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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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enträtselt habe, aber ich weiß, dass so ein Computer noch viel mehr hat.
    Draußen ertönten Stimmen, erst gedämpft, dann lauter, untermalt von scharrenden Geräuschen, und schließlich hörte ich Thomas brüllen: »Ich habe vier Semester Physik gehabt, so
kann
das einfach nicht gehen!«
    Ich stürzte zum Fenster, sah aber nur einen vor dem Haus geparkten Lieferwagen. Leer. Dafür flog die Wohnungstür auf, Nicki kam mit zwei Schubladen unter dem Arm herein, Thomas folgte mit zwei weiteren, die letzten beiden brachte ein Jüngling, der mir als Fritz vorgestellt wurde. »Was machen wir denn jetzt?« Nicki stapelte die Kästen übereinander und setzte sich drauf. »Aus welchem Baujahr stammt denn der Schreibtisch?«
    Thomas fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. »Opa ist jetzt fünfundachtzig, geheiratet hat er mit dreiundzwanzig, also wird er das Trumm wohl gekauft haben, als es ein paar Milliarden gekostet hat. War um diese Zeit herum nicht die große Inflation?«
    »Weiß ich nicht«, sagte die Frau Lehrerin, »auf jeden Fall ist der Schreibtisch älter als die Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau. Damals müssen die Türen wohl breiter gewesen sein.«
    »Wovon redet ihr eigentlich?«, wollte ich endlich wissen.
    »Von Opas Schreibtisch«, antwortete Thomas. »Das Ding steht seit Jahren in der Garage, kein Mensch will es haben, aber für Nicole wäre es genau richtig. Es ist zwar höllisch schwer, aber es geht auch ’ne Menge rein. Wenn mein Zimmer zu Hause größer wäre, hätte ich das Möbel längst bei mir stehen.«
    »Dann nimm’s doch und gib mir deinen Schreibtisch!«
    »Ich sagte, wenn mein Zimmer größer …«
    Der Knabe Fritz hatte bisher gar nichts gesagt und stattessen mit einem Zollstock hantiert. Jetzt strahlte er. »Ich weiß, wie wir es machen! Wir hieven das Teil mit’m Kranwagen über den Balkon rein!«
    »Und wo kriegen wir den her?« Unmissverständlich tippte sich Nicki an die Stirn. »Ich zahle doch nicht einen Haufen Leihgebühr für’n Spezialfahrzeug! Für das Geld, wenn ich es überhaupt hätte, würde ich mir viel lieber etwas Neues kaufen. Eiche massiv mit Klauenfüßen ist nicht so unbedingt mein Geschmack, aber einem geschenkten Gaul schaut man …«
    »Geliehen, Nicole! Nur geliehen!«, stellte Thomas sofort richtig. »Das hat Opa extra gesagt.«
    »Ich denke, der weiß gar nichts davon?«
    »So darfst du das nicht sehen«, wehrte er ab, »natürlich weiß er keine Einzelheiten mehr, aber er weiß noch genau, dass irgendwo sein Schreibtisch steht.«
    »Keine Sorge, sobald ich ein bisschen Geld zurückgelegt habe, kannst du das Ungetüm abholen und wieder den Holzwürmern überlassen. Im Übrigen bezweifle ich sowieso, dass wir es jemals in dieses Zimmer kriegen.«
    »In ’ner Stunde steht es drin!«, versprach Fritz. »Mein Onkel hat doch ’ne Abschleppfirma. Ist dein Telefon schon angeschlossen?«
    Wenig später war alles klar. Es würde zwar etwas länger dauern als eine Stunde, denn der Kranwagen sei noch unterwegs, doch dann werde man selbstverständlich gerne helfen. Etwa zwischen sechs und halb sieben, ob das genehm sei? So lange konnte ich leider nicht warten, obwohl es mich ja doch interessiert hätte, wie dieses klobige Möbel via Balkon in das Zimmer gelangen würde. Immerhin gab es drumherum eine ganze Menge Fensterscheiben. Frau Hummel hatte sich wohl auch schon ihre Gedanken gemacht, denn ich wollte gerade aufbrechen, als sie klingelte. Was das für ein »Kaschte« sei direkt neben der Haustür, der könne da aber nicht stehen bleiben.
    »Der Schreibtisch geht nicht durch die Tür, deshalb müssen wir ihn mit einem Kran über den Balkon hereinbringen«, erläuterte Nicki, nicht ahnend, dass dieses Vorhaben bei Frau Hummel einen Entsetzensschrei, gepaart mit heftigen Abwehrbewegungen, zur Folge haben würde. »Des goht fei nicht«, keuchte sie, »da machet Sie mir ja mei Haus kaputt. Wenn des an die Mauer schlägt, gibt’s Löcher, wo ich doch erscht vorigs Jahr alles neu hab verputze g’loscht. Ja, wenn ich des g’wusst hätt, wo ich doch auch des Fräulein vom Bürgermeischteramt als Mieterin hätte kriegen können …«
    Wie lange Frau Hummel noch lamentiert hat, weiß ich nicht, aber Nicki erzählte später, nach zwei Gläsern Wein sowie der schriftlichen Verpflichtung, für etwaige Schäden aufzukommen, habe sie sich endlich beruhigt. Unter Anteilnahme der gesamten Nachbarschaft sei der Schreibtisch jedoch ohne Probleme auf den Balkon

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