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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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den schwierigsten Aufgaben unseres Berufs.«
    »Die Geheimnisse anderer Menschen zu wahren«, sagte sie.
    »Vor allem, wenn es so viel leichter – und auch so viel besser für alle Beteiligten – wäre, sie preiszugeben.« Er setzte sich abrupt an den Küchentisch und seufzte. »Ich hatte auch einmal so etwas … ich durfte nicht einmal dir davon erzählen, Fran. Ist schon lange her, aber es kommt mir immer noch hoch.«
    »Was?«
    Graham schloss die Augen, als täte die Erinnerung nach wie vor weh. »Jemand aus meiner Gemeinde – nicht dieser hier – hat mir von einem Zwang erzählt, den er hatte. Etwas, das ihm nicht guttat und entschieden seiner Frau schadete. Wenige Monate später landete sie im Krankenhaus. Sie wäre
beinahe gestorben. Wenn sie wirklich gestorben wäre … also, ich weiß nicht, wie ich damit hätte leben können.«
    Frances widerstand der Versuchung, darüber zu spekulieren, um welches frühere Gemeindemitglied es wohl gehen mochte. »Und hast du je überlegt, es der Polizei zu melden?«
    »Das war nie eine Option«, sagte Graham. »So wie ich das damals wusste, weißt du es heute. Es gibt nur eins, was wir tun können.«
    Sie brauchte nicht zu fragen, tat es aber trotzdem. »Was denn?«
    »Beten, Fran«, sagte er. »Bete für den Betreffenden und für dich.«
     
    Angus Hamilton war nicht wirklich ein impulsiver Mann, auch wenn er sich manchmal gerne dafür hielt. Immerhin hatte er Jilly geheiratet; er hatte die Stadt verlassen, in der er sein ganzes Leben verbracht hatte, und war nach London gezogen. Dabei war ihm nicht klar, dass seine entscheidende Triebfeder bei allem, was er tat, ob impulsiv oder nicht, das Bedürfnis war, die Kontrolle zu haben.
    Das war der eigentliche Grund, weshalb er an diesem Freitag nicht erst am Abend von der Arbeit kam. Normalerweise verließ er gerade vor dem Wochenende sein Büro sehr spät, nachdem bereits alle anderen gegangen waren, weil er sicherstellen wollte, dass für den nächsten Wochenanfang alles gerichtet war.
    Doch an diesem Freitag war eine seiner Untergebenen mit einer Bitte zu ihm gekommen. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich heute ein bisschen früher gehe, Mr Hamilton? Die Straßen sind verstopft, und ich möchte das weihnachtliche Schulkonzert von meinem kleinen Jungen nicht verpassen. Er spielt heute Abend solo.«
    Angus Hamilton sagte Nein, und das im Grunde nur, weil er es konnte. Als wollte er seine gehobene Stellung als Leiter
der Finanzabteilung betonen, die ihm Privilegien einräumte, die andere nicht für sich in Anspruch nehmen konnten, beschloss er, an diesem Nachmittag vielleicht selbst der Rushhour zuvorzukommen und eine Stunde früher als gewöhnlich zu gehen.
    Er nahm den Fahrstuhl zur Tiefgarage; unterwegs versuchte er, Jilly anzurufen, um ihr Bescheid zu geben, dass er früher kommen würde, und sie zu bitten, in ihrem Lieblingsrestaurant einen Tisch zum Abendessen zu reservieren. Doch es war besetzt, und so übernahm er den Anruf im Restaurant selbst.
    »Wir sind heute voll ausgebucht, Mr Hamilton. So kurz vor Weihnachten, wissen Sie. Den ganzen Abend. Aber ich bin sicher, wir können etwas für Sie tun. Sie irgendwo reinquetschen.«
    Etwas war nicht genug. »Ich hätte gerne meinen gewohnten Tisch«, beharrte er.
    »Wird erledigt, Mr Hamilton.«
    Er brummte zufrieden. Das war das. Im Nachhinein war es gut, dass er es nicht Jilly überlassen hatte; sie hätte sich womöglich an einen schlechteren Tisch abwimmeln lassen und damit bei ihrer Ankunft eine unschöne Szene heraufbeschworen.
    In der Hoffnung, dass Alex mitkommen würde, hatte er für drei reserviert. Das war keineswegs ausgemacht; das Mädel war in letzter Zeit ein solcher Starrkopf, und die Chancen standen fünfzig zu fünfzig, dass sie es rundweg ablehnen würde, mit von der Partie zu sein. Früher war sie so umgänglich und ein solcher Sonnenschein gewesen, doch die Widerborstigkeit des Teenagers hatte bei ihr früh eingesetzt, und so wusste er nie, was sie auf die Palme bringen würde.
    Nein, das stimmte nicht ganz. Was sie vor allem auf die Palme brachte, war Jilly.

    Unbewusst griff er in seine Hosentasche, um eine Tablette gegen Sodbrennen herauszuholen.
    Seine Arbeit verlangte ihm viel ab, das war nicht zu leugnen, doch den größten Stress in Angus Hamiltons Leben brachte die Spannung zwischen seiner Frau und seiner Tochter mit sich.
    Er hatte ja gar nicht erwartet, dass Alex einer neuen Stiefmutter freudig in die Arme laufen würde, und er

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