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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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drei Stufen zur Tür des winzigen Einfamilienhauses. Es sah ziemlich heruntergekommen aus, doch das war es nicht, was mich störte. Es war der Geruch, der aus einem halb geöffneten Fenster drang, ein Geruch nach alten, ungelüfteten Kleidern, nach benutztem Geschirr, nach …, ich weiß nicht genau, wonach, ich wusste nur, dass wir hier nicht bleiben würden. Nicki sagte gar nichts, sie schüttelte nur unmerklich den Kopf.
    Unsere Ankunft war nicht unbemerkt geblieben. Eine alte Frau kam die Treppe herab, ließ sich von unserer Begleiterin sagen, wer wir sind, schien sich dann jedoch zu erinnern. »Sie sind aber früh«, meinte sie. »Na, denn kommen Sie mal herein.«
    »Mich brauchen Sie ja nicht mehr, oder? Wir sehen uns dann heute Abend bei der Lesung. Wenn Sie nicht wissen, was Sie bis dahin machen sollen, dann fahren Sie doch an die Oder. Das ist sehr schön dort und gar nicht weit.« Frau Ichweißnichtmalwiesiehieß drehte sich um und überließ uns unserem Schicksal.
    »Die Koffer lassen wir erst mal im Wagen!«, sagte Nicki ziemlich laut, und dann leise zu mir gewandt: »Du willst doch nicht etwa hier einziehen?«
    »Nein, aber wir müssen uns das Zimmer wenigstens mal ansehen.«
    »Warum denn? Selbst wenn es die Fürstensuite wäre – hier stinkt es!«
    Das hatte sie also auch schon bemerkt. »Wenn ich die Unterkunft ablehne, muss ich einen stichhaltigen Grund haben. Bloß ›es stinkt‹ reicht ja wohl nicht aus. Vielleicht haben wir auch nur eine besonders empfindliche Nase.«
    Gleich hinter der Haustür führte eine schmale Treppe ins obere Stockwerk. Auf halber Höhe stand ein Eimer mit schmutzigem Wasser. »Fallen Sie nicht drüber, ich war gerade beim Aufwischen«, wurde uns erklärt. Nun ja, Ordnung muss sein, und außerdem hatte man uns nicht so früh erwartet. Es war ja auch erst kurz nach zwölf.
    Wir erreichten einen kleinen Flur, Frau (ihren Namen habe ich vergessen, deshalb heißt sie jetzt ersatzweise, dafür aber treudeutsch, Schulze) öffnete eine Tür, und dann fielen wir auch schon beinahe in die riesigen Doppelbetten hinein. Ob es außer den beiden Ungetümen noch andere Möbelstücke gab, weiß ich nicht mehr, kann es mir aber kaum denken, denn das Zimmer war genauso winzig wie das ganze Haus. Das Fenster war fest geschlossen, durch die zugeklappten Läden kam kaum Licht, und dann endlich wusste ich, wonach es im ganzen Haus roch: nach ungelüfteten Räumen! Hier hatte man ganz offensichtlich Angst vor frischer Luft.
    »Haben Sie etwa für uns Ihr Schlafzimmer geräumt?« Irgendetwas musste ich ja sagen, zumal Frau Schulze darauf wartete.
    »Das macht nichts«, beteuerte sie, »wir schlafen im Wohnzimmer. Die Betten hier habe ich vorhin ganz frisch bezogen.«
    »Tatsächlich?«, murmelte Nicki.
    »Nun zeige ich Ihnen noch das Bad. Das ist gleich nebenan, also sehr bequem für Sie.«
    »Und ich dachte, wir müssen an die Wasserleitung in der Küche«, wunderte sich meine Tochter, zum Glück so leise, dass Frau Schulze nichts mitbekam. Mit sichtbarem Stolz öffnete sie die nächste Tür. Als Erstes fiel mir ein nagelneuer Tiefkühlschrank auf, der stand gegenüber vom Waschbecken. Dann gab es noch eine mit einem Handtuch abgedeckte Kommode, auf der die Kosmetika des Ehepaars Schulze ausgebreitet waren einschließlich der beiden ausgefransten Zahnbürsten, denn die Ablage über dem Waschbecken hatte man für uns freigeräumt. Wären wir nicht zu früh gekommen, dann hätte Frau Schulze bestimmt noch Zeit gehabt, wenigstens mal drüberzuwischen.
    Beeindruckend die Badewanne. In diesem nackten Zustand so ganz ohne Kachelkleid hatte ich solches Möbel bisher nur in Geschäften für Sanitärbedarf gesehen. Ihr zu Häupten stand ein braunes Monstrum, von Nicki weidlich bestaunt, denn einen Badeofen mit Wasserhahn vornedran kannte sie nicht. Bei uns kommt er nämlich aus der Wand!
    »Wenn Sie baden wollen, müssen Sie das gleich sagen, dann heize ich den Ofen an«, erbot sich Frau Schulze, »es dauert zwei Stunden, bis das Wasser heiß ist.«
    Am liebsten hätte ich jetzt gesagt: Ach nein, nicht nötig, heute ist ja erst Mittwoch, aber das verkniff ich mir denn doch. Schon die Vorstellung, bei 26  Grad Außentemperatur neben einem bullernden Ofen in der Badewanne sitzen zu müssen, trieb mir Schweißperlen auf die Stirn; es hätte also nicht noch zusätzlich der fettigen Bürste bedurft, die – voller Haare – auf dem Wannenrand lag.
    Ich hatte genug! Restlos! »Vielen Dank, wir kommen

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