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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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wollten noch warten, bis der Fritz sie abholen würde. »Aber der kommt bald, da müssen Sie sich man nich drum kümmern.«
    Das hatte ich – ganz ehrlich gesagt – auch nicht vorgehabt. Irgendwie mussten sie ja zu dieser Baracke gekommen sein, also würden sie auch wieder wegkommen. Um es ganz deutlich auszudrücken: Ich hatte die Nase voll! Nicht nur von Seniorentreffs, sondern von dieser ganzen Lesetour. Was, um alles in der Welt, hatte sich Frau Wagner in Frankfurt an der Oder bloß dabei gedacht, als sie diese Reise zusammenstellte? Hatte sie sich überhaupt vorher erkundigt, ob es genügend Interessenten gäbe, oder hatte sie mich den Büchereien quasi aufgedrängt, und die hatten mich dann mangels Nachfrage an Schulen und Altenheime weitergereicht? Oft hatte ich das Gefühl gehabt, dass die jeweiligen Gastgeber gar nicht so richtig wussten, was sie mit mir anfangen sollten. Kein Wunder, denn als die neuen Bundesländer noch DDR geheißen haben, hatten Autorenlesungen fast nur in größeren Städten stattgefunden und nicht in Orten, die man bloß auf Wanderkarten findet.
    Nun konnte man Prenzlau eigentlich nicht zu den elfhundertundetwas Einwohner zählenden Dörflein rechnen, andererseits haben die wenigsten Mütter mit schulpflichtigen Kindern – und aus denen rekrutieren sich die meisten meiner Leser – nachmittags um drei Uhr Zeit, sich in eine Bücherei oder sogar einen Veranstaltungssaal zu setzen und jemandem zuzuhören, dessen Name ihnen absolut nichts sagt. Seinerzeit war mein Bekanntheitsgrad jenseits der Elbe gleich null gewesen! Zwar habe ich während der ganzen zwei Wochen kaum eine leere Buchhandlung gesehen ganz im Gegenteil, sie waren meistens ziemlich voll gewesen, nur interessierten sich die Kunden kaum für Belletristik, sondern fast ausschließlich für Reiseführer. Und wer nach zwanzigmal Urlaub am Plattensee endlich mal nach Rimini oder Rhodos fahren kann, will sich vorher natürlich gründlich informieren. Also kauft er statt Konsalik und Stephen King, von denen er bestimmt schon mal was gelesen hat, lieber Polyglott oder Merian. Die kosten zwar auch Geld, aber wenigstens nicht so viel.
    Ich habe es wirklich keinem übelgenommen, der meinen Lesungen ferngeblieben ist (vielleicht hatte er auch nur die meist winzig kleine Anzeige in der Tagespresse gar nicht gesehen), aber ich finde auch heute noch, dass die ganze Reise miserabel organisiert oder – was wahrscheinlicher ist – mindestens zwei Jahre zu früh anberaumt worden war. Warum nur hat mir Frau Wagner nicht ganz klar geschrieben: »Liebe Frau Sanders, wir freuen uns, wenn Sie kommen, aber warten Sie noch ein bisschen, im Augenblick haben wir alle noch mit den veränderten Verhältnissen und vor allem mit uns selbst zu tun.«
    Als wir Frau Krimmel vor der Hinterhofholztür wieder abgesetzt hatten und uns verabschieden wollten, forderte sie mich zum Mitkommen auf. Wegen der Abrechnung, wie sie betonte. Welche Abrechnung denn bloß??? Würde ich das nicht später pauschal mit Frau Wagner abwickeln? Offenbar nicht. Man hatte bereits genau ermittelt, wie viele Kilometer ich zwischen Gramzow und Prenzlau zurückgelegt hatte zuzüglich der Fahrt zur Gemeindebaracke, das Ganze mit zwei multipliziert ergab soundsovielmal Kilometerpauschale, jedenfalls bekam ich sechzehn Mark und zweiundsiebzig Pfennig ausgehändigt, die ich auch noch ordnungsgemäß quittieren musste. Normalerweise hätte ich das Geld der Kaffeekasse spendiert, nur sah ich nirgends das unerlässliche Utensil auf einem Fensterbrett stehen, wo es ja hingehört, hatte auch nicht den Eindruck, dass man hier überhaupt Kaffee kochen würde, eine Möglichkeit, das Geld einfach zu »vergessen«, ergab sich nicht, denn sechs Augenpaare beobachteten mich …, so schob ich die Münzen schließlich in die Hosentasche, nickte freundlich in die Runde (hoffentlich hat es so ausgesehen) und verließ die wenig gastliche Stätte. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass die Zurückbleibenden genauso froh waren, mich verschwinden zu sehen, wie ich, als die Hinterhofholztür ein letztes Mal hinter mir ins Schloss fiel.
    »Na, haben sie sich wenigstens bei dir entschuldigt für die Panne von vorhin?«, empfing mich Steffi, an einer wunderbar duftenden Mohnschnecke kauend.
    »Wo hast du die her? Lass mich mal abbeißen!« Im Hinblick auf den geplanten Grillabend hatte ich das Mittagessen gestrichen und eine Tüte Obst gekauft, aber Äpfel zählen bei Stefanie nicht zu den

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