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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Lehrerin, und sofort ging eine lebhafte Debatte los, wer es zuerst bekommen würde.
    »So, jetzt möchte ich Sie erst einmal richtig begrüßen«, sagte sie, während sie uns nach draußen begleitete, »ich bin Frau Löwe, und ich freue mich, dass Sie während der kommenden zwei Tage mein Gast sein werden. Sie haben ja so herrliches Wetter mitgebracht, da können wir heute Abend auf der Terrasse grillen – natürlich nur, wenn Sie einverstanden sind.«
    Und ob ich einverstanden war! »Aber ich habe doch heute Abend noch einen Termin. Steffi, gib mal bitte die Liste raus!« Als Reisemarschall war sie für die planmäßige Abwicklung der Tour verantwortlich. Nach längerem Suchen (Ordnung ist das halbe Leben, sie entscheidet sich häufig für die andere Hälfte!) hatte sie den Zettel gefunden. »Abendveranstaltung in gemütlicher Runde mit Lehrern und Interessierten in Gramzow«, las sie vor.
    »Richtig«, nickte Frau Löwe zustimmend, »die gemütliche Runde findet bei mir im Garten statt.«
    »Keine Lesung?«
    »Nein, keine Lesung.«
    »Das finde ich großartig«, sagte ich dankbar, »nachher muss ich nämlich noch mal ins Rampenlicht, dabei habe ich keine Ahnung, wer diesmal nicht kommen wird. Ich weiß lediglich, dass wir nach Prenzlau müssen.«
    »Machen Sie es so kurz wie möglich, umso mehr Zeit haben wir hinterher.«
    Inzwischen hatten sich noch andere Lehrkräfte zu uns gesellt. Steffi hatte gerade die detaillierte Schilderung unseres Luxushotels beendet und schallendes Gelächter ausgelöst, als die Schulglocke läutete.
    »Warum bin ich bloß Lehrer geworden?« Der junge Mann neben mir trat seine Zigarette aus und wandte sich zum Gehen. »Ein normaler Arbeitnehmer hat eine halbe Stunde Frühstückspause!«
    »Aber nicht alle fünfundvierzig Minuten«, konterte Steffi.
    »Jetzt hätte ich beinahe was vergessen«, sagte eine der um mich herumstehenden Damen und nestelte ein Buch aus der Tasche. »Heute Abend kann ich leider nicht kommen, und deshalb wollte ich Sie bitten, mir jetzt schon etwas hineinzuschreiben.«
    Den Kugelschreiber hatte sie vorsichtshalber gleich mitgebracht. Mit einem Mauervorsprung als Unterlage schreibt es sich nicht besonders gut, trotzdem bemühte ich mich um eine halbwegs leserliche Schrift, doch als ich das Datum druntersetzen wollte, zögerte ich. »Den wievielten haben wir heute eigentlich?«
    »Den vierzehnten«, kam es mehrstimmig zurück.
    »O nein«, schrie Steffi los, »das darf doch einfach nicht wahr sein!« Sie fiel mir stürmisch um den Hals. »Ich war fest davon überzeugt, dass heute erst der dreizehnte ist.« Ich übrigens auch.
    »Ist das so wichtig?«, erkundigte sich Frau Löwe besorgt.
    Der Tritt ans Schienbein kam zu spät. »Meine Mutter hat nämlich heute Geburtstag.«
    Die nächste Schulstunde fing mit zehnminütiger Verspätung an!
     
    Prenzlau. Eine Stadt, der man den beginnenden Aufschwung schon etwas ansehen konnte. Zwischen den grauen Fassaden fielen die frischgestrichenen Häuser zwar immer noch aus dem Rahmen, doch vor vielen anderen standen wenigstens schon Baugerüste. Die Stadtbücherei hatte noch keins bekommen. Wer kümmert sich schon um einen Hinterhof? Den sieht man ja nicht.
    »Weißt du, Määm«, sagte Steffi, die Hinterhofholztür mit einem Fußtritt hinter sich zuschlagend, »langsam finde ich es eine Frechheit, was man dir zumutet. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass sich nachher auch nur ein einziger Zuhörer hierher verirrt?«
    Verirren war der richtige Ausdruck. Nicht umsonst hatten wir zigmal fragen müssen, bis wir endlich diesen Hof und dort den Dienstboteneingang gefunden hatten. Wir wurden auch gleich wieder hinauskomplimentiert. Die Lesung finde natürlich ganz woanders statt, Frau Krimmel würde uns begleiten, und überhaupt sei es ja wohl schon ein bisschen sehr spät.
    Wohin uns Frau Krimmel begleiten würde, wusste ich noch immer nicht, obwohl sie inzwischen schnaufend im Wagen Platz genommen hatte. »Erst mal gradeaus«, informierte sie Steffi, »ich sag schon, wie’s weitergeht.« Dann wandte sie sich an mich. »Sie dürfen das nicht persönlich nehmen, ich meine, das von eben, aber wir haben heute alle die Kündigung gekriegt. Nur vorsorglich, bloß wissen wir schon jetzt, dass sie uns den Hahn zudrehen.«
    Dunkel war der Rede Sinn. »Könnten Sie mir das mal genauer erklären?«
    »Is’ ganz einfach. Früher waren wir staatlich, nu sind wir kommunal. Die Stadt hat aber kein Geld, also woll’n se die Bücherei

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