelächter und lautes Klirren, unüberhörbarer Beweis dafür, dass wieder ein Gast seinen Eintritt bezahlt hatte. Bei meiner Suche nach Poltergeschirr war ich erneut in Versuchung geraten, die Fragmente von Schwiegermutters Limoges-Service auf diese bequeme Weise zu entsorgen, und vielleicht hätte ich es sogar getan, wenn Rolf nicht dabei gewesen wäre. So aber hatte ich nur auf einige Keramikbecher zurückgreifen können, Mitbringsel von

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